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Tumoren des zentralen Nervensystems können im Gehirn, Rückenmark und den Hirnnerven lokalisiert sein und sind sehr selten. Sie treten vor allem bei Kleinkindern und alten Menschen ab 65 Jahren auf. Im Kindesalter sind ZNS-Tumoren, nach den Leukämien, die zweithäufigste Krebserkrankung. Die Therapie der Wahl besteht häufig in der operativen Entfernung des Tumors.

Um die genaue Tumorart und seine Aggressivität zu bestimmen, ist eine histologische oder molekularbiologische Untersuchung einer Biopsie notwendig. In vielen Fällen passiert dies erst bei der Tumorresektion. Bis die Ergebnisse vorliegen dauert es meistens bis zu einer Woche.

Analyse in weniger als 90 Minuten

Forscher des niederländischen Oncode Institutes Utrecht und Forscher verschiedener medizinischer Universitätseinrichtungen haben jetzt eine KI-Technologie entwickelt, mit der es möglich ist, noch während der Operation das Tumorgenom in weniger als 90 Minuten zu analysieren. Die Forschungsