Faire vertragliche Regelungen für Verheiratete sind gerade für Unternehmer und Vermögende wichtig. Im besten Fall bieten sie beiden Partnern mehr Sicherheit. Sechs Gründe, warum ein Ehevertrag Sinn machen kann.
14,9 Jahre, so lange halten Ehen in Deutschland laut Statistischem Bundesamt und rund 150.000 werden pro Jahr geschieden. Zumindest galt das vor der Corona-Pandemie, denn laut einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey könnten sich die Scheidungsanträge nach der Lockdown-Zeit verfünffachen. Aber nicht nur angesichts dieser Zahlen raten Notare, Anwälte und Vermögensverwalter oft dazu, vorsorglich oder auch während einer Ehe über eine vertragliche Reglung nachzudenken.
1. Vermögen schützen
Bringt ein Ehepartner deutlich mehr Vermögen mit oder ist im Besitz eines Unternehmens, ist es nur vernünftig, über einen Ehevertrag nachzudenken. Denn kommt es zu einer Scheidung, kann der Zugewinnausgleich sonst über Generationen aufgebautes Familienvermögen zerschlagen oder eine Ausbezahlung die geschäftliche Existenz bedrohen. „Ein Ehevertrag macht eigentlich immer Sinn, insbesondere, wenn Unternehmen, Immobilien oder sonstiges Vermögen – oder eben auch Schulden – vorhanden sind“, sagt Thomas Neumann, Geschäftsführer bei der bestadvice Private Vermögen GmbH aus Irschenberg bei München.
2. Schuldenrisiken senken
„Banken haben die Tendenz, wenn es schlecht läuft, möglichst viele Haftende mit ins Boot bei der Kreditvergabe zu holen“, warnt Lothar Koch, Leiter des Portfoliomanagements des Krefelder Vermögensverwalters GSAM + Spee Asset Management AG. Sind die Vermögensverhältnisse durch einen Ehevertrag getrennt, können gerade Partner von Unternehmern bei einer Pleite besser vor den finanziellen Folgen geschützt werden. Durch geschickte Gestaltung kann trotz geschäftlicher Insolvenz so zum Beispiel ein Wohnhaus für die Familie erhalten werden.
3. Scheidungsstreit vermeiden
Schon eine einvernehmliche Scheidung kann selbst bei geringen Vermögenswerten einige tausend Euro kosten. Je mehr gestritten wird und je größer die hier im Raum stehenden Summen sind, desto teurer wird es. „Ein Ehevertrag schafft Klarheit für beide Ehepartner und man kann sich auf die Partnerschaft konzentrieren und weiß immer, was eine Trennung finanziell bedeuten würde“, sagt bestadvice-Vermögensfachmann Neumann.
4. Rechtsordnung festlegen
Wer plant auszuwandern oder einen Partner aus dem Ausland zu heiraten, sollte sich auf jeden Fall mit dem Thema Ehevertrag auseinandersetzen. Denn schon bei unseren direkten europäischen Nachbarn gelten teilweise völlig andere Regelungen für die finanziellen Folgen einer Scheidung. Um hier unliebsame Überraschungen zu vermeiden und sicherzustellen, dass auf jeden Fall deutsches Recht gilt, sollte die bevorzugte nationale Rechtsordnung vertraglich festgelegt werden.
5. Nachlassplanung optimieren
Wer langfristig denkt, bindet das Thema Ehevertrag gleich in die Nachlassplanung mit ein. Hierfür sollte unbedingt professioneller Rat zur Umsetzung bei einem Fachanwalt und dem Steuerberater eingeholt werden. Nur wer hier vorrausschauend handelt, kann bei einem Erbfall Freibeträge optimal nutzen. Am Ende kann sich auch herausstellen, dass ein Ehevertrag nicht nötig ist, „aber einmal das Für und Wider abzuwägen ist fast immer besser als die Vogelstraußtaktik, die sehr teuer werden kann“, weiß Vermögensexperte Lothar Koch.
6. Güterstand vereinbaren
Wer keinen Ehevertrag will, sollte zumindest die Vereinbarung des Güterstands genau überdenken. Folgende Varianten gibt es:
- Zugewinngemeinschaft, die gesetzliche Regelung
In Ehen ohne Ehevertrag gilt automatisch die Zugewinngemeinschaft. Im Prinzip bleiben dabei die Vermögen der Eheleute getrennt, also bestehendes Vermögen, zukünftige Erbschaften aber auch Schulden werden einzeln zugerechnet. Steigt das Vermögen allerdings während der Ehe, wird dieser Zugewinn bei einer Scheidung aufgeteilt. Während der Ehe können zum Beispiel Immobilien getrennt oder gemeinsam erworben werden oder Kreditverträge nur von einem oder beiden abgeschlossen werden.
