Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisführung

Wer heute niedergelassen tätig ist, weiß, dass die Führung einer Praxis mehr erfordert als noch vor wenigen Jahrzehnten oder gar Jahren. Praxisführung bedeutet auch Unternehmensführung. Dazu gehören neben Personalthemen, Betriebswirtschaft oder Marketing auch Investitionsplanungen und strategische Überlegungen. Insbesondere bedarf es eines soliden Überblicks über sämtliche Praxisentwicklungen. Wenn Praxen sich vergrößern, Kooperationen eingehen oder in eine andere Gesellschaftsform umgewandelt werden, steigt die Komplexität exponentiell – auch das befeuert unternehmerische Herausforderungen.

Kapazitäten für die Praxisführung

„Zuviel für eine Person?“, „Ja“, denken viele Niedergelassene, denn manch einer sieht sich einer 80-Stunden-Woche gegenüber. Zudem fehlt häufig die nötige Fachkenntnis, um die Zahlen mit den betriebswirtschaftlichen Rahmendaten ins richtige Verhältnis setzen zu können. Das macht es für Niedergelassene selbst nicht leichter, das Unterfangen Praxissteuerung aber risikoreicher.

Andere wiederum versuchen, mit Hilfe von Praxismitarbeitern für die eigene Entlastung von unternehmerischen Anforderungen zu sorgen. Praxismanager oder entsprechend qualifizierte Praxismitarbeiter können eine ganze Reihe organisatorischer und betriebswirtschaftlicher Aufgaben abdecken und so zu einem reibungslosen Praxisablauf beitragen. Das ist wichtig, denn als Arzt ist es letztendlich das Wesentliche, sich auf die Behandlung der Patienten zu konzentrieren. Alles, was von der Behandlung ablenken oder diese gar stören kann, gilt es zu vermeiden.

Delegation mindert nicht die Verantwortung

Dennoch kann delegieren allein nicht ausreichen. Allzu sorglose Delegation erhöht sogar das wirtschaftliche Risiko. Die unternehmerische Verantwortung bleibt beim Praxisinhaber, denn am Ende trägt er die Folgen allein. Wie aber kann diesen Anforderungen adäquat Rechnung getragen werden?

Wer als Arzt nicht selbst noch ganz nebenbei eine betriebswirtschaftliche Ausbildung absolvieren will, entscheidet sich gern für eine „externe Controllingabteilung“. Das bedeutet: Es wird eine Unternehmensberatung mit der Praxissteuerung bzw. dem Controlling beauftragt. Auf diese Weise sollen unternehmerische Entscheidungen abgesichert werden, sodass diese nicht nur „so aus dem Bauch heraus“ getroffen werden, sondern auf belastbaren Fakten basieren. Der Mehrwert ist groß, denn neben der fachlich kompetenten Bewertung von Chancen und Risiken sowie dem Ausloten von Handlungsoptionen inklusive Frühwarnsystem gewinnt der Inhaber freie Zeit in seinem eng getakteten, anspruchsvollen Alltag.

Aber Vorsicht: Beratung ist nicht gleich Beratung

Viele Berater schauen allein auf die buchhalterisch korrekte Erfassung der Zahlen, nicht aber auf die Gesamtsituation der Praxis und deren wirtschaftliche Entwicklung. Auch beziehen sie die Lebensplanung und individuellen Zielvorstellungen ihrer Mandanten nicht mit in die unternehmerische Betrachtung ein. Berater wie diese „fokussieren“ bestimmte Aspekte, verarbeiten beispielsweise Praxiszahlen, um den steuerlichen Aspekten Rechnung zu tragen. Das ist wichtig, keine Frage, deckt aber nur einen Teilbereich ab. Um die wirtschaftliche Gesamtentwicklung im Blick zu behalten, braucht es weitaus mehr. Das sollten Praxisinhaber bedenken.

Wichtig ist es also, genau zu prüfen, wem und in welchem Umfang Vertrauen geschenkt wird. Geht es um Teilbereiche wie die steuerlichen Aspekte, die delegiert werden sollen? Oder wird ein Berater für alle möglichen Praxislagen gesucht, der sowohl die Möglichkeiten zur Praxisentwicklung mitbeleuchtet als auch die individuellen Lebensziele des Inhabers berücksichtigt?

