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Weltweite Chipkrise trifft die Medizin

von A&W Online

Chip
Mindestens ein bis zwei Jahre bleibt der Markt wohl noch angespannt. Längere Lieferfristen sind wahrscheinlich. Foto: Gorodenkoff - stock.adobe.com

Kaum noch etwas läuft ohne Mikrochips. Das gilt auch für beinahe alle Geräte in der Arztpraxis. Hans-Peter Bursig vom Verband der Elektro- und Digitalindustrie erklärt, wie Sie sich trotz Engpässen absichern können.

Keine Arztpraxis kommt heutzutage ohne Mikrochips aus. Sie stecken im EKG, im Ultraschallgerät, ja sogar im Behandlungsstuhl. Doch Mikrochips sind derzeit weltweit ein knappes Gut. Das macht sich in der Automobilbranche bemerkbar, bei Hausgeräten – und auch in der Medizintechnik. Damit alles reibungslos läuft, sollte der Einkauf angepasst werden. Hans-Peter Bursig, Fachverbandsgeschäftsführer Elektromedizinische Technik des Verbands der Elektro- und Digital­industrie (ZVEI), weiß, worauf es jetzt beim Praxismanagement ankommt.

Herr Bursig, wie abhängig sind Arztpraxen von Mikrochips?

In so gut wie jedem elektrisch betriebenen Medizinprodukt, das etwas misst, stecken Mikrochips. Das gilt für Ultraschallgeräte, Blutdruckmessgeräte, Atemtherapiegeräte, EKG-Geräte und vieles mehr.

Wieso sind diese Chips nun plötzlich so ein knappes Gut?

Bereits durch die Corona-Pandemie wurden die Lieferketten in der Halbleiterindustrie empfindlich getroffen. Viele Probleme wurden vergleichsweise schnell behoben. Der aktuelle Mangel an Halbleitern zeigt vor allem, wie stark der weltweite Bedarf an Chips durch die Elektrifizierung und Digitalisierung gestiegen ist.

Warum fährt man nicht einfach die Produktion hoch?

Die Fabriken sind auf bestimmte Produktionsmengen und -verfahren eingerichtet, die sich nicht einfach so anpassen lassen – und der Bau einer neuen Fabrik dauert fünf bis sieben Jahre. Die nächsten ein bis zwei Jahre ist wohl noch mit einer angespannten Marktlage zu rechnen.

Wie wirkt sich das auf Lieferfristen für Medizintechnik aus?

Wir beobachten durchgängig längere Lieferfristen auf dem Markt. Wenn derzeit etwas neu beschafft werden soll, dann empfiehlt es sich, eng mit dem Hersteller zu kommunizieren und die aktuelle Lieferfrist konkret zu erfragen.

Sind komplette Lieferausfälle bei Geräten zu befürchten?

Davon gehen wir derzeit nicht aus. Zwar steigt die Nachfrage weiter, aber neue Fabriken und der Ausbau der Kompetenzen in Europa sind in Planung.

Werden wir durch den steigenden Bedarf abhängiger von Asien?

Gerade hat die EU den European Chips Act vorgelegt, der viele gute Ansätze zeigt, um Industrieprojekte sowie Forschung und Entwicklung zu fördern. Auf diese Weise strebt Europa einen weltweiten Anteil von 20 Prozent an der Halbleiterproduktion bis 2030 an, ein guter Standortfaktor für die Medizintechnik.

Könnte der harte Lockdown in Shanghai Folgen für uns haben?

Denkbar ist, dass beispielsweise am Hafen Container nicht verladen werden können. China ist ein wichtiger Lieferant, aber Chips kommen auch aus Taiwan, Südkorea, aus den USA und Europa. Und auch in Deutschland gibt es Chip-Fabriken: in Dresden oder bald auch in Magdeburg.

Wie können sich Praxen aktuell am besten absichern?

Just-in-time-Bestellungen sind zu gewagt. Ob Pandemie oder Extremwetter: Mögliche Störungen von Produktion und Transport sollten mitgedacht werden. Warten Sie nicht, bis ein Gerät irreparabel kaputtgeht, sondern behalten Sie Alter und Zustand im Auge. Der Einkauf sollte mit mehr Frist nach vorne geplant werden, um nicht aus der Not heraus auf weniger passende Produkte ausweichen zu müssen.

Wie kann ich dringenden Bedarf durchsetzen?

Das ist auf mehrere Arten möglich – solo oder mithilfe von Einkaufsgemeinschaften. So oder so sollte man Angebote sorgfältig prüfen und bei dringendem Bedarf auch mehrere einholen. In jedem Fall lohnt es sich, seine Lieferanten sorgfältig auszuwählen. Zuverlässigkeit spielt definitiv eine zentrale Rolle.

Die Fragen stellte Deborah Weinbuch.

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