- Gütertrennung, die übliche Alternative
Um im Falle einer Scheidung auch die Vermögenssteigerung getrennt zu halten, kann notariell in einem Ehevertrag Gütertrennung vereinbart werden. Jeder Ehegatte kann dann allein über sein Vermögen verfügen und es gibt bei einer Scheidung keinen Zugewinnausgleich. Allerdings hat das im Falle einer Erbschaft zwischen den Eheleuten auch steuerliche Nachteile im Vergleich zum gesetzlichen Standard.
- Gütergemeinschaft, die seltene Variante
In einer Gütergemeinschaft wird das Vermögen beider Ehepartner grundsätzlich gemeinschaftliches Vermögen. Allerdings gilt das auch für Schulden, selbst, wenn die nur von einem Partner während der Ehe gemacht werden. Eheverträge mit Gütergemeinschaft sind kompliziert und werden nur noch selten bei Notaren beurkundet.
*Autor: Florian Junker
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Interview:
„Ehevertrag sollte kein Tabu sein“
Lothar Koch, Leiter des Portfoliomanagements des Krefelder Vermögensverwalters GSAM + Spee Asset Management AG.
Klare vertragliche Regelungen sind gerade für Unternehmer und Vermögende nur vernünftig, sagt Lothar Koch, Leiter des Portfoliomanagements des Krefelder Vermögensverwalters GSAM + Spee Asset Management AG.
Statistisch hält das Eheglück keine 15 Jahre. Sollte man aus finanziellen Gründen immer schon das Ende bei der Hochzeit mitbedenken?
Lothar Koch: Soweit würde ich nicht gehen. Es kommt immer auf die individuelle Situation an und nicht jeder braucht einen Ehevertrag. Etwa bei normalen Angestellten ist das nicht zwingend notwendig – bei Unternehmern, Freiberuflern oder sehr vermögenden Personen dagegen schon eher.
Warum ist ein Ehevertrag gerade für Unternehmer so wichtig?
Koch: Das lässt sich leicht an zwei Beispielen erklären. Angenommen ein Partner bringt ein Unternehmen im Wert von 100.000 Euro mit in die Ehe, es läuft sehr gut und in 15 Jahren verzehnfacht sich der Wert. Dann hätte die Ehefrau bei einer Trennung einen Anspruch auf 450.000 Euro Zugewinnausgleich und die Auszahlung einer solch hohen Summe könnte den Ruin bedeuten. Läuft es nicht ganz so gut mit dem Unternehmen, könnte eine Pleite nicht nur das Vermögen des Selbständigen, sondern auch die Rücklagen des Ehepartners in Mitleidenschaft ziehen, dem kann mit einem Ehevertrag vorgebeugt werden.
Wie sieht das bei großen Vermögensunterschieden der Ehepartner aus?
Koch: Einerseits kann man sich mit einem Ehevertrag vor Glücksrittern schützen, die nicht aus Zuneigung, sondern nur aus Geldgier handeln. Aber klare Regelungen sind auch sinnvoll, wenn zum Beispiel komplexe Immobilienvermögen vorhanden sind, die sich nicht so einfach im Falle einer Scheidung aufteilen lassen. Bei internationalen Ehen ist es zudem sehr sinnvoll festzulegen, welches Recht bei einer Scheidung gelten soll, um am Ende keine bösen juristischen Überraschungen zu erleben.
Sind Eheverträge unromantisch oder sogar eher fair?
Koch: Eine Regelung zu treffen, wie man bei einem möglichen Ende einer Ehe ohne großen Streit auseinandergeht, sollte zumindest kein Tabuthema sein und kann beiden Seiten viel Ärger und Geld sparen. Die Regelungen in einem Ehevertrag können durchaus flexibel sein: Zum Beispiel kann bestimmt werden, dass der Partner bei einem plötzlichen Todesfall gut versorgt ist und die steuerlichen Vorteile einer Zugewinngemeinschaft im Erbfall nutzen kann. Sollte eine Ehetrennung aber vorzeitig erfolgen, können die Ansprüche im Sinne einer Gütertrennung begrenzt werden.
Welche Fehler gilt es bei Eheverträgen unbedingt zu vermeiden?
Koch: Man sollte nicht der Versuchung erliegen, Geld zu sparen und so etwas selbst aufzusetzen. Ein Ehevertrag sollte auch nicht von irgendeinem Anwalt aufgesetzt werden, sondern von einer darauf spezialisierten Kanzlei. Der Gang zum Profi kann zwar je nach Vermögen ein paar tausend Euro kosten, aber das Geld ist gut investiert, wenn der Ehevertrag im entscheidenden Moment dann auch wirklich wirksam wird.