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Bundessozialgericht stoppt Nettolohnoptimierung

von André Gieße

Geldscheine und Tankstutzen
Foto: pix4U - stock.adobe.com

Sachleistungen an Praxismitarbeiter wie monatliche Tankgutscheine sind laut einem aktuellen Urteil nicht mehr in allen Fällen sozialversicherungsfrei. Auf was Ärztinnen und Ärzte jetzt achten sollten.

Viele Arbeitgeber geben ihren Arbeitnehmern monatlich Tankgutscheine. Auch viele Ärztinnen und Ärzte bieten ihren Angestellten bestimmte Sachleistungen als dauerhafte Motivation oder Dankeschön an. Manche Zuwendung ist sogar unter bestimmten Voraussetzungen und innerhalb bestimmter Grenzen steuerfrei. Das Bundessozialgericht hat jetzt allerdings entschieden, dass dies bei monatlichen Tankgutscheinen nicht immer sozialversicherungsfrei möglich ist (Az. B 12 R 21/18 R).

Urteil zur Entgeltumwandlung

In dem konkreten Fall hatte ein Unternehmer mit seiner Belegschaft einen teilweisen Lohnverzicht zwischen 249 und 640 Euro pro Monat vereinbart. Stattdessen hat er im Gegenzug für verschiedene Extras gezahlt. Darunter war zum Beispiel auch eine Miete für die Nutzung von Mitarbeiterautos als Werbefläche. Das Prinzip: Mehr Netto vom Brutto. Neben der Lohnsteuer wollten beide Seiten so Sozialversicherungsbeiträge sparen. Denn diese Abgaben machen immerhin knapp 40 Prozent des Arbeitsentgelts aus.

44-Euro-Freigrenze
für Sachleistungen

Sachbezüge im Wert bis 44 Euro monatlich können für Arbeitgeber und -nehmer sozialabgaben- und lohnsteuerfrei sein. Seit 2020 gilt diese Freigrenze allerdings nur noch für bestimmte Gutscheine und Geldkarten zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen, sofern sie zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Reine Geldleistungen wie die Baraushändigung von 44 Euro fürs Tanken, Geldersatzleistungen wie Tankkarten oder nachträgliche Kosten-erstattungen sind davon ausgeschlossen.

Die Deutsche Rentenversicherung sah darin eine unzulässige Gehaltsumwandlung und forderte für das Jahr 2010 eine Nachzahlung von knapp 13.000 Euro. Das Bundessozialgericht gibt ihr nun recht. Demnach umfasst ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsentgelt grundsätzlich alle im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden geldwerten Vorteile. Ein solcher Zusammenhang sei anzunehmen, wenn der ursprüngliche Bruttoarbeitslohn rechnungsmäßig fortgeführt wird und die Tankgutscheine sowie Werbeeinnahmen als „neue Gehaltsanteile“ angesehen werden, hieß es zur Urteilsbegründung.

Der betroffene Unternehmer hatte vergeblich argumentiert, dass es sich bei den Tankgutscheinen um einen Sachbezug unterhalb der Steuerfreigrenze von 44 Euro gehandelt habe. Die Richter stellten klar: Bei den Tankguscheinen handelte es sich nicht um einen Sachbezug. Begründung: Sie lauteten auf einen bestimmten Euro-Betrag und traten als Geldsurrogat teilweise an die Stelle des wegen Verzichts ausgefallenen Bruttoverdienstes. Dieses Zusätzlichkeitsprinzip habe auch schon vor der 2020 eingeführten Neuregelung für die Lohnbesteuerung gegolten (siehe Kasten).

Das rät eine Rechtsanwältin

Worauf sollten Niedergelassene aktuell achten? Sie sollten prüfen, ob sie steuer- und beitragsfreie Bestandteile des Arbeitsentgelts im Rahmen einer Gehaltsumwandlung an ihre Mitarbeiter zahlen, rät Anne-Franziska Weber, Rechtsanwältin von der Steuerberatung Ecovis. Fällt ein ähnliches Modell wie in dem Fall mit den Tankgutscheinen bei einer Betriebsprüfung der Finanzbehörden auf, kann das nämlich teuer werden. Wenn mehr als drei Monate später Sozialversicherungsbeiträge nachgezahlt werden müssen, trägt das Unternehmen sowohl den Arbeitgeber- als auch den Arbeitnehmeranteil.

„Wer künftig Arbeitnehmern mit steuer- und beitragsfreien Gehaltsbestandteilen etwas Gutes tun möchte, der sollte dies zusätzlich zum bisher gezahlten Arbeitslohn machen“, sagt Weber. „So vermeiden Arbeitgeber das Risiko der Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen.“

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