Sechs Prozent pro Jahr zu hoch: Steuerzins soll deutlich sinken

Finanzämter sollen Steuernachzahlungen und -erstattungen rückwirkend ab 2019 mit 1,8 Prozent verzinsen. Dies betrifft auch Ärztinnen und Ärzte, wenn sich die Steuerfestsetzung um mehr als 15 Monate verzögert.
Steuerzahler und -zahlerinnen sollen künftig weniger Zinsen auf Nachforderungen entrichten, allerdings auch weniger Zinsen auf Erstattungen vom Finanzamt bekommen. Der Fiskus soll rückwirkend ab 1. Januar 2019 in beiden Fällen einen Zinssatz anwenden, der sich monatlich auf nur 0,15 Prozent belaufen und insgesamt 1,8 Prozent pro Jahr betragen soll.
Das Bundeskabinett hat im Frühjahr einen entsprechenden Regierungsentwurf für ein Zweites Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung beschlossen. Bundestag und Bundesrat müssen zustimmen, damit die geänderten Vorschriften wie geplant bis zum Sommer in Kraft treten können.
Steuernachzahlungen und -erstattungen mit monatlich 0,5 % verzinst
Bis Ende 2018 hatte der Fiskus sowohl Steuernachzahlungen als auch -erstattungen noch mit monatlich 0,5 Prozent beziehungsweise sechs Prozent pro Jahr verzinst. Das Bundesverfassungsgericht hatte dies vergangenes Jahr für verfassungswidrig erklärt, weil es in der aktuellen Niedrigzinsphase realitätsfern sei. Es verpflichtet den Gesetzgeber deswegen, bis zum 31. Juli 2022 eine Neuregelung zu treffen.
Die Ampelkoalition will neben der geplanten Senkung des Steuerzinses jetzt eine Evaluierungsklausel im Gesetz schaffen. Diese soll dafür sorgen, dass der Zinssatz alle drei Jahre überprüft wird und angemessen bleibt. Als Referenz soll der Basiszinssatz dienen, den die Bundesbank halbjährlich berechnet. Er lag zuletzt bei minus 0,88 Prozent.
Wer ist davon alles betroffen?
Der sogenannte Zinslauf beginnt grundsätzlich nach einer Karenzzeit von 15 Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Eine Verzinsung von monatlich 0,15 Prozent beziehungsweise 1,8 Prozent pro Jahr gibt es laut den Regierungsplänen künftig bei der Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- und Gewerbesteuer.
Dagegen sollen die Zinsen aufgrund von Stundung, Aussetzung der Vollziehung und Steuerhinterziehung bei jährlich sechs Prozent bleiben, sagen Experten der Ecovis-Steuerberatung. Die Karlsruher Richter hätten diese nicht beanstandet und sie wären vermeidbar. Für die meisten Selbstständigen und Gewerbetreibenden gibt es zwar genaue Pflichten und Fristen zur zeitnahen Abgabe der Steuererklärung. Andernfalls droht ein Verspätungszuschlag. Aber auch Freiberufler wie niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sind von den geplanten Verzinsungsregeln in einigen Fällen betroffen.
Nach Betriebsprüfungen oder Einsprüchen gegen Bescheide des Finanzamts kann es zu einer Änderung der Steuerfestsetzung kommen und damit zur Anpassung der Nachzahlungs- oder auch Erstattungszinsen. Bis die endgültigen Steuerbescheide eintreffen, dauert es mitunter Jahre. In dieser Zeit steigt die Verzinsung entsprechend.
Wie geht es nun weiter?
Seit 2019 haben Finanzämter in Deutschland die Steuerzinsen für Nachzahlungen und Erstattungen meist nur vorläufig bestimmt. Sollten dennoch rechtskräftige Steuerbescheide ergangen sein, in denen Erstattungszinsen nach den alten Vorschriften geflossen sind, bleibt es dabei. Laut Ecovis sind grundsätzlich keine Rückforderungen geplant. Für alle Steuerbescheide aus dem Zeitraum seit 2019, bei denen die Verzinsung vorläufig ausgesetzt worden ist, holen die Finanzämter diese demnach ab Sommer mit dem neuen Prozentsatz nach. Wer zuletzt keine Nachzahlungszinsen bezahlen musste, weil er oder sie etwa die Aussetzung der Vollziehung beantragt hatte, sollte Rücklagen bilden und die Neuregelung einkalkulieren, raten Ecovis-Berater.
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