Noch im Sommer könnte die Europäische Zentralbank den Leitzins erstmals seit Jahren anheben — weitere Schritte bis Ende 2022 sind im Gespräch. Das hat bereits erste Auswirkungen für Sparer.
In der Eurozone zeichnet sich eine Erhöhung der Leitzinsen im laufenden Jahr immer deutlicher ab. Finanzmarktexperten sind sich einig, dass die Europäische Zentralbank (EZB) möglichst bald eine Zinswende einleiten muss, um angesichts der hohen Teuerungsrate geldpolitisch gegenzusteuern. Unsicher ist noch, wann genau sie dies tun wird. Anlässlich der Rekordinflation stellte EZB-Chefin Christine Lagarde eine erste Zinsanhebung im Juli in Aussicht.
Einlagezinsen bald im positiven Bereich?
EZB-Ratsmitglied Robert Holzmann sprach sich für mindestens zwei oder auch drei Schritte aus: „Das können kleinere Schritte, also jeweils 0,25 Prozentpunkte sein“, sagte der Chef der Oesterreichischen Nationalbank kürzlich den „Salzburger Nachrichten“. Wenn das bis Dezember eintrete, hätte es den Effekt, dass man 2023 bei den Einlagezinsen für Banken im positiven Bereich ist. Und es entspräche den Markterwartungen. Etwas unklar ist noch, ob die EZB alle drei Leitzinsen – den Einlagesatz, den Hauptrefinanzierungssatz und den Spitzenrefinanzierungssatz – parallel anhebt.
Noch liegt der Negativzins für Banken, die Geld bei der EZB parken, bei minus 0,5 Prozent. Deshalb verlangen sie von den Kunden aktuell meist Verwahrentgelte, wenn diese mehr als 30.000, 50.000 oder 100.000 Euro bei ihnen einlagern. Doch der Kostendruck dürfte bald nachlassen. Erste Banken haben bereits die Freibeträge für Giro- und Tagesgeldkonten angehoben, ab denen die Privatkunden und -kundinnen keine Negativzinsen zahlen müssen.
Positive Zinsentwicklung an Kunden weitergeben
Auch die ING teilte mit, dass sie zum 1. Juli 2022 das Verwahrentgelt für fast alle streicht. Durch das Heraufsetzen der Freibeträge von derzeit 50.000 auf künftig 500.000 Euro pro Konto wolle sie „die positive Zinsentwicklung an den Kapitalmärkten und die zuversichtliche Markterwartung frühzeitig“ an die Kunden weitergeben, heißt es.
Sparer erhalten nach und nach wieder Zinsen
Alles in allem sei dies eine gute Botschaft für die Sparer, meint Bundesbankchef Joachim Nagel. Denn diese könnten sich in absehbarer Zeit wieder über höhere Zinsen freuen, wenn sie Geld auf einem Giro- oder Tagesgeldkonto einlagern.
Es kann aus Sicht von Finanzmarktexperten jedoch bis 2023 dauern, bis weitere Banken die Kehrtwende einleiten und Negativzinsen für Sparkonten ganz abschaffen. Verlierer der anstehenden Zinswende sind hingegen alle, die Schulden haben und neue Kredite aufnehmen müssen. Auch Sparer dürften mit steigenden Zinsen allerdings wieder mehr für Dispo- und Konsumentenkredite bezahlen müssen.
Maximal ein Prozent Zinsen für Sparer
Wer sein Erspartes bei einer Bank ohne Strafgebühr parken möchte, kann sich nun nach generöseren Geldhäusern umsehen. Momentan erhalten Anleger und Anlegerinnen maximal nur ein Prozent, wenn sie ihr Vermögen bei der Bank als Festgeld anlegen. Das könne sich schnell ändern, wenn die EZB im Sommer ihren Leitzins erhöhe, meinen Marktbeobachter. Selbst wenn diese Anhebung nicht so deutlich ausfällt wie in den USA und vorerst noch immer eine Null vor dem Komma steht. Vier weitere Schritte sollen im Jahr 2023 folgen, glauben die US-Großbanken Goldman Sachs und J.P. Morgan. Damit läge der Leitzins im Euroraum dann bei 1,25 Prozent.
Inflation frisst das kleine Plus wieder auf
Auch Hendrik Buhrs von dem Online-Portal „Finanztip“ schätzt, dass es noch bis nächstes Jahr dauert, bis sich die Zinswende auf den meisten Sparkonten zeigt. Dies genügt allerdings nicht annähernd, um die Rekordinflation von zuletzt über sieben Prozent auszugleichen. Max Herbst von der Finanzberatung FMH rät daher derzeit davon ab, sich länger als zwei Jahre an ein Festgeldkonto zu binden. Mit jeder Zinserhöhung der EZB dürften sich die Konditionen dafür verbessern, sagt er.
Als Inflationsausgleich reicht das vorerst nicht. Wer wirklich eine Rendite erzielen möchte, muss in reale Werte wie Aktien, Fonds und Exchange Traded Funds investieren. Hier empfiehlt es sich, das Geld breit gestreut und langfristig anzulegen.
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