Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Vertragsrecht

Eine aktuelle Studie des Bundeskriminalamtes mahnt zur erhöhten Vorsicht. Die Fälle von Computerbetrug haben in 2015 um 5,6 Prozent zugenommen. Der erfasste Gesamtschaden durch missbräuchliche Transaktionen liegt bei 35,9 Millionen Euro. Das ist allenfalls die Spitze des Eisberges, denn die Kriminalisten gehen von einer sehr hohen Dunkelziffer aus.

Der größte Schwachpunkt beim Online-Banking ist oft der Nutzer selbst. Immer noch unterschätzen auch viele Ärzte die Gefahren, die das Online-Banking beim Praxiskonto birgt. Sie gehen allzu sorglos mit den Zahlungsdaten um und vernachlässigen die IT-Sicherheit auf den eigenen Geräten. Im Schadensfall kann es ein böses Erwachen geben. Wenn Kunden ihre Sorgfaltspflichten verletzen, müssen sie unter Umständen selbst für den entstandenen Schaden aufkommen.

Die Rechtsprechung stellt zunehmend strengere Anforderungen an das Verhalten von Online-Banking-Nutzern (z.B. AG Köln, Az. 119 C 143/13, LG Hannover, Az. 11 O 229/15). Die Richter erwarten, dass Anwender aufgrund der weitreichenden Berichterstattung und Warnungen allgemein bekannte Sicherungsmaßnahmen einhalten. Dies gilt in besonderem Maße für den unternehmerischen Bereich. Die Gerichte erwarten von Unternehmen und Selbständigen ein weit höheres Maß an Wissen, Technik und Risikoschutz, als von Privatpersonen.

Wann haften Bankkunden?

Grundsätzlich sind Banken und Sparkassen verpflichtet, falsche Abbuchungen unverzüglich zu erstatten. Allerdings können sie bei Mitverschulden des Kunden 150 Euro einbehalten, bei grober Fahrlässigkeit sogar den ganzen Betrag. Wo aber beginnt Fahrlässigkeit beim Online-Banking?

Welches Verhalten als fahrlässig gilt, regeln Kreditinstitute meist in den Geschäftsbedingungen zum Online-Banking. Nutzer müssen grundsätzlich dafür Sorge tragen, dass ihre Zugangsdaten und die Sicherungssysteme nicht leichtfertig missbraucht werden können. Sie sind verpflichtet, ihre Authentifizierung (PIN und TAN) geheim zu halten und nicht an Dritte weiterzugeben. Es darf pro Vorgang nie mehr als eine TAN-Nummer eingegeben werden. Obendrein müssen Kunden aber auch alle bankseitigen Sicherheitshinweise beachten und einen Missbrauch unverzüglich melden.

Die aktuelle Rechtsprechung geht noch einen Schritt weiter. Die Gerichte erwarten insbesondere von Unternehmen, zu denen auch Ärzte mit eigener Praxis gezählt werden, dass sie ihre Rechner per Virenschutzsoftware und Firewall systematisch vor Online-Attacken schützen. Kontoinhaber und ihre Bevollmächtigten dürfen außerhalb des Online-Banking-Systems keine Zugangsdaten oder TAN-Nummern eingeben.

Risiken minimieren

Die fortschreitende Vernetzung digitaler Geräte bietet Cyber-Kriminellen neue Angriffspunkte. Gerade Unternehmen sollten die Haftungsrisiken keinesfalls unterschätzen. Hier wird der Grad einer groben Fahrlässigkeit deutlich schneller angenommen als bei Privatpersonen.

Besonders gefährdet sind Smartphones. Hier bündeln viele Menschen ihre gesamte Kommunikation, übermitteln Daten an Online-Speicher und wickeln womöglich noch ihre Bankgeschäfte ab. Mit einem Angriff können Cyber-Kriminelle reiche Beute machen und vertrauliche Daten einsammeln. Gefährlich sind auch Attacken auf das Home-Office, wo viele Menschen abends oder an Wochenenden noch fleißig sind. Nicht immer ist der private Rechner in puncto Virenschutz und Co. auf dem gleichen Stand wie im Betrieb, wo sich IT-Verantwortliche darum kümmern.

Bankkunden können das Gefährdungspotenzial deutlich reduzieren, wenn sie einige Verhaltenstipps befolgen. Das A und O ist eine effektive IT-Sicherheit. Neben aktueller Firewall und Antivirensoftware ist bei WLAN-Nutzung stets auf eine sichere Verschlüsselung zu achten. Auch Bankgeschäfte von fremden Rechnern sind Tabu. Nicht zuletzt sind Limits für tägliche Transaktionen sinnvoll.

Haben mehrere Personen Zugriff auf das Online-Banking, sind sie sorgfältig auszuwählen und für IT-Risiken zu sensibilisieren. Idealerweise protokolliert das IT-System alle Zahlungsvorgänge, auch um etwaigen Missbrauchsfällen und ihren Ursachen besser auf die Spur zu kommen. Firmen sollten keinesfalls bei Investitionen in IT-Sicherheit sparen. Im Schadensfall wird es meist deutlich teurer.

Konto leergeräumt – was tun?

1. Konto sperren: Der Zugang zum Online-Banking sollte umgehend blockiert werden. Anwender sollten sich für den Ernstfall wappnen und die zentrale Notrufnummer auf dem Handy abspeichern. Viele Kreditinstitute verwenden den bundesweiten Sperr-Notruf 116 116, der rund um die Uhr gebührenfrei erreichbar ist.

2. Geld zurückrufen: Nutzer sollten die kontoführende Stelle sofort kontaktieren. Falsche Überweisungen auf inländische Empfängerkonten lassen sich zurückrufen, solange noch keine Gutschrift erfolgt ist. Andernfalls sollte man möglichst unter Mithilfe der Bank den Empfänger ermitteln und zur Rücküberweisung des Betrages auffordern.

3. Anzeige erstatten: Liegt eine Straftat vor, sollten Anwender unverzüglich Strafanzeige erstatten. Dazu sollten sie alle Beweise sichern, wie etwa einen Screenshot der Betrugsseite oder verdächtige E-Mails. Zudem kann man der Polizei das Endgerät zur kriminaltechnischen Auswertung überlassen. Ist der Täter zu ermitteln, ist eine Klage auf Schadenersatz ratsam.

Der Autor: Dr. Volker Lang ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Partner der Kanzlei BKL Fischer Kühne Lang. Er ist Schriftleiter und Mitherausgeber der „Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht“ (BKR) sowie Mitautor und Mitherausgeber verschiedener Standardwerke zum Bank- und Kapitalmarktrecht.