Es gibt kaum einen Arzt in Deutschland, der nicht mindestens eine überflüssige Lebensversicherung besitzt. Nicht jeder ist darüber glücklich. Doch wie wird man schlecht verzinste Policen wieder los – und zu welchem Preis? Eine Bestandsaufnahme.
In Deutschland gibt es mehr Lebensversicherungen als Einwohner. Etwa 90 Millionen Verträge haben die Bundesbürger in ihren Aktenordnern liegen – pro Kopf also mehr als eine Police. Auch die meisten Ärzte gehören zu den Kunden von Allianz und Co. Doch die Lebensversicherung, die sowohl als Altersvorsorge als auch als Sparvertrag beworben wird, verliert an Glanz. Neue Verträge sind dramatisch schlecht verzinst. Kunden, die vor einigen Jahren noch einen lukrativeren Vertrag ergattert haben, stören sich vielfach an der fehlenden Flexibilität der Verträge und den langen Laufzeiten.
Jeder Zweite kündigt vorzeitig
Ebenso beeindruckend wie die Zahl der bestehenden Verträge ist daher die Zahl der vorzeitigen Kündigungen. Etwa jeder zweite Inhaber einer Kapitallebensversicherung hält nicht bis zum Ende der Laufzeit durch. Allein im Jahr 2013 wurden nach Branchenangaben Lebensversicherungen im Wert von mehr als 14 Milliarden Euro storniert. Die Gründe für den wachsenden Unmut sind nachvollziehbar. Obwohl die Beiträge jeden Monat anfallen, schmilzt die Rendite auch bei Altverträgen zunehmend – und ein Ende der Niedrigzinsphase ist nicht in Sicht.
Kühl kalkulieren
Dennoch sollten Kunden nichts überstürzen. Ärzte, die einen Altvertrag mit einem Garantiezins von 3,5 oder gar vier Prozent besitzen, müssen sich im Klaren sein, dass sie ein ebenso sicheres Produkt mit gleicher Rendite derzeit kaum bekommen. Ebenfalls gilt es zu bedenken, dass die Auszahlung von Lebensversicherungen, die bis 2004 abgeschlossen wurden, nach zwölf Jahren steuerfrei ist – besonders bei höheren Summen ist das ein hübscher Bonus.
Und selbst wer nicht zu den privilegierten Kunden gehört, die einen solchen Altvertrag ihr Eigen nennen, muss genau rechnen. Denn bei einer vorzeitigen Kündigung bekommen Kunden keineswegs die eingezahlten Beiträge erstattet, sondern nur den Rückkaufswert. Und der liegt deutlich niedriger, weil Versicherungen sich auch ihre Verwaltungskosten und die Provisionen für ihre Vertriebler bezahlen lassen.
Viel Schatten, wenig Licht
Eine Alternative kann es da sein, den Vertrag zu verkaufen. Spezielle Policenankäufer führen die Versicherung entweder zu Ende und streichen am Ende der Laufzeit den Gewinn ein, der sonst dem Kunden zugestanden hätte – oder sie kündigen die Police nach dem Kauf und investieren das Geld in renditestärkere – aber auch riskantere Anlageformen. Das klingt zunächst nach einem seriösen Geschäft, zumal die Preise, die die Ankäufer aufrufen, oft klar über dem Rückkaufswert liegen. Immer wieder allerdings kommt es auch vor, dass die Firmen nur einen Teil der vereinbarten Summe sofort auszahlen und den Rest nur in Raten oder sogar erst Jahre später.
Tipp: Auf ein solches Verfahren braucht sich niemand einlassen. Ärzte sollten zudem nur Anbieter akzeptieren, die den Kaufpreis sofort und ohne Abstriche auszahlen. Verbraucherschützer raten außerdem, nur an Anbieter zu verkaufen, die im Bundesverband Vermögensanlagen im Zweitmarkt Lebensversicherungen (BVZL) e. V. organisiert sind. Das gewährt einen gewissen Mindeststandard in dem komplexen und missbrauchsafinen Marktsegment.
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