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Medizinrecht

In einem Fall, bei dem der Arzt nach einem Schlaganfall weiterhin Patienten behandelte, hat das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) ein entscheidendes Urteil zur ärztlichen Aufklärungspflicht gefällt. Insbesondere vor Operationen besteht für den Arzt demnach die Pflicht, seine Patienten über relevante Vorerkrankungen zu informieren.

Angeklagt war ein Augenarzt (60), der einen Schlaganfall erlitten hatte. Als Folge litt er unter Problemen bei der Feinmotorik. Dennoch stand er weiterhin im OP und nahm etwa 6.000 Eingriffe im Augenbereich vor. Bei einigen seiner Patienten kam es nach den Eingriffen zu Komplikationen, eine Patientin verlor ihr Augenlicht. Daraufhin wurde ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet.

Augenarzt wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt

Infolgedessen verurteilte ihn das Amtsgericht Kempten 2019 wegen schwerer und vorsätzlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren. In der Berufungsverhandlung wertete das Landgericht Kempten sein Verhalten jedoch nur noch als fahrlässige Körperverletzung. Das Strafmaß wurde auf neun Monate auf Bewährung abgemildert. Dieses Urteil hob das BayObLG nun auf und verwies das Verfahren nach Kempten zurück.

Vorerkrankungen dürfen nicht verschwiegen werden

Wie das Gericht feststellte, gehört es zu den ärztlichen Aufklärungspflichten, den Patienten über alle Umstände aufzuklären, die den Verlauf der Operation beeinflussen könnten. Bei einer Augenoperation seien das auch ein Schlaganfall, der Zweifel an der Feinmotorik des Operateurs begründen könnte. Gerade bei so einem Eingriff müsse der Arzt ja millimetergenau arbeiten. Die Patienten und Patientinnen des Augenarztes seien also nicht ausreichend aufgeklärt worden.

Die Verteidigung des Augenarztes hatte in dem Verfahren Freispruch gefordert. Der Amtsarzt habe bei ihm 2012 keine Anhaltspunkte für körperliche Einschränkungen festgestellt. Daher sei der Augenarzt sicher gewesen, weiterhin operieren zu können. Dem folgte das Bayerische Oberste Landesgericht nicht und erklärte die Beweiswürdigung des Landgerichts für lückenhaft.