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„Wir müssen reden“ – Mitarbeitergespräche passend führen


Chefin im Gespräch mit Mitarbeiter

Mitarbeiterinnen- bzw. Mitarbeitergespräche sind QM-seitig gefordert und sollten für eine gute Kommunikation in der Arztpraxis individuell vorbereitet, dokumentiert und nachgehalten werden.

In der überwiegenden Zahl der Praxen, die der Autor in 34 Berufsjahren kennenlernen durfte, fehlt es nach wie vor an zielorientierten, praxisförderlichen und umsetzbaren Tools für Mitarbeiterinnen- und Mitarbeitergespräche.

Die Gespräche nehmen teilweise viel Zeit in Anspruch, verlangen eine sorgfältige Vorbereitung und werden nur allzu oft als unangenehm empfunden. In der Folge wird auf sie „verzichtet“.

Wie fragte einmal ein Mandant?: „Wann soll ich das, neben der ganzen Arbeit, denn noch machen?“ Kein Wunder, zu oft wird erwartet, dass sich das Praxispersonal bitte selbst organisieren möchte. „Gespräche bringen nichts, wieso soll man sie dann führen? Geld wird ohnehin am Patienten verdient und nicht in der Personalführung.“, so ein anderer Praxisinhaber.

Irgendwie verständlich, denn gelernt wurden Personalgespräche nicht. Die Vorbilder aus Klinik und Praxis waren oft eher Schreckbilder. Und so vermeiden Praxisinhaberinnen und -inhaber gern, sich auf ein Terrain zu begeben, auf dem sie als unsicher, unerfahren und unglaubwürdig wahrgenommen werden könnten. Zumal die Gefahr besteht, dass trotz einer umfangreichen Vorbereitung, die Unterschiede in der Selbst- und Fremdwahrnehmung eine große Diskrepanz zwischen der Praxisleitung und den Mitarbeitenden erzeugen. Außerdem wird seitens des Personals die Chance auf einen wirklich konstruktiven Austausch mit der Praxisleitung oft nicht genutzt. In der Folge schlafen die von der Idee her sinnvollen Gespräche wieder ein. „Es geht halt auch so.“

Oder anders:

Mit passender Mitarbeiterkommunikation die Praxisleistung steigern

Mitarbeiterinnen- und Mitarbeitergespräche sind für alle Beteiligten mit einem relativ hohen Aufwand und vielen verborgenen Risiken verbunden. Die aufgezeigte Problematik führt in den meisten Fällen dazu, dass die Gespräche oft nur wenig Wirkung zeigen: Gewünschte und sogar notwendige Verhaltensänderungen bleiben aus. Im Extremfall kann dies zu Stagnation bis hin zu Leistungsminderung führen. Personalgespräche werden so von einem erfolgsentscheidenden Faktor zu einer reinen Zeitverschwendung.

Weshalb erfolgsentscheidend? Weil sich der Arbeitsmarkt bekanntlich in einen Arbeitnehmer-Markt verwandelt hat. Heute müssen sich Praxen darum bemühen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen und bleiben, denn erfolgreiche Medizin ist ohne MFAs nicht möglich.

Und da der Mensch nicht vom Geld allein lebt, sondern auch Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Anerkennung erfahren möchte, ist das Personalgespräch – passend angewandt – ein gutes Instrument nicht nur für das Finden, sondern auch und besonders für das Binden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Was für Mitarbeitergespräche gibt es überhaupt?

Wikipedia weiß dazu: „Das Mitarbeitergespräch (Abkürzung: MAG) zwischen Führungskraft und Mitarbeiter ist ein Instrument, in dem die Beteiligten regelmäßig (üblicherweise jährlich …) oder bei Bedarf spezifische und damit anlassbezogene Inhalte (wie etwa Zielvereinbarungen, Leistungsbeurteilungen, Weiterbildung, persönliches Feedback, Entwicklungsmöglichkeiten, offene Fragen etc.) besprechen.“

Ganz anders in den vielen, oft kleinen Einzelpraxen: Dort wird meist zwischen Tür und Angel gesprochen, man könnte auch sagen „Management by walking around“.

Die Beratungserfahrung zeigt, dass sich in Praxen und größeren Organisationseinheiten im ambulanten Gesundheitswesen (MVZ, BAG, ÜBAG etc.) verschiedene Gesprächstypen als sinnvoll und hilfreich erwiesen haben. Gut zu wissen, denn so muss nicht jedes Gespräch zu einem „Gehaltsgespräch“ werden. Eine Unsitte, die m. E. daher rührt, dass Praxisinhaber und -inhaberinnen viel zu wenig mit ihren Mitarbeitenden sprechen und diese, wenn es denn die Möglichkeit zum Gespräch gibt, die Gelegenheit auch nutzen wollen, um ihre Wünsche und Erwartungen an die Gehaltsentwicklung zu formulieren.

So gibt es folgende Gesprächstypen in der Arztpraxis:

Wie Personalgespräche in der Arztpraxis eingesetzt werden können

Nehmen wir zum Beispiel ein Zielvereinbarungsgespräch, oft auch Jahres- oder Entwicklungsgespräch genannt. Es kann hervorragend als Bindungsinstrument dienen. Ziele gelten als das Mittel der Wahl, wenn es darum geht, bindungswirksame Verantwortungsbereiche für Praxismitarbeiterinnen und -mitarbeiter zu definieren. Das Zielvereinbarungsgespräch dient dabei als Werkzeug. Das Zielvereinbarungsgespräch basiert auf dem Führungskonzept Management by Objectives oder auch MbO: Führen durch Ziele.

Im Zentrum des Zielvereinbarungsgesprächs steht die Vereinbarung von Zielen zwischen Praxis- bzw. MVZ-Leitung und der Mitarbeiterin bzw. dem Mitarbeiter sowie die Überprüfung und Bewertung der Zielerreichung anhand von Soll-Ist-Vergleichen.

Grundlage für die Zielbildung stellen die übergeordneten (Praxis- bzw. MVZ-)Ziele dar, an denen die beruflichen Arbeits- und persönlichen Entwicklungsziele des Mitarbeitenden ausgerichtet werden. Im Verlaufe des Zielvereinbarungsgespräches werden sowohl die genauen Einzelziele als auch deren Wichtigkeit und Gewichtung festgelegt.

Durch die Einbindung in den Prozess der Zielbildung und -vereinbarung soll ein höheres wirtschaftliches Bewusstsein als auch ein entsprechender Leistungsanreiz (Motivation) beim Praxispersonal erreicht werden. Die Mitarbeitenden setzten sich so mit der Gestaltung und Steuerung ihres beruflichen Fortkommens eigenverantwortlich auseinander.

Mit diesem Führungsinstrument kann eine Praxis oder auch ein MVZ auf Ziele und Erfolgsorientierung ausgerichtet werden. Führung mit Zielen dient der Steuerung von Mitarbeitenden, Teams, Abteilungen, Einheiten und Standorten.

Das Gesprächsbeispiel verdeutlicht, welche Wirkung passende Mitarbeitergespräche auf den Erfolg einer Praxis bzw. eines MVZ haben können. Sie sind Arbeit und gehören in „geschulte Hände“, damit sie ihre volle Wirkung entfalten. Einmal gelernt und eingeführt, sind sie ein erfolgskritischer Faktor, der aus Betroffenen Beteiligte werden lässt.

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Stephan Kock

Seit mehr als 30 Jahren führe ich die Kock + Voeste GmbH – eine bundesweit tätige Unternehmensberatung für Arztpraxen, Zahnarztpraxen und (Zahn-)Medizinische Versorgungszentren. Als Sanierungsberater, Systemischer Coach, Supervisor und Mediator begleite ich Heilberuflerinnen und Heilberufler in allen Fragen der Praxisführung, Praxissicherung und Praxisoptimierung.
Kock + Voeste unterstützt Praxisinhaberinnen und Praxisinhaber dabei, sich dem wandelnden Gesundheitsmarkt flexibel anzupassen, unternehmerisch zu denken und zu handeln.
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Stephan Kock

Stephan F. Kock, 1961 in Flensburg geboren, Kaufmann, Sanierungsberater (KMU-Akademie), Systemischer Coach (SG), Supervisor (DGSv) und Mediator (IHK/Steinbeis-Hochschule), studierte Theologie und Psychologie an der Kirchlichen Hochschule sowie der Freien Universität zu Berlin. Danach absolvierte er als Trainee bei der Deutschen Ärzteversicherung eine Ausbildung in den Bereichen Finanzdienstleistungen und Betriebswirtschaft für Angehörige der akademischen Heilberufe. 1989 gründete er die Kock + Voeste Existenzsicherung für die Heilberufe GmbH und berät seitdem bundesweit niedergelassene Heilberuflerinnen und Heilberufler in allen Fragen der Existenzsicherung. Durch zusätzliche Qualifikationen im Bereich Sanierung, Coaching und Mediation verbindet Stephan F. Kock betriebswirtschaftliches Krisenmanagement mit ausgesuchter Beratungs- und Prozesskompetenz. Über seine Beratertätigkeit hinaus hat sich Stephan F. Kock auch als Fachreferent und Buchautor einen Namen als Experte des ambulanten Gesundheitswesens gemacht.