Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Medizinrecht

Die Statistiken der KV sind eindeutig. Festanstellungen werden immer beliebter, die selbstständige Arbeit hingegen erscheint weniger attraktiv. Ärztinnen und Ärzte verzichten zunehmend auf die Arbeit in der eigenen Praxis und wählen stattdessen eine abhängige Beschäftigung – sei es nun in der Klinik, in einer Praxis oder einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ).

Die Vorteile einer solchen Festanstellung liegen auf der Hand: Nicht nur entfallen die unternehmerischen Risiken, die jeder Selbstständige schultern muss. Auch die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie der bezahlte Urlaub dürfte für viele Mediziner attraktiv sein. Der vielleicht wichtigste Pluspunkt einer Festanstellung (bzw. das größte Risiko für den Arbeitgeber) dürfte allerdings in den Haftungsregeln für ärztliche Arbeitnehmer liegen – auch und gerade, wenn es um Behandlungsfehler geht.

Wen Patienten in Anspruch nehmen

Zu unterscheiden ist zunächst zwischen der sogenannten vertraglichen und der deliktischen Haftung im sogenannten Außenverhältnis.

Verlangt ein Patient nach dem Patientenrechtegesetz Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld, muss er seinen Anspruch gegenüber demjenigen geltend machen, der ihm die medizinische Behandlung zugesagt hat (§ 630 a BGB). Das kann, muss aber nicht dieselbe Person sein, die die Behandlung tatsächlich durchgeführt hat. In größeren Praxen, MVZ oder Kliniken, ist ein Auseinanderfallen von Behandler und tatsächlich behandelndem Arzt sogar schon fast die Regel. Der angestellte Arzt ist nur ein Erfüllungsgehilfe für die vertraglichen Verpflichtungen seines Arbeitgebers, sodass seine Verstöße erst einmal der Praxis, dem MVZ oder der Klinik zugerechnet werden, bei der er unter Vertrag steht bzw. mit dem der Patient seinen Behandlungsvertrag geschlossen hat.

Neben dieser vertraglichen Haftung können Patienten zudem deliktische Ansprüche wegen eines behaupteten Behandlungsfehlers geltend machen. Sie richten sich stets gegen den angestellten Arzt direkt. Im Ergebnis bedeutet das, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Außenverhältnis uneingeschränkt nebeneinander als sogenannte Gesamtschuldner haftbar sind. Wer am Ende tatsächlich auf den Kosten sitzen bleibt, wird später im Innenverhältnis zueinander geklärt. Hier allerdings hat der Arbeitgeber oft das Nachsehen.

Privilegierung von angestellten Ärzten im Innenverhältnis

Beim Gesamtschuldnerausgleich im Innenverhältnis kann der Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber den sogenannten arbeitsrechtlichen innerbetrieblichen Freistellungsanspruch geltend machen: Danach muss er nur für vorsätzliche oder grob fahrlässige Fehler geradestehen. Hat der angestellte Arzt hingegen aus einfacher Fahrlässigkeit etwas falsch gemacht, ist er von jeglicher Haftung befreit und der Arbeitgeber muss zahlen. Im Rahmen der normalen Fahrlässigkeit erfolgt eine Schadenquotelung, die von einer Abwägung der Gesamtumstände im Einzelfall abhängt (vgl. dazu BAG, Großer Senat Beschluss vom 27.09.1994 – GS 1/89 (A))

Um die Haftungsproblematik zu entschärfen, sollten ärztliche Arbeitgeber daher peinlich darauf achten, dass ihre Berufshaftpflichtversicherung auch die Tätigkeiten ihrer angestellten Kollegen in ausreichender Höhe abdeckt. Darüber hinaus müssen alle angestellten Ärzte eine eigene Berufshaftpflichtversicherung haben.