Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Klinik

Wie die aktuelle Statistik zeigt, liegt die Gesamtzahl der Gutachten zu Behandlungsfehlervorwürfen bundesweit seit Jahren auf dem Niveau von etwa 14.000 Fällen pro Jahr. Im vergangenen Jahr bestätigte der Medizinische Dienst in 4.099 Fällen einen Fehler. In 3.550 Fällen wurde ein Fehler mit Schaden bestätigt. Dass der Fehler Ursache des Schadens war, stellten die Gutachter außerdem in 2.826 Fällen fest.

In diesen Fachgebieten gab es die meisten Fehlbehandlungen

Zwei Drittel der Fälle betrafen Behandlungen in der stationären Versorgung, zumeist in Krankenhäusern (9.293 Fälle). Knapp 31 Prozent aller Vorwürfe (4.337 Fälle) traten in der Orthopädie und Unfallchirurgie auf. 12 Prozent fielen auf die Innere Medizin und Allgemeinmedizin (1.634 Fälle), neun Prozent auf die Allgemein- und Viszeralchirurgie (1.296 Fälle). Ebenfalls neun Prozent (1.198 Fälle) betrafen die Zahnmedizin, acht Prozent die Frauenheilkunde und Geburtshilfe (1.128 Fälle) und sechs Prozent die Pflege (899 Fälle). Rund 25 Prozent der Vorwürfe bezogen sich auf 29 weitere Fachgebiete.

Zwei Drittel der Schäden sind vorübergehend

Bei zwei Drittel (66,8 Prozent) der begutachteten Fälle waren die Gesundheitsschäden vorübergehend. Das bedeutet dennoch, dass eine Intervention oder ein Krankenhausaufenthalt notwendig war oder verlängert werden musste. Bei rund einem Drittel der Fälle wurde ein Dauerschaden verursacht. In knapp drei Prozent der Fälle (82) hat ein Fehler zum Versterben der Patientin oder des Patienten geführt oder wesentlich dazu beigetragen.

„Unsere Zahlen zeigen nur einen kleinen Ausschnitt eines Problems, das engagierter angegangen werden muss“, sagt Dr. Stefan Gronemeyer, Geschäftsführer des MDS. „Wir brauchen endlich systematische Anstrengungen zur Reduzierung vermeidbarer unerwünschter Ereignisse, die schwere Schädigungen verursachen können.“ Dazu gehören zum Beispiel Patienten- und Seitenverwechslungen, Medikationsfehler oder zurückgebliebene Fremdkörper nach Operationen.

Unabhängige Patientenberatung kritisiert ärztliche Kommunikation

Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) sieht zudem mangelnde Kommunikation als großes Problem. „Ratsuchende berichten uns immer wieder, dass Ärztinnen und Ärzte nicht offen mit ihnen kommunizieren und sie sich mit ihren Sorgen, Ängsten und Zweifeln nicht ernst genommen fühlen“, sagt Thorben Krumwiede, Geschäftsführer der UPD.

Tatsächlich sind Ärzte nicht dazu verpflichtet, auf einen möglichen Behandlungsfehler hinzuweisen. Vor Schuldeingeständnissen gegenüber den Patienten wird eher gewarnt. Nach aktueller Rechtslage müssen Ärztinnen und Ärzte lediglich in zwei Fällen über einen möglichen Behandlungsfehler informieren: Wenn Betroffene konkret nachfragen oder aber wenn der Arzt oder die Ärztin dadurch einen gesundheitlichen Schaden abwenden könnte.

Gute Gespräche statt Rechtsstreitigkeiten

Betroffene haben aber oft Hemmungen, das Problem selbst anzusprechen. Nach Zahlen aus dem TK-Monitor Patientensicherheit geben bei Verdacht nur 40 Prozent der Patientinnen und Patienten die Vermutung auch weiter. Dabei glaubt mehr als jeder oder jede Vierte (27 Prozent), selbst schon einmal einen Behandlungsfehler erlitten zu haben.

Nur ein Prozent der Betroffenen wendet sich an eine Patientenberatungsstelle. Die meisten davon haben zuvor im Gespräch mit den Ärzten vor allem Antworten auf ihre Fragen vermisst, fühlten sich aus angeblichen Zeitgründen abgewimmelt oder geradezu abschätzig behandelt. Aus Sicht der Unabhängigen Patientenberatung ließen sich durch eine bessere Kommunikation deshalb Rechtsstreitigkeiten vielfach vermeiden: “Denn viele Betroffene wünschen sich eine offene Kommunikation. Eine Entschuldigung reicht ihnen möglicherweise bereits aus.”