Wie geht man mit Verschwörungstheoretikern und Corona-Leugnern im Kollegenkreis um?

Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut. Sie gilt – selbstverständlich – auch für Ärzte. Was aber ist zu tun, wenn Berufsträger (wissentlich oder unwissentlich) die Unwahrheit zum Thema Corona verbreiten und damit Patienten gefährden? Viele Kammern wollen gegen solche Kollegen nun vorgehen.
Der User hat ein Profilbild von Kermit dem Frosch und nennt sich Truck Fonald Dump. Das wirkt auf den ersten Blick nicht besonders seriös. Und doch sollten Ärzte das, was besagter User auf Twitter berichtet, sehr ernst nehmen. Dort nämlich steht zu lesen: „Ich war mit meiner Tochter beim HNO, der breit erklärt hat, warum Corona total unkritisch ist, er es selber hatte und war ja nix, und Maßnahmen überzogen, etc. Bei „Bill Gates Impflobby“ hab ich ausgezoomt.“
Ob sich die Geschichte wie berichtet zugetragen hat, lässt sich kaum verifizieren. Einiges aber spricht dafür. Denn auch, wenn die meisten Ärzte in der aktuellen Ausnahmesituation alles daran setzen, die Gesundheit ihrer Patienten zu schützen, tun sich doch auch immer wieder Kollegen mit fragwürdigen oder gar wissenschaftlich widerlegten Thesen hervor.
Missbrauchtes Vertrauen
Verstörend sind etwa die Aussagen, die eine Gruppierung namens „Ärzte für Aufklärung“ im Internet verbreitet. Die Gründer der Initiative fallen seit Wochen durch (wenig fundierte) Kritik an den Corona-Maßnahmen auf. Sie erschüttern das Vertrauen in PCR-Testergebnisse, bestreiten die Gefahren durch das Virus und warnen vor einer Impfung, die die Deutschen zu „Laborratten“ machen würde.
Das ist vor allem deshalb so gefährlich, weil Ärzte dank ihres Berufs und ihres Doktortitels dem Normalbürger (zu Recht) als vertrauens- und glaubwürdigere Quellen gelten, als mancher aus dem Ruder gelaufene Vegan-Koch oder klassische Alu-Hut-Träger.
Vor diesem Hintergrund hat nun die Ärztekammer Niedersachsen Patienten ermutigt, Berufsträger zu melden, die sich als Corona-Leugner hervortun. „Wenn wir Beschwerden erhalten, prüfen wir diese berufsrechtlich und holen in diesem Rahmen auch Stellungnahmen der betroffenen Ärzte ein“, so der Sprecher der Körperschaft, Thomas Spieker. Gegebenenfalls werde ein berufsrechtliches Verfahren eingeleitet mit den Möglichkeiten, eine Rüge zu verhängen oder ein berufsgerichtliches Verfahren zu beantragen.
Corona-Leugnen als Straftatbestand?
Ärzte, die die Corona-Gefahren leugnen, müssen allerdings nicht nur mit berufsrechtlichen Problemen rechnen. Oft ist ihr Verhalten auch strafrechtlich relevant. So ermittelt etwa die Staatsanwaltschaft Aurich gegen einen Allgemeinmediziner aus dem Landkreis Leer, der falsche Atteste ausgestellt haben und regelmäßig bei sogenannten Querdenker-Demos aufgetreten sein soll.
Auch in anderen Bundesländern arbeiten Staatsanwaltschaften und Kammern inzwischen im Kampf gegen Corona-Leugner zusammen. So leitete etwa die Berliner Ärztekammer unlängst Verdachtsfälle an die Ermittler weiter. Es geht dabei unter anderem um Kollegen, die ihre Patienten dazu aufforderten, im Wartezimmer keine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Andere Berufsträger stehen im Verdacht, systematisch Gefälligkeitsatteste ausgestellt zu haben, die von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung entbinden. Allein in der Hauptstadt seien Mediziner seit März 2020 in 130 Fällen mit fragwürdigen oder sogar falschen Behauptungen zum Thema Corona aufgefallen, sagte Ärztekammerpräsident Günther Jonitz im rbb-Interview.
Ähnliche Fälle gibt es in Bayern und Baden-Württemberg. Auch hier wollen es die Kammern nicht hinnehmen, dass Mediziner gesunden Patienten bescheinigen, sie könnten aus medizinischen Gründen keine Corona-Schutzmasken tragen.
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