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Versicherungen

„Nur 0,22 Prozent Zusatzbeitrag für Arbeitnehmer“. So lautete die Botschaft eines Werbeplakats der Bremer Betriebskrankenkasse BKK firmus, verbunden mit der Aussage: „Krankenkasse wechseln.“ Am Ende des Werbeclaims prangte ein Sternchen, das auf einen Fußnotentext hinwies. Dort stand zu lesen, wie sich der Beitragssatz errechnet: „Bei Mitgliedern, deren Zusatzbeitrag zur Hälfte durch Andere getragen wird, beträgt der Anteil ab 2019 nur 0,22 Prozent. Für andere Personenkreise gilt ab 2019 ein Zusatzbeitrag von 0,44 Prozent bzw. der gesetzlich festgelegte durchschnittliche Zusatzbeitrag.“

Für die Kasse war das eine klare Aussage. Für die Wettbewerbszentrale ein Grund zur Klage. Sie warf der BKK firmus vor, den Verbraucher durch die Werbung in die Irre zu führen. Da dieser es gewohnt sei, mit einheitlichen Zusatzbeiträgen konfrontiert zu sein, bei denen Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil zusammengerechnet würden, stehe zu befürchten, dass Adressaten der Anzeige davon ausgingen, der Zusatzbeitrag der Kasse liege insgesamt bei 0, 22 Prozent. Die „künstliche Aufspaltung“ in einen vom Arbeitnehmer und einen vom Arbeitgeber zu zahlenden Anteil stelle daher eine „Schönung“ des Beitrages dar, um sich im Wettbewerb und Vergleich mit anderen Krankenkassen als günstiger darzustellen.

Der Verbraucher muss sich selbst informieren

Mit ihrer Unterlassungsklage gegen die Kasse hatte die Wettbewerbszentrale allerdings keinen Erfolg. Sowohl das Landgericht (Az. 12 O 78/19) als auch das Oberlandesgericht Bremen (Az. 5 U 15/20) stellten sich auf den Standpunkt, dass die Werbung der BKK firmus nicht zu beanstanden sei. Vom Verbraucher sei zu erwarten, dass er mit den Modalitäten des Zusatzbeitrages vertraut ist. Da die Werbeaussage „Nur 22 Prozent“ mit dem Zusatz „für Arbeitnehmer/-innen“ versehen sei, müsse der „informierte Verbraucher“ erkennen, dass es sich dabei nur um den selbst zu zahlenden Anteil handele. Das gelte umso mehr, als durch die Fußnote bereits auf dem Plakat erklärt werde, wie sich der Beitragssatz zusammensetzt.

Fazit: Es ist konsequent, dass die Gerichte dem mündigen Patienten eine gewisse Eigenverantwortung aufbürden – auch, wenn es um wirtschaftliche Belange geht. Diese dürften auf absehbare Zeit noch an Bedeutung gewinnen. Angesichts drohender Milliarden-Defizite bei den gesetzlichen Krankenkassen durch die Corona-Pandemie werden (niedrige) Zusatzbeiträge der Kassen ein wichtiger Wettbewerbsfaktor bleiben, mit dem die einzelnen Anbieter um Wechselwillige werben.