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Vollmachten, Testament, Bestattung: 5 Fragen, auf die Sie Antworten haben sollten

von A&W Online

Mann schreibt Testament
Foto: wirojsid - stock.adobe.com

Niemand denkt gerne an Tod, Unfall oder Krankheit. Passieren kann so etwas aber trotzdem immer. Mit guter Vorbereitung wird man im Ernstfall nach den eigenen Vorstellungen behandelt und stürzt Angehörige nicht ins Chaos.

Sind Sie schon einmal zur Probe gestorben? Was makaber klingt, ist ein ganz nüchternes Gedankenexperiment, um sich und die einem Nahestehenden auf Notfälle vorzubereiten. Denn so lässt sich schnell herausfinden, ob wichtige Vorkehrungen getroffen sind und keine unlösbaren Aufgaben hinterlassen werden. Und es muss ja nicht immer gleich der plötzliche Herztod oder ein Schlaganfall sein, der einen zum geschäftsunfähigen Pflegefall macht. Denn auch ein Unfall mit mehrwöchigem Koma, aus dem man wieder erwacht, verursacht ohne Vorsorge schwierige Folgen. Wer darf für mich mit Banken und Versicherungen sprechen? Hat eine Vertrauensperson das Sagen bei medizinischen Fragen? Was passiert mit meinem Vermögen, wenn ich länger nichts entscheiden kann oder versterbe? Auf diese fünf Fragen sollten Sie für solche Situationen Antworten finden:

1. Vor welchen Herausforderungen stehen Angehörige in den ersten Tagen?

„Gerade bei unerwarteten Schicksalsschlägen fallen Angehörige erstmal in ein tiefes Loch“, sagt Marcus Kurz, zertifizierter Finanz- und Erbschaftsplaner beim Berliner Vermögensverwalter Hansen & Heinrich AG. Aber genau in dieser ersten Zeit müssen unter Umständen lebenswichtige medizinische Fragen entschieden, finanzielle Verpflichtungen weiter erfüllt oder Dinge mit Versicherungen geklärt werden. Deswegen macht es absolut Sinn, für so einen Fall eine Notfallmappe zusammenzustellen, die alle dafür notwendigen Dokumente und Informationen enthält. Hier werden zum Beispiel die Kontaktdaten der behandelnden Ärzte, die bestehenden Bankverbindungen und Versicherungspolicen gesammelt. Sehr hilfreich können auch Zugangsdaten zum Onlinebanking, Smartphone und E-Mailpostfach sein (s. Servicekasten Notfallmappe unten).

2. Können Vertrauenspersonen im Notfall für Sie durch Vollmachten handeln?

Was Vielen nicht bewusst ist: Selbst die Ehefrau oder Kinder bekommen bei fehlenden Vollmachten an vielen Stellen noch nicht mal Auskünfte und können schon gar nicht für einen vollumfänglich handeln. „Wer zum Beispiel keine Bankvollmacht hat, kann keine Zahlungen anweisen oder ein wichtiges Konto im Blick behalten“, sagt Mathias Dopfer, Erbschafts- und Stiftungsplaner bei der AnCeKa Vermögensbetreuungs AG mit Standorten in Memmingen und Kaufbeuren. Das beginnt beim Zugriff auf das Familienkonto, um den laufenden Bedarf weiter bestreiten zu können und geht bis zur Generalvollmacht eines Unternehmers, die es Angehörigen erst ermöglicht, den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten.

3. Haben Sie Regelungen getroffen, wer medizinische Entscheidungen für Sie trifft oder in einer Pflegesituation bestimmen soll?

