Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Arbeitsrecht

Das Ausbildungszeugnis stellt für junge MFA die Eintrittskarte ins Berufsleben dar. Mit dem Ende des Berufsausbildungsverhältnisses haben sie daher einen Anspruch auf ein einfaches oder, wenn sie es wünschen, auf ein qualifiziertes Zeugnis. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 16 Berufsbildungsgesetz (BBiG): „Ausbildende haben den Auszubildenden bei Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses ein schriftliches Zeugnis auszustellen.“

Doch Praxisinhaber besitzen oft wenig Erfahrung mit dem Ausstellen von Ausbildungszeugnissen. Grundsätzlich lassen sich zwar viele Regeln, die für Arbeitszeugnisse gelten, auf Ausbildungszeugnisse übertragen, es gibt jedoch einige Besonderheiten.

Sind Arbeitszeugnisse in elektronischer Form erlaubt?

Das Ausbildungszeugnis muss, wie das Arbeitszeugnis auch, immer schriftlich, in gedruckter Form, auf Praxispapier und mit der eigenhändigen Unterschrift des Praxisinhabers ausgestellt werden. Ein Zeugnis in elektronischer Form, etwa per Mail oder Fax, ist unzulässig.

Unterschied zwischen einfachem und qualifiziertem Zeugnis

Beim Ausbildungszeugnis unterscheidet man wie beim Endzeugnis zwei Arten: Das einfache Zeugnis gibt Auskunft über Art, Dauer und Ziel der Berufsausbildung, die erworbenen beruflichen Fähigkeiten und Kenntnisse – aber auch nicht mehr. Es enthält keine Bewertungen der Leistung oder des Sozialverhaltens und umfasst selten mehr als eine Seite. Es ist daher für künftige Arbeitgeber weniger aussagekräftig und deutet darauf hin, dass es im Ausbildungsverhältnis Streit gegeben haben könnte. Das qualifizierte Zeugnis enthält darüber hinaus noch Aussagen zum Verhalten und zur Leistung der angehenden MFA und umfasst gerne mal zwei Seiten. Es ist für künftige Arbeitgeber daher deutlich aussagekräftiger.

Das qualifizierte Zeugnis müssen Azubis beantragen

Arztpraxen, die ausbilden, sollten das Ausbildungszeugnis automatisch zum Ende der Ausbildung erstellen und am Tag der Beendigung aushändigen. Denn die Auszubildenden benötigen es für ihre weiteren Bewerbungen. Es soll auf den letzten Tag der Ausbildung datiert werden. Es  muss selbst dann erteilt werden, wenn der oder die Auszubildende es nicht beantragt oder ausdrücklich darauf verzichtet. Für das qualifizierte Zeugnis haben Azubis aber eine sogenannte Holschuld, das heißt, sie müssen es aktiv einfordern.

Das Zeugnis sollte entsprechend mit „Ausbildungszeugnis“ überschrieben sein. Wie jedes andere Zeugnis auch enthält es Anrede und Namen des Azubis, Ausbildungsberuf, Beginn und Ende des Ausbildungsverhältnisses und den Namen der ausbildenden Praxis. Darüber hinaus kann der Betrieb zusätzlich die Teilnahme am theoretischen Unterricht bestätigen. Auch eine kurze Vorstellung der eigenen Praxis mit ihren Schwerpunkten ist sinnvoll (siehe Musterzeugnis unten).

Erst Vorgesetzte, dann Mitarbeiter und Patienten nennen

In die Tätigkeitsbeschreibung gehören Angaben zu Stationen und Inhalten der Ausbildung. Anschließend erfolgt wie üblich eine Bewertung der Leistung und des Verhaltens. Hier können sich Ärztinnen und Ärzte an die aus den Arbeitszeugnissen bekannten Formulierungen halten. Bei der Verhaltensbeurteilung sollten sie daran denken, zunächst immer die Vorgesetzten zu nennen, anschließend die Mitarbeiter und dann die Patienten. Wird die Reihenfolge verändert oder ist sie nicht vollständig, wird der Umgang mit den jeweiligen Personen als negativ bewertet. Das Zeugnis muss nach § 109 der Gewerbeordnung „wahr“ und „wohlwollend“ formuliert sein. Es soll dem oder der Auszubildenden für das berufliche Fortkommen keine Steine in den Weg legen. Es darf aber auch nicht lügen.

