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Klinik

Nicht nur Ärzte haben unter aggressiven Patienten zu leiden: Auch Gewalt gegen Pflegende in Notaufnahmen ist in Deutschland an der Tagesordnung – und ein Thema, das im Klinikalltag oft tabuisiert wird.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse von H. Schuffenhauer und G. Güzel-Freudenstein. Die Autorinnen haben Pflegende in der Notaufnahme anhand eines quantitativen Fragebogens zu ihren Erfahrungen, Anregungen und Wünschen befragt und die Ergebnisse in ASU – Zeitschrift für medizinische Prävention veröffentlicht.

Die Untersuchung zeigt, dass das Pflegepersonal in Notaufnahmen zwar in erster Linie mit verbaler Gewalt konfrontiert ist, aber auch körperliche Übergriffe sind keine Seltenheit. Auch die Ursachen der Missstände kommen in der Erhebung zur Sprache.

Junge betrunkene Männer verursachen die größten Probleme

Die meisten Patientenübergriffe führen die Befragten auf Alkohol zurück (wobei Mehrfachnennungen möglich waren). Mit 24 Prozent geht fast ein Viertel der Attacken auf übermäßiges Trinken zurück. An zweiter Stelle folgt mit 16 Prozent der Unmut über (vermeintlich) zu langen Wartezeiten. In zwölf Prozent der Fälle resultieren Pöbeleien oder Tätlichkeiten daraus, dass die Patienten desorientiert und dement sind. Mit zehn Prozent spielen auch die Persönlichkeitsmerkmale des Patienten eine wesentliche Rolle, ebenso wie unfreiwillige Behandlungen und die Anwendung freiheitsentziehender Maßnahmen – etwa nach Anordnungen durch die Polizei (neun Prozent).

Auffallend ist auch, welche Gruppe sich am aggressivsten verhält: Gewalt geht mehrheitlich von männlichen Patienten (72 Prozent) im jungen Erwachsenalter bis 39 Jahre aus (38 Prozent). Mehr als die Hälfte von ihnen (56 Prozent) ist nichtdeutscher Herkunft. Die 40- bis 49-Jähigen verhalten sich deutlich friedvoller, erst ab dem 70. Lebensjahr ist wieder ein leichter Anstieg der Aggression zu erkennen.

Was sich im Klinikalltag ändern sollte

Angesprochen darauf, wie sich unschöne Szenen in den Notaufnahmen vermeiden ließen, machten die Befragten zahlreiche konkrete Anregungen.
Fast ein Drittel (30 Prozent) des Pflegepersonals sprach sich für die Implementierung eines (besseren) Sicherheitsdienstes aus, 15 Prozent plädierten für mehr technische Maßnahmen, insbesondere geschlossene Eingangstüren. Alarmknöpfe wünschen sich 13 Prozent.

Mehr Überwachungskameras halten vier Prozent der Befragten für sinnvoll, drei Prozent schlagen Separationsmöglichkeiten für Patienten vor. Auf organisatorischer Ebene steht bei sechs Prozent der Befragten mehr Personal auf der Wunschliste, bei drei Prozent eine bessere Ausstattung mit Fixiermaterialien. Die Möglichkeit, Hausverbote zu erteilen, wünschen sich zwei Prozent. Ein bis drei Prozent der Befragten halten zudem Selbstverteidigungskurse oder die Ausstattung mit Pfefferspray für sinnvoll.

Zusätzlich wurden Teamschulungen, Fixierschulungen sowie spezielle Fortbildungen genannt, um sich besser auf Patientenübergriffe vorzubereiten.