Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Vertragsrecht

Praxismietverträge sind gewerbliche Mietverträge. Die mieterfreundlichen gesetzlichen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über Wohnraummietverträge gelten nicht. Der Grund: Im Gewerbemietrecht stehen sich Vermieter und Mieter grundsätzlich auf Augenhöhe gegenüber. Zumindest in der Theorie, denn Ärztinnen und Ärzte sind keine Profis im Abschließen von Mietverträgen. Dass sie wichtige Punkte übersehen haben, bemerken viele erst dann, wenn Veränderungen anstehen oder es zu Problemen mit dem Vermieter kommt. Die zehn häufigsten Fehler.

1. Gewerbemietvertrags-Muster verwendet

Einer der häufigsten Fehler beim Abschluss eines Praxismietvertrags ist es, irgendein Mietvertragsmuster aus dem Handel oder dem Internet zu verwenden oder einfach den Mustermietvertrag zu unterschreiben, den der Vermieter vorlegt. Mustermietverträge sind nicht auf die individuellen Bedürfnisse von Ärztinnen und Ärzten zugeschnitten. Besonderheiten wie etwa ein Sonderkündigungsrecht bei Berufsunfähigkeit kommen darin nicht vor. Daher ist es unerlässlich, einen Praxismietvertrag individuell zu verhandeln.

2. Einen unbefristeten Mietvertrag geschlossen

Ärzte wollen Planungssicherheit. Da klingt es vernünftig, einen Mietvertrag auf unbefristete Zeit zu schließen. Das ist jedoch ein Trugschluss. Denn ein unbefristetes Gewerbemietverhältnis kann jederzeit ohne Angabe von Gründen ordentlich gekündigt werden. Ist nichts anderes vereinbart, gilt die gesetzliche Kündigungsfrist des § 580a BGB. Die Kündigung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendervierteljahres zum Ablauf des nächsten Kalendervierteljahres zulässig. Es gilt also eine sechsmonatige Kündigungsfrist. Das ist extrem kurz und kann für Ärzte existenzgefährdend sein. Besser ist es, einen befristeten Mietvertrag über zehn Jahre zu schließen mit der Option einer Verlängerung um jeweils fünf Jahre. Dann ist eine ordentliche Kündigung vor Ende der Vertragslaufzeit ausgeschlossen. Falls Ärzte einen unbefristeten Mietvertrag schließen, sollten sie unbedingt vertraglich eine längere Kündigungsfrist als die gesetzliche vereinbaren.

3. Die Schriftform nicht beachtet

Formfehler in Gewerbemietverträgen gehören zu den Dauerbrennern. Schon ein kleiner Formfehler kann dazu führen, dass der Mietvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen gilt und der Vermieter ihn mit gesetzlicher Frist von sechs Monaten kündigen kann, auch wenn eine feste Laufzeit von zehn Jahren vereinbart wurde. Gewerbemietverträge mit einer längeren Laufzeit als einem Jahr müssen zwingend schriftlich abgeschlossen werden (§ 550 BGB), also mit eigenhändiger Unterschrift beider Parteien. Ein Mietvertrag per E-Mail entspricht nicht der Schriftform. Auch mündliche Vereinbarungen sind Schall und Rauch. Besonders wichtig: Alle Anhänge müssen fest mit dem Vertrag verbunden sein. Auch Nachträge und Ergänzungen bedürfen der Schriftform und müssen fest verbunden werden.

4. Mietzweck nicht konkretisiert

Im Gewerbemietvertrag sollte klar benannt werden, zu welchem Zweck die Räume angemietet werden, also „zum Betrieb einer internistischen Praxis“ oder „zum Betrieb einer orthopädischen Praxis“. Denn der Vermieter ist verpflichtet, die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu übergeben und zu erhalten. Dazu kann etwa ein Starkstromanschluss gehören oder die Eignung zur Installation von Röntgengeräten. Zu klären ist dabei auch, wer die dafür erforderlichen Genehmigungen einholt und die anfallenden Kosten trägt. Auch die Möglichkeit der Nutzung der Räume als Labor sollte vertraglich aufgenommen werden – sonst kann der Vermieter sie untersagen.

5. Eine Konkurrenzschutzklausel vergessen

Nichts ist ärgerlicher, als wenn sich neben der eben eröffneten Praxis ein Arzt derselben Fachrichtung niederlässt. In jeden Praxismietvertrag gehört daher eine sogenannte Konkurrenzschutzklausel. Mit dieser verpflichtet sich der Vermieter, innerhalb des Hauses oder eines festgelegten Umkreises, Immobilien in seinem Eigentum während der Dauer des Mietvertrags nicht an Ärzte derselben Fachrichtung zu vermieten. Zwar hat der Bundesgerichtshof 2012 festgestellt, dass ein Mietmangel vorliegen kann, wenn ein Vermieter im selben Objekt an einen Arzt derselben Fachrichtung vermietet. Es besteht also auch ohne vertragliche Vereinbarung ein vertragsimmanenter Konkurrenzschutz. Dennoch empfiehlt es sich, eine entsprechende Klausel in den Vertrag aufzunehmen, um Klarheit zu schaffen.

6. Kein Sonderkündigungsrecht vereinbart

Ein auf zehn Jahre geschlossener Mietvertrag kann nicht ordentlich gekündigt werden. Das bietet Praxisinhabern zwar Sicherheit, kann aber zum Stolperstein werden, wenn Ärzte beispielsweise berufsunfähig werden oder ihre Kassenzulassung verlieren. Denn dies stellt grundsätzlich keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung des Mietvertrags dar. Der Arzt müsste also die Praxismiete bis zum Ende der Mietzeit weiterzahlen, obwohl er nicht mehr praktiziert. Daher ist es extrem wichtig, ein Sonderkündigungsrecht für die genannten Fälle zu vereinbaren.

7. Sozietätsklausel und Erbklausel vergessen

Nach dem Start in der eigenen Praxis kann der Wunsch entstehen, einen Kollegen oder eine Kollegin aufzunehmen, um eine Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft zu gründen. Doch der Vermieter kann einen Strich durch die Rechnung machen, wenn eine entsprechende Erweiterungsklausel im Mietvertrag fehlt: Er kann die Zustimmung verweigern. Das gilt natürlich auch im umgekehrten Fall: Wer mit Kollegen in einer Gemeinschaftspraxis startet, kann durch Streit oder Krankheit zu Veränderungen gezwungen sein. Auch hierfür sollte vertraglich vorgesorgt werden. Verstirbt der Arzt, haben sowohl der Mieter als auch der Vermieter das Recht, den Mietvertrag mit einer Kündigungsfrist von einem Monat außerordentlich zu kündigen, auch wenn eine feste Laufzeit vereinbart ist (§ 580 BGB). Diese Frist ist in der Regel viel zu kurz, als dass die Erben die Praxis an einen Nachfolger verkaufen könnten. Daher sollte der Praxismietvertrag auch eine Erbklausel enthalten, die das Kündigungsrecht des Vermieters ausschließt oder modifiziert.

8. Keine Nachfolgeregelung vereinbart

Einer der finanziell folgenreichsten Fehler ist es, keine Nachfolgeregelung im Vertrag zu treffen, die es dem Arzt erlaubt, einen Nachmieter derselben Fachrichtung zu stellen, der in den bestehenden Vertrag eintritt. Fehlt diese Klausel, kann die Praxis bei einer Praxisabgabe etwa aus Altersgründen nicht unabhängig vom Vermieter verkauft werden. Stimmt der einem Mieterwechsel nicht zu, steht die Praxis an diesem Standort vor dem Aus, was eine erhebliche Minderung des Praxiswerts bedeuten würde.

9. Keine Regelung zum Praxisschild aufgenommen

Unbedingt nachverhandeln:
Wer feststellt, dass wichtige Punkte im Praxismietvertrag nicht geregelt sind, sollte versuchen, mit dem Vermieter nachzuverhandeln, um möglichen Schaden zu vermeiden — vor allem bei Formfehlern.

Für Freiberufler gilt zwar, dass sie auch ohne vertragliche Regelung berechtigt sind, ein Praxisschild mit ihrem Namen und den Sprechzeiten an der Außenwand des Gebäudes zu befestigen. Auch ein Schild, das nach einem Umzug auf die neue Adresse hinweist, muss der Vermieter bis zu sechs Monate dulden. Das haben Gerichte bereits entschieden. Um allerdings Klarheit über diese Verpflichtungen des Vermieters zu schaffen und Streit über Art und Größe des Schilds zu vermeiden, empfiehlt es sich, eine entsprechende Regelung in den Praxismietvertrag aufzunehmen.

10. Rückbaupflichten des Vormieters übernommen

Viele Ärzte übernehmen die Praxis eines Vorgängers und treten in den bestehenden Mietvertrag ein. In der Euphorie werden dabei häufig Rückbaupflichten übersehen. Das bedeutet, dass der neue Praxisinhaber bei Beendigung des Mietverhältnisses auch solche baulichen Änderungen auf eigene Kosten zurückbauen muss, die vor vielen Jahren vom Vormieter vorgenommen wurden. Denn der Mieter muss die Mietsache im ursprünglichen Zustand zurückgeben. Solche bösen Überraschungen lassen sich nur vermeiden, wenn Ärztinnen und Ärzte vor der Übernahme einer Praxis den Mietvertrag genau prüfen und festhalten, welche Pflichten sie treffen. Um Streitigkeiten zu vermeiden, sollte geregelt werden, ob und inwieweit ein Rückbau erfolgen muss.

Praxis-Tipp: Gut vorbereitet in die Vertragsverhandlungen
Wenn Sie eine Praxis neu anmieten möchten, planen Sie die Vertragsgestaltung bereits im Vorfeld. Machen Sie sich Gedanken darüber, welche vertraglichen Punkte Ihnen wichtig sind und auf welche Sie eventuell verzichten können. Formulieren Sie für sich auf einem Papier, welche Anforderungen der Mietvertrag für Ihre Traumpraxis erfüllen muss. Machen Sie sich auch Gedanken darüber, wo Ihre roten Linien liegen, also Punkte, die für Sie nicht verhandelbar sind und bei denen Sie die Vertragsverhandlungen abbrechen müssen.
Mit einem solchen Eckpunktepapier können Sie gut vorbereitet und selbstbewusst in die Verhandlungen über Ihren Praxismietvertrag einsteigen. Am besten ist es, wenn Sie selbst einen Vertragsentwurf vorlegen können. Erkundigen Sie sich beim Vermieter. Die Partei, die den Vertragsentwurf stellt, hat in der Regel die größeren Einflussmöglichkeiten. Seien Sie vorsichtig, wenn der Vermieter Ihnen einen vorformulierten Mustervertrag vorlegt. Dieser passt meist nicht für Ihre individuelle Situation. Ganz wichtig: Lassen Sie sich vom Vermieter nicht unter Druck setzen und nehmen Sie sich die Zeit, die Sie benötigen, damit der Mietvertrag für Sie passt. Im besten Fall lassen Sie den Praxismietvertrag vor der Unterschrift von einem im Miet- und Medizinrecht erfahrenen Rechtsanwalt prüfen.