Was nicht ins Zeugnis gehört, sind einmaliges und untypisches Fehlverhalten, Krankheiten, eine mögliche Schwerbehinderung, außerbetriebliches Verhalten, Gewerkschaftszugehörigkeit, Straftaten, die nicht im Zusammenhang mit der Ausbildung stehen, sowie Drogen- und Alkoholprobleme. Wichtig: Das Nichtbestehen der Abschlussprüfung darf nur erwähnt werden, wenn der Auszubildende sie endgültig nicht bestanden hat. Auch hier sollten Ausbilder auf eine wohlwollende Formulierung achten („XY hat an der Abschlussprüfung teilgenommen“).

Prüfungsvermerk im Zeugnis ist üblich

Bei Ausbildungszeugnissen besteht zudem die Besonderheit, dass sie in der Regel einen Prüfungsvermerk enthalten. Er ist zwar nicht zwingend erforderlich, aber allgemein üblich. Fehlt dieser, kann das auf das Nichtbestehen der Abschlussprüfung hindeuten.

Einen Beendigungsgrund nennt der Arbeitgeber nur, wenn der oder die angehende MFA dies wünscht. Eine Beendigung aus betrieblichen Gründen oder weil der oder die Auszubildende selbst kündigt, sollten Chefs aber stets im Zeugnis erwähnen, damit nicht der Eindruck entsteht, dem Azubi sei aus verhaltensbedingten Gründen gekündigt worden.

Muss das Zeugnis eine Schlussformel enthalten?

Eine Schlussformel muss das Zeugnis nicht enthalten, Auszubildende haben keinen Anspruch auf Dank und gute Wünsche. Eine fehlende Schlussformel wertet das Zeugnis aber ab. Daher sollten Praxisinhaber sich bei einem guten Verhältnis für die Zusammenarbeit bedanken, den Weggang bedauern und für die berufliche und private Zukunft alles Gute wünschen.

Entscheidet sich eine angehende MFA die Ausbildung abzubrechen oder wird ihr gekündigt, hat auch sie Anspruch auf ein Zeugnis. Daher ist es für jede Ausbildungspraxis sinnvoll, ihre Auszubildenden während der gesamten Ausbildungszeit regelmäßig schriftlich zu beurteilen. Das erleichtert zum einen die Erstellung eines außerplanmäßig gewünschten Zeugnisses – etwa auch eines Zwischenzeugnisses. Zum anderen hilft es, bei Fehlentwicklungen rechtzeitig gegenzusteuern und einzuschätzen, ob man den oder die MFA nach Abschluss der Ausbildung übernehmen möchte.

Zusage erst sechs Monate vor Ende der Ausbildung möglich

Auch wenn die MFA die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hat und von der Praxis übernommen wird, hat sie Anspruch auf das Ausbildungszeugnis. Eine Übernahme kann übrigens erst sechs Monate vor dem Ende einer Ausbildung vereinbart werden. Eine zuvor getroffene Vereinbarung ist unwirksam. Wer einen Auszubildenden im Anschluss an eine Berufsausbildung übernimmt, darf außerdem zunächst einen befristeten Vertrag schließen oder eine erneute Probezeit vereinbaren.

Erfolgt die Übernahme direkt im Anschluss an das Ende der Ausbildung, bleiben die Urlaubsansprüche des oder der ehemaligen Auszubildenden erhalten. Ausbildungsverhältnis und Arbeitsverhältnis werden als Einheit betrachten. Das gilt in Praxen mit regelmäßig mehr als zehn Mitarbeitenden auch für den Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz, der dann unmittelbar einsetzt, sowie für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Praxistipp

Möchte der Praxischef Auszubildende nicht übernehmen, sollte er peinlich genau darauf achten, sie nicht nach bestandener Abschlussprüfung über das vertraglich vereinbarte Ausbildungsende hinaus weiterzubeschäftigen. Wer das tut, zeigt nach Auffassung der Arbeitsgerichte durch sogenanntes konkludentes Handeln, dass er den oder die Auszubildende übernehmen will und begründet damit ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.

Beispiel für ein Ausbildungszeugnis mit der Note „sehr gut“

Gemeinschaftspraxis Mustermann
Am Musterplatz 3

12345 Musterhausen

Ausbildungszeugnis

Frau Susanne Meier, geb. am 11.11.2001, wohnhaft in […], war vom 01.09.2018 bis 16.07.2021 in unserer Facharztpraxis für Innere Medizin als Auszubildende zur Medizinischen Fachangestellten beschäftigt. Neben der betrieblichen Ausbildung nahm Frau Meier regelmäßig am Berufsschulunterricht teil. Die Gemeinschaftspraxis Mustermann mit Sitz in Musterhausen hat ihren Schwerpunkt in der hausärztlichen Patientenbetreuung.

