Immer öfter versuchen Betrüger, gutgläubige Anleger zum Kauf extrem billiger Aktien zu motivieren – per Mail, Fax oder durch unerlaubte Anrufe. Beißen die Käufer an, machen die Manipulateure Kasse, indem sie die vorher gekauften Ramsch-Aktien auf den Markt werfen. Dann brechen die Kurse ein, die ahnungslosen Anleger sind angeschmiert. Die Aufsichtsbehörde BaFin warnt jetzt wieder vor solchen Marktmanipulationen.
Wer sich schon einmal für Geldanlage interessiert hat, die über Sparbuch & Co hinausgeht, dürfte das kennen: Per Fax oder Mail trudeln ungefragt Nachrichten ein, die Anlegern das Blaue vom Himmel versprechen. 500 Prozent oder mehr in kurzer Zeit sollen drin sein, wenn man jetzt nur möglichst schnell die Aktie X oder Y kauft. Grund: Das meist unbekannte Unternehmen, oft aus dem Bergbau-Bereich im fernen Ausland, steht angeblich vor der Erschließung eines riesigen Vorkommens oder vor einem anderen geschäftlichen Durchbruch.
Masche der Betrüger verfängt immer wieder
„Was sich so verlockend wie unrealistisch anhört, ist eine Betrugsmasche, die leider immer wieder verfängt“, sagt Kathrin Eichler von Eichler & Mehlert Finanzdienstleistungen GmbH in Düsseldorf. In der Tat warnt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) regelmäßig vor Marktmanipulationen durch Börsenbriefe, die mittels E-Mail vertrieben werden – im Februar ging es um das Unternehmen StartMonday Technology, im Mai um Southern Lithium Corp. „Bei den Aktien, die unter einem Euro notieren, waren zuvor starke Kursausschläge nach oben und dann nach unten zu beobachten – ein mögliches Indiz für Manipulation“, so Eichler.
Kasse machen auf Kosten der Anleger
Die Masche ist jedes Mal ähnlich: Die Betrüger „empfehlen“ Billigaktien unter einem Euro (Penny Stocks), die sonst kaum gehandelt werden und die sie vorher zuhauf eingekauft haben, über Börsenbriefe, unerlaubte Anrufe (cold calls), Spam-Mails oder via Fax. „Auf diese Weise sollen gutgläubige Anleger zum Kauf verleitet werden, den Kurs hochtreiben und den Betrügern zu satten Gewinnen verhelfen“, erklärt Burkhard Wagner von der Partners VermögensManagement AG in München. Wenn die Betrüger Kasse machen und die Mini-Blase platzt, bleiben die Geschädigten mit saftigen Verlusten auf wertlosen Aktien sitzen, so der Vermögensverwalter. Wie sich das anfühlt, zeigt der Kurs von StartMonday Technology (siehe beigefügter Chart): Die Aktie schaffte es Anfang März auf bis zu 0,9 Euro und notiert jetzt unter 0,2 Euro – ein Minus von rund 80 Prozent!
Erste Hilfe: Mails löschen, Hörer auflegen!
Dass die Betrüger illiquide Aktien im Cent-Bereich aussuchen, hat Methode. Die Kurse dieser Aktien können sie ohne großen finanziellen Aufwand manipulieren und so auf Kosten anderer hohe Renditen erzielen. Zudem, so wissen Psychologen, kaufen unerfahrene Anleger lieber 100 Aktien für einen Euro als eine einzelne Aktie zu 100 Euro. „So haben sie das letztlich trügerische Gefühl, ein Schnäppchen gemacht zu haben“, weiß Kathrin Eichler.
Dabei gibt es einfache Mittel, mit denen Privatanleger erkennen, ob man sie über den Tisch ziehen will. Zu den gängigsten Abzockmethoden gehören cold calls und Spam-Mails, mit denen Aktien gepusht werden sollen, sowie Faxe mit vermeintlichen Insidertipps. Hier sollten Anleger sofort den Hörer auflegen bzw. die Mail löschen. Zu „besonderer Vorsicht“ rät die BaFin zudem bei (Börsenbrief-)Empfehlungen zu illiquiden Wertpapieren, Penny Stocks und Aktien, die im wenig regulierten Freiverkehr gehandelt werden.
Guter Vermögensaufbau hat festes Fundament
Generell gilt: Vernünftiger Vermögensaufbau an der Börse geht nicht von heute auf morgen, sondern braucht seine Zeit. „Neben einer klaren Vorstellung über die eigenen finanziellen Ziele und Möglichkeiten ist das Wichtigste eine solide Strategie, die zum Risikoprofil des Anlegers passt und die er über Jahre bzw. Jahrzehnte durchhalten kann“, erklärt Burkhard Wagner (s. Interview). Dabei können sich Anleger an ihre Bank oder einen unabhängigen Vermögensverwalter wenden, die diese Fragen mit ihnen klären und ein Vermögenskonzept entwickeln und umsetzen (s. „Beratungsgespräch“, Seite 3).
Beratungsgespräch zum Aktienkauf – darauf sollten Sie achten
Egal, ob Sie sich bei der Geldanlage von Ihrer Bank oder einen Vermögensverwalter unterstützen lassen – für das Beratungsgespräch gibt es einige Regeln zu beachten:
- Legen Sie die Anlagesumme fest: Bevor Ihr hart erarbeitetes Geld für Sie arbeiten kann, müssen Sie wissen, wie viel Sie für solche Zwecke übrig haben. Machen Sie einen Kassensturz und vergessen sie größere Anschaffungen in der Zukunft nicht!
- Klären Sie Ihre Anlageziele und den Zeithorizont: Wenn Sie in zehn oder 20 Jahren auf das Geld angewiesen sind, können Sie einen Teil in risikoreiche Anlageklassen wie Aktien investieren – vorausgesetzt, Ihre Risikotoleranz lässt das zu.
- Werden Sie sich über Ihren Risikotyp klar: Gestehen Sie sich ehrlich ein, welche Schwankungen Ihres Vermögens Sie ertragen können. Als Faustformel gilt „Anteil der risikoreichen Anlageklassen in Prozent = 100 minus Lebensalter“.
- Beseitigen Sie Unklarheiten: Verstehen Sie im Gespräch etwas nicht, fragen Sie so lange nach, bis Sie es nachvollziehen können.
- Keine Unterschrift ohne Protokoll: Berater sind seit 1. Januar 2010 verpflichtet, das Gespräch zu protokollieren. Bestehen Sie auf dem Protokoll und lesen Sie es in Ruhe zu Hause durch, bevor Sie sich zu etwas verpflichten. (julu)