Die weltweite Konjunktur läuft wie am Schnürchen, doch der Ölpreis hinkt spürbar hinterher. Zwar hat er sich seit Anfang 2016 bis auf fast 70 Dollar verdoppelt. Im Vergleich zu 2012 bis 2014, als die Euro-Krise die Schlagzeilen beherrschte und die Wirtschaft belastete, sind Roh- und Heizöl aber deutlich billiger. Wie kann das sein, zumal Öl immer knapper wird? Und was bedeutet das für Hauseigentümer und Autofahrer?
Wenn es einen besonders stark schwankenden Markt gibt, dann ist es der Ölmarkt. Mitte 2008 notierte das Barrel Rohöl (159 Liter) der hochwertigen Marke Brent Crude bei rund 150 Dollar, brach aber bis Anfang 2009 auf 50 Dollar ein. Bis 2012 stieg der Fasspreis dann auf rund 120 Dollar, um sich ab 2014 in zwei Jahren quasi auf nur 35 Dollar zu vierteln. Seither hat sich der Preis des Brent-Rohöls beinahe verdoppelt.
Michael Graff, Vermögensverwalter bei Spiekermann & Co in Bielefeld, weiß, dass der Ölpreis in Deutschland von mehreren Faktoren beeinflusst wird: „Neben der Konjunktur in Ländern mit hoher Ölnachfrage sind vor allem die Förderpolitik der wichtigsten Produzenten, Spekulationen am Terminmarkt sowie der Wechselkurs zwischen Dollar und Euro entscheidend“, sagt Graff.
Konjunktur und Nachfrage
In den Industrie- wie auch in den meisten Schwellenländern haben sich die Bedingungen so sehr verbessert, dass Konjunkturforscher die Weltwirtschaft erstmals seit langem in einem synchronen globalen Aufschwung sehen. Ende 2017 rechneten der Internationale Währungsfonds und andere Organisationen mit einem Wachstum von beinahe vier Prozent im folgenden Jahr. „Der konjunkturelle Aspekt spricht im Grunde für höhere Ölpreise“, erklärt Axel Melber von Werther und Ernst Vermögensverwalter in Bielefeld. Einen (Vor)Geschmack bietet der aktuelle Ölpreis: Seit Mitte 2017 ist er von 45 auf fast 70 Dollar gestiegen.
Produktion
Doch auch die andere Seite der Gleichung, die Produktion, ist wichtig – so ging der Preisverfall in den Jahren 2015 und 2016 vor allem auf das Konto eines deutlich ausgeweiteten Angebots. „Zu der Rohölschwemme kam es zum einen durch die Fördermethode des Fracking in den USA, zum anderen weil die OPEC-Länder die Fördermenge erhöhten, um diese Konkurrenz zu verdrängen“, erläutert Graff den Preisverfall. Ende 2016 vereinbarten diese 14 Länder eine Förderkürzung und erzielten zudem eine Einigung mit Russland und Mexiko. Seither steigt der Preis, was die Amerikaner vor Kurzem veranlasste, ihre Förderung auszuweiten (s. Interview). Das dürfte den Preis wiederum drücken.
Spekulation
An den Terminmärkten spekulieren vor allem große Fonds auf die Preisentwicklung der Rohstoffe; ihre Gegenparteien sind meist die Produzenten des Rohstoffs. „Die Fonds nutzen dazu sogenannte Terminkontrakte, mit denen sie etwa hunderttausende Liter Öl kaufen können, die erst in ein paar Wochen oder Monaten geliefert werden sollen“, so Michael Graff. Nun will natürlich kein Hedge Fonds das Öl geliefert bekommen und muss daher den Kontrakt vor dem Liefertermin glattstellen, gleich ob er auf steigende oder fallende Kurse setzt. Auf jeden Fall gilt: Hat sich der Kurs in die gewünschte Richtung entwickelt, verbucht der Verkäufer einen Gewinn.
Trends
Da im Ölmarkt viele Investoren Trends folgen, kann der Rohstoff recht schnell an Wert gewinnen oder verlieren, wenn viele Anleger auf- oder abspringen. Ebenso rasch können sich diese Trends auch umkehren. Entscheidend für Produzenten und Konsumenten des schwarzen Goldes ist, dass an den Terminmärkten über den Preis entschieden wird, was den Preis für Heizöl und Benzin zwischen Flensburg und der Zugspitze beeinflusst. Dass die Tankstellen beim Benzin bei hoher Nachfrage, etwa vor Urlauben, blitzschnell an der Preisschraube drehen, steht auf einem anderen Blatt.
Wechselkurs Euro/Dollar
Rohöl wird wie Gold und andere Rohstoffe in US-Dollar gehandelt. Je stärker der Euro im Verhältnis zum Dollar ist, desto günstiger wird Rohöl daher in Europa – und umgekehrt. „Seit Anfang 2017 ist der Euro zum Dollar um rund 20 Prozent gestiegen. Das hat das Plus beim Ölpreis, der seither um ebenfalls um ein Fünftel gestiegen ist, für deutsche Verbraucher quasi neutralisiert“, rechnet Axel Melber vor.
Fazit: Für den Ölpreis gibt es viele Treiber, wobei politische Unruhen, Naturkatastrophen etc. noch gar nicht enthalten sind. Wie sich diese einzelnen Faktoren entwickeln und welche Kombinationen sich daraus ergeben, ist auf seriöse Weise nicht vorherzusagen.
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