Die fortschreitende Digitalisierung soll die Steuervereinfachung begünstigen. Zu den Reformen gehört auch ein neues Risikomanagement: Die Finanzverwaltung differenziert künftig zwischen risikoarmen und risikobehafteten Steuerfällen.
Was das konkret für die Steuerzahler bedeutet, welche Risiken damit verbunden sind und wie Ärzte schon in 2016 darauf reagieren sollten, erklärt Günter Balharek, Geschäftsführer der alpha Steuerberatungs GmbH, Büdingen.
Vielen Ärzten ist nicht bekannt, dass auch die aktuelle Koalition das Thema „Steuervereinfachung“ auf ihrer Agenda hat. Dazu gehört unter anderem der Ausbau der elektronischen Übermittlung von Steuererklärungen und Jahresabschlüssen. Geplant ist zudem, dass die Steuerzahler ab 2017 ihren Steuererklärungen keine Belege mehr beifügen müssen. Diese Nachweise sind zwar weiterhin aufzubewahren, aber nur vorzulegen, wenn es die Finanzbehörde wünscht.
Auf den ersten Blick erscheint das positiv, da für den Steuerbürger erleichternd. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn die Finanzbehörden entwickeln das derzeit eingeführte sogenannte Risikomanagement „RM 2.0-Programm“ stetig weiter. Mit diesem RM 2.0-Programm ist unter anderem ein Risikofilter verbunden, der es ermöglicht, Steuererklärungen den Kategorien „risikoarm“ oder „risikobehaftet“ zuzuordnen. Die „risikoarmen“ Steuererklärungen werden dann nur noch maschinell bearbeitet und die Angaben der Steuerbürger voll umfänglich übernommen. Da die Belegprüfung entfällt, erwartet die Finanzbehörde dadurch einen erheblichen Rationalisierungseffekt.
Abweichungen werden geprüft
Anders sieht es bei den risikobehafteten Fällen aus. Steuererklärungen, die zum Beispiel im Vergleich zum Vorjahr Abweichungen bei absoluten Werten aufweisen oder die Wertgrenzen überschreiten, werden intensiver geprüft. Auch Sachverhalte, die erstmals in der Steuererklärung auftauchen oder die eventuell wegfallen, werden bei der Risikobeurteilung berücksichtigt und können dazu führen, dass eine Steuererklärung als risikobehaftet eingestuft wird. Der Veranlagungssachbearbeiter kann dann gezielt beim Steuerbürger rückfragen und dessen Angaben detailliert prüfen.
Auch für Ärzte dürfte diese Katalogisierung künftig relevant sein. Wenn in der elektronisch übermittelten Gewinnermittlung zum Beispiel einzelne Kostenfaktoren auffällig sein sollten, ist mit Rückfragen zu rechnen. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn die Summe der Betriebsausgaben über den üblichen Kennzahlen vergleichbarer Arztpraxen liegt und demzufolge ein relativ niedriger Praxisgewinn ausgewiesen wird. Losgelöst von einer möglichen späteren Betriebsprüfung werden die Finanzbehörden auffällige Kostenfaktoren bereits im Veranlagungsverfahren im Detail untersuchen.
Hierzu gehören unter anderem Kostenfaktoren wie:
- hohe Fahrzeugkosten
- mehrere genutzte Fahrzeuge in der Praxis
- hohes Gehalt des Ehegatten, eventuell plus Firmenwagen
- Arbeitsverhältnisse mit minderjährigen Kindern.
Hintergrund ist, dass mit diesen Aufwendungen erfahrungsgemäß erhebliche Steuerersparnisse für den Steuerbürger verbunden sind. Das Eingreifen des Risikofilters dürfte hier obligatorisch werden, auch wenn sich die Finanzverwaltung zu den einzelnen Prüf- und Sachverhaltskriterien mit Sicherheit nicht näher äußern wird.
Merke: Auch wenn das Gesetz zur weiterentwickelten Risiko-Kategorisierung erst 2017 in Kraft treten soll, ist Ärzten bereits in diesem Jahr zu empfehlen, sich mit ihrem Steuerberater abzustimmen, wie sie ihre steuerliche Situation rechtzeitig optimieren. Nur proaktiv lassen sich negative Überraschungen in Zukunft vermeiden.
Darüber hinaus bleibt zu hoffen, dass bei allen angestrebten Vereinfachungsverfahren und Prüfkriterien im Einzelfall trotzdem das durch Artikel 3 des Grundgesetzes verbriefte Recht der gleichmäßigen Besteuerung nicht auf der Strecke bleibt.

Günter Balharek

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