Je klarer die Dinge geregelt sind, desto besser können Vertraute handeln. Das entlastet nicht nur Angehörige im Ernstfall, sondern garantiert einem selbst auch in einer Pflegesituation oder bei medizinischen Fragen, ein gewisses Maß an Selbstbestimmtheit zu wahren. Deswegen ist es sehr empfehlenswert, im Notfallpaket auch Dinge wie eine Betreuungsvollmacht und Patientenverfügung zu hinterlegen. „Denn wenn hier nichts bestimmt ist, bürdet man seinen Hinterbliebenen eine enorme Verantwortung auf oder überlässt sich völlig dem Urteil Fremder“, sagt AnCeKa-Experte Mathias Dopfer. Es schadet sicher nicht, sich hier vom Notar oder Hausarzt unterstützen zu lassen. Aber selbst ein ausgefüllter Vordruck aus dem Internet ist im Zweifelsfall besser, als gar keine Vorsorge für solche Fälle zu treffen.

4. Wie wichtig ist es, die Erben zu qualifizieren, damit sie nicht überfordert sind?

„Zunächst gilt es, mit den Menschen zu reden, ob sie in diese Fußstapfen überhaupt treten möchten“, rät Erbschaftsexperte Kurz von Hansen & Heinrich, „idealerweise wird das dann angegangen, solange man selbst noch fit ist.“ Wenn es darum geht, noch zu Lebzeiten nicht jede Kontrolle aufzugeben oder potenzielle Erben erst noch die nötige Reife erlangen zu lassen, gibt es verschiedenste Möglichkeiten. „Ein beliebtes Mittel sind hierzu Nießbrauchregelungen, die einige aus dem Immobilienbereich kennen“, sagt Mathias Dopfer von AnCeKa (s. Interview). Hier wird zum Beispiel vereinbart, dass das Wohnhaus der Eltern bereits dem Nachwuchs gehören soll, aber die lebenslange Nutzung vorbehalten wird. Was Viele nicht wissen: So etwas geht zum Beispiel auch für ein Aktiendepot, bei dem dann die Erträge für die Altersvorsorge genutzt werden können. Weiterer Vorteil: Das übertragene Vermögen darf nicht einfach vom Beschenkten ausgegeben werden. Aber um das wasserdicht umzusetzen, sollte unbedingt professionelle Beratung in Anspruch genommen werden.

5. Ist Ihre Familie im Todesfall finanziell ausreichend versorgt?

„Die wichtigste Frage ist dabei, ob es überhaupt ein Testament gibt“, weiß Erbschaftsplaner Kurz. Gibt es hier ein notarielles Dokument, hat das in der Regel den Vorteil, dass kein Erbschein beantragt werden muss und schneller gehandelt werden kann. Wurde Vermögen bereits zu Lebzeiten übertragen, vereinfacht das die Sache nochmal. Ist das zudem schon über zehn Jahre her, können die Steuerfreibeträge für Erbschaften aufs Neue voll genutzt werden. Das heißt, zum Beispiel Kinder können wieder bis zu 400.000 Euro ohne Beteiligung des Fiskus erhalten. Trotzdem wird das in manchen Gegenden nicht reichen, um größere Immobilien ganz ohne Erbschaftssteuer in die nächste Generation zu übertragen. Sehr vorausschauende Erblasser können hier zum Beispiel eine Risikolebensversicherung abschließen und die Erben als Begünstigte einsetzen, damit genug flüssiges Kapital vorhanden ist. „Das geht natürlich nicht mehr in sehr hohem Alter, aber es ist nie zu spät, um noch andere Lösungen zu finden“, sagt Marcus Kurz.

Das gehört in die Notfallmappe
Egal, ob es der rote Ordner im Schrank, ein Fach im gepackten Notfallkoffer oder das sichere Bankschließfach ist – diese wichtigen Dokumente, Daten und Ansprechpersonen sollte man für Angehörige im Notfall zusammenstellen:

Eine Patientenverfügung, in der auch Personen bestimmt werden, die in medizinischen Fragen entscheiden dürfen, sollte sofort auffindbar und am besten auch in Zweitausfertigung bei Angehörigen deponiert werden. Zusätzlich die Kontaktdaten der behandelten Ärzte und ein aktueller Medikamentenplan mit wichtigen Fakten der Krankheitsgeschichte.