Nach welchen Kriterien kann ein Arzt überhaupt die Kompetenz eines Wirtschafts- oder Unternehmensberaters bewerten? Wie bemisst sich Qualität, wenn die Bezugsgrößen fehlen, weil man selbst nicht „vom Fach“ ist, sondern wenn aus der eigenen Perspektive heraus Zahlen und betriebswirtschaftliche Zusammenhänge eher einer Fremdsprache gleichen, deren Grammatik womöglich völlig unverständlich ist?

Kriterien für Ärzte – Kriterien für Berater

Das Risiko ist hoch, denn es betrifft die Existenz. Die Herausforderung, vor der eine Praxisinhaberin oder ein Praxisinhaber nun steht, ist vergleichbar mit der, mit der sich Patienten auf die Suche nach dem passenden (Zahn-)Arzt begeben. Auch das ist nicht risikofrei, denn hier geht es um das Vertrauen in Sachen Gesundheit.

Wie geht der Suchende vor? Meist wird innerhalb der Familie, des Freundes- oder Bekanntenkreises nach Empfehlungen gefragt. Wer dort nicht fündig wird, durchforstet das Internet. Empfehlungen im Rahmen von Bewertungsportalen spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle. Aber welchen Aufschluss geben die in solchen Bewertungsportalen aufgeführten Kriterien? Was haben Fragen wie „Ist die Praxis gut erreichbar? Wie gut oder schlecht sind Terminvergabe und Wartezeiten organisiert? Sind die Mitarbeiter freundlich?“ mit fachlicher Kompetenz zu tun? Eher wenig. Dennoch werden Beurteilungen wie diese herangezogen, um darüber auf ärztliche Fachkompetenz zu schließen. Erfahrungen werden von einem Bereich auf den anderen übertragen, um ein Urteil zu fällen.

Fragen lohnt

Zurück zur Bewertung von Unternehmens- oder Praxisberatungen: Natürlich spielen Kriterien wie Freundlichkeit der Mitarbeiter, Erreichbarkeit und Schnelligkeit in der Beantwortung von Fragen etc. auch hier eine Rolle. Um Aufschluss über bisherige Beratungserfolge und die fachliche Kompetenz zu erhalten, empfiehlt es sich, darüber hinaus ein paar Fragen zu stellen, zum Beispiel:

  • Was sagen Mandanten oder Empfehler des Beraters über die Beratungsleistung?
  • Über welche Erfahrungen verfügt der Berater in der Branche?
  • Auf welche Qualitätsmerkmale, bspw. Zertifizierungen oder Qualitätssiegel, kann der Berater verweisen?
  • Über welche Referenzen verfügt der Berater?
  • In welchem Umfang werden welche Aspekte beleuchtet und besprochen?
  • Wie steht der Berater zu Themen wie beispielsweise „Produktinteressen“?
  • Welche Erwartungen haben Sie an das Erstgespräch (kostenfrei, unverbindlich,…)?
  • Was darf in einem Erstgespräch auf gar keinen Fall passieren?
  • Welche Erwartungen haben Sie an die Beratung?
  • Woran würden Sie erkennen, dass Ihre Beratung tatsächlich im Mittelpunkt steht?

Fazit

Externe Begleitung durch eine Fachberatung lohnt. Sie kann Praxen deutlich entlasten, dabei unterstützen, die eigenen Potenziale bestmöglich zu nutzen und für mehr wirtschaftliche Sicherheit sorgen. Das Erstgespräch sollte kostenfrei und unverbindlich erfolgen und so ermöglichen, die Erwartungen und Ziele einer etwaigen Zusammenarbeit zu prüfen. Wie heißt es: „Gute Beratung findet dann statt, wenn mindestens zwei Menschen miteinander sprechen, einer geht und sagt: „Ich bin gut beraten worden.“ Geht einer weg und sagt: „Ich habe gut beraten“, dann ist irgendetwas schiefgegangen.“

Stephan Kock

Inhaber und GeschäftsführerKock + Voeste Existenzsicherung für die Heilberufe GmbH

info@kockundvoeste.de

Kock + Voeste Existenzsicherung für die Heilberufe GmbH