Frau Meier erlernte in ihrer Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten u.a. folgende Tätigkeiten:

• Terminvergabe und -planung, Telefonate, Patientenannahme, Formularwesen, Verordnungen, Kassen-, Privat- und BG-Abrechnung
• Blutdruckmessungen, Pulsmessungen, EKG-Ableitung, Lungenfunktion
• Labortätigkeiten wie z.B. Blutzucker, Urinstatus, Hämocculttests, Abstriche
• Vorbereitung und Durchführung von Blutentnahmen einschließlich Versandvorbereitung und Formularwesen
• Verabreichung von Injektionen, Infusionen und Anlegen und Entfernen von Verbänden
• Assistenz bei chirurgischen Eingriffen
• Fachgerechte Desinfektion, Pflege und Wartung von Instrumenten
• […]

Frau Meier zeichnete sich von Anbeginn an durch großen Fleiß, gepaart mit weit überdurchschnittlichem Leistungswillen aus. Für den Beruf der Medizinischen Fachangestellten ist sie außerordentlich befähigt. Sie besitzt eine schnelle Auffassungsgabe und kann auch schwierige Situationen mit ihrem profunden Fachwissen souverän bewältigen. Sie arbeitet zudem mit größter Sorgfalt und Genauigkeit. Ihre Arbeitsleistung war auch bei gesteigerten Anforderungen immer hervorragend. Frau Meier hat stets zu unserer vollsten Zufriedenheit gelernt und gearbeitet.

Besonders hervorheben möchten wir, dass wir Frau Meier zum Ende ihrer Ausbildung bereits als vollwertige MFA einsetzen konnten.
Frau Meier zeichnet sich durch eine freundliche und hilfsbereite Art aus. Ihr Verhalten gegenüber ihren Vorgesetzten, ihren Kolleginnen und Kollegen sowie unseren Patientinnen und Patienten war stets vorbildlich und jederzeit einwandfrei.

Frau Meier hat die Abschlussprüfung zur Medizinischen Fachangestellten mit dem heutigen Tag mit der Note „sehr gut“ bestanden.
Nach dem Abschluss der Ausbildung haben wir Frau Meier gerne als Mitarbeiterin in unserer Praxis übernommen. Wir freuen uns, die sehr gute und erfolgreiche Zusammenarbeit fortsetzen zu können. Für ihren weiteren Berufs- und Lebensweg in unserer Praxis wünschen wir ihr alles Gute und weiterhin viel Erfolg.

 

Musterhausen, 16.07.2021                                                                      Unterschrift Praxisinhaber

 

Checkliste für Ausbildungszeugnisse:

Formale Kriterien

  • Ist das Arbeitszeugnis auf Praxispapier geschrieben?
  • Ist das Zeugnis mit Ausbildungszeugnis überschrieben?
  • Sind Vor- und Nachname des/der Auszubildenden korrekt geschrieben?
  • Sind Ausbildungsbeginn und -ende richtig angegeben?
  • Stimmt das Ausstellungsdatum mit dem Ausbildungsende überein?
  • Hat der Praxisinhaber unterschrieben?
  • Ist das Zeugnis frei von Rechtschreibfehlern und in tadellosem Zustand?

Tätigkeitsbeschreibung

  • Sind alle wesentlichen Kenntnisse und Fähigkeiten erwähnt und nach Wichtigkeit geordnet?
  • Kann sich ein Dritter ein zutreffendes Bild von den Ausbildungsinhalten machen?

Leistungsbeurteilung

  • Werden verschiedene Leistungskriterien einzeln aufgeführt und bewertet (je besser der Azubi war, desto mehr Kriterien sollten aufgeführt werden)?
  • Stimmen die Einzelbewertungen mit der Gesamtaussage überein?
  • Stimmt die Länge des Zeugnisses mit der Gesamtbewertung überein (je besser der Azubi war, desto länger sollte das Zeugnis ausfallen)?
  • Werden besondere Fähigkeiten des/der Auszubildenden erwähnt?

Verhaltensbeurteilung

  •  Wurde das Verhalten gegenüber Vorgesetzten und Kollegen beurteilt?
  • Wurde das Verhalten gegenüber Patienten beurteilt? Stimmt die Reihenfolge?
  • Wurde ausschließlich dienstliches Verhalten beurteilt?

Prüfung

  • Ist das Bestehen der Prüfung erwähnt?
  • Wurde die Prüfungsnote genannt (nur bei gutem Ergebnis)?

Schlussformel

  • Stimmt die Schlussformel in der Aussage mit der Leistungsbeurteilung
    überein?
  • Wurde die Übernahme des/der Auszubildenden erwähnt?