Weitere wichtige Dokumente:

  • Vollmachten für Vertrauenspersonen, etwa für Banken und Versicherungen, aber auch für die Fortführung von Geschäftstätigkeiten oder die Organisation von Betreuungssituationen
  • Wichtige Versicherungen, finanzielle Verpflichtungen, Verträge
  • Testament und Bestattungswünsche
  • Bankverbindungen, Notarverträge, Beteiligungen oder wertvolle Besitztümer
  • Digitale Zugänge (Zum Beispiel: Computer, E-Mailpostfach, Smartphone, Onlinebanking, Krypto-Wallet, Soziale Netzwerke, …)

Interview:

„Warten Sie nicht auf einen Schicksalsschlag!“

Niemand denkt gerne über den eigenen Tod nach. Wer aber Erbstreitigkeiten vermeiden und das eigene Vermögen in gute Hände geben will, sollte trotzdem lieber früher als später einen Plan dafür entwickeln, rät Mathias Dopfer, Erbschafts- und Stiftungsplaner bei der AnCeKa Vermögensbetreuungs AG mit Standorten in Memmingen und Kaufbeuren.

Warum ist es keine gute Idee, Regelungen für den Nachlass zu lange hinauszuschieben?

Dopfer: Notfälle kommen meist unerwartet und Angehörige sind schnell von der Situation überfordert. Ohne einen klar formulierten letzten Willen führt das dann oft zu tiefgreifenden Familienstreitigkeiten. Deswegen raten wir dazu, sich hier lieber früher als später Gedanken zu machen. Um wirklich wasserdichte Regelungen zu hinterlassen, ist es empfehlenswert, sich den Rat unabhängiger Experten einzuholen und ein Testament zu hinterlassen. Hier denken viele, die gesetzlichen Regelungen oder eine handschriftliche Abfassung des letzten Willens reicht doch. Aber das Risiko ist relativ groß, dass dadurch handlungsunfähige Erbengemeinschaften entstehen oder durch unscharfe Formulierungen letztlich doch Unklarheiten hinterlassen werden, die eine Familie gegeneinander aufbringen können.

Welcher runde Geburtstag ist ein guter Zeitpunkt, um sich mit Fragen wie Erbe, Vollmachten und Nachfolgeregelungen auseinanderzusetzen?

Dopfer: Das ist eigentlich keine Frage des Alters, denn auch in jungen Jahren können Krankheiten zu einer vorübergehenden Geschäftsunfähigkeit oder Unfälle zum Tod führen. Da ist es dann von großem Vorteil, wenn Vertrauenspersonen die entsprechenden Vollmachten haben, um zum Beispiel die Bankgeschäfte weiterzuführen oder Versicherungsangelegenheiten zu klären. Leider gehen viele solche Dinge gar nicht oder erst dann an, wenn sie einen Schicksalsschlag erleben oder es jemanden im nahen Umfeld trifft. Auch beim Thema Vererben ist eigentlich das Lebensalter weniger entscheidend, sondern die Komplexität der Situation. Gerade bei größeren Vermögen ist es zudem nicht unwichtig, auch steuerliche Aspekte zu beachten, bei denen frühzeitige Regelungen hilfreich sein können.

Ist eine frühzeitige Finanzplanung über den Tod hinaus also eher für vermögende Menschen sinnvoll?

Dopfer: Natürlich spielt das eine Rolle, wenn es um die Nutzung von Freibetragsgrenzen geht, aber eigentlich ist es eher eine Frage der familiären Situation und der Struktur als von Vermögenshöhe. Eine alleinstehende Witwe, die etwas auf dem Konto oder in einem Depot gespart hat und im selbst genutzten Eigenheim wohnt, in das nach dem Tod das einzige Kind einziehen soll, muss wenig regeln. In einer Patchwork-Lebensgemeinschaft mit Abkömmlingen aus erster Ehe und einem Haus, das einem der Partner gehört, aber der andere im Todesfall dort weiter wohnen können soll, ist das schon nicht mehr so einfach. Selbst bei überschaubarem Vermögen ist es im Zweifel besser, klare Regelungen zu treffen. Sonst kann selbst bei einem Schrebergarten und drei Kindern Streit ausbrechen. Klar, wenn jemand mit mehreren Erbberechtigten natürlich noch zusätzlich ein paar Baugrundstücke besitzt, ein großes Ferienhaus im Ausland hat und eine Unternehmensbeteiligung sein Eigen nennt, wird die Sache nicht weniger komplex und sollte möglichst geordnet übergeben werden.

Welche Rolle spielt das Thema Inflation und neue Immobilienbewertungen fürs Vererben?

Dopfer: Tendenziell steigen die Preise aller Vermögenswerte über die Jahre, das gilt nicht nur für Immobilien, sondern auch für Aktien oder verzinste Geldvermögen. Da aber der Freibetrag etwa für Kinder in Höhe von 400.000 Euro seit mehr als einem Jahrzehnt unverändert ist, kann unter dem Strich immer weniger steuerfrei vererbt werden. Allerdings leben diese Freibeträge zehn Jahre nach einer Schenkung zu Lebzeiten erneut auf. Da ist es eine Überlegung wert, nicht zu lange abzuwarten, insbesondere angesichts der zuletzt deutlich anziehenden Geldentwertung. Steuerliche Aspekte sollten aber besser nicht die Hauptrolle spielen. Jeder Schenkende sollte sich seiner Sache sicher sein, denn einmal Übertragenes wieder zurückzuholen ist schwierig.

Wie sichert man die eigene finanzielle Versorgung, wenn man schon zu Lebzeiten Vermögen überträgt?

Dopfer: Natürlich ist es wichtig, dass man seinen Willen rechtzeitig regelt, aber niemand sollte sich arm schenken. Bevor es also ans Aufteilen geht, sollte die eigene Vermögenssituation möglichst umfassend analysiert und eine ausreichende finanzielle Reserve zurückbehalten werden. Zudem ist es möglich, Vermögen zu übertragen, sich aber die Nutzung vorzubehalten. Solche Nießbrauchmodelle kennen viele von Immobilien, die an die Kinder überschrieben werden. Die Eltern behalten sich dabei ein lebenslanges Wohnrecht vor oder können mögliche Mieteinnahmen in die Altersvorsorge einfließen lassen. Was vielen nicht bewusst ist, so etwas gibt es zum Beispiel auch für Aktiendepots. Zudem hat das noch einen steuerlichen Vorteil, der Nießbrauchvorbehalt reduziert den für die Freibeträge angesetzten Wert des übertragenen Vermögens je nach Lebensalter des Schenkers.

Wie wichtig ist es, Nachfolger quasi zu qualifizieren, dass sie mit dem Nachlass nicht überfordert sind?

Dopfer: Große Geldvermögen einem jungen Erwachsenen zur freien Verfügung zu überlassen, kann diesen schnell überfordern. Nur die wenigsten haben schon in jungen Jahren den Weitblick, sich nicht auf Konsumversuchungen vom schnellen Auto bis zum Luxusurlaub einzulassen. Es gibt hier verschiedene Lösungen, die Vermögensnachfolger Schritt für Schritt heranzuführen. Neben den bereits erwähnten Nießbrauchmodellen gibt es auch andere vertragliche Lösungen, dass über Vermögen erst ab einem festgelegten Alter vollständig verfügt werden kann. Wir haben zudem gute Erfahrungen gemacht, wenn potentielle Erben möglichst frühzeitig bei Anlageentscheidungen und Gesprächen mit Fachleuten eingebunden werden. Nach einer gewissen Zeit stellt sich dann bei Vielen eine Reife ein, die eine gute Grundlage für die Zukunft ist, wenn Entscheidungen irgendwann allein getroffen werden.

Autor: Florian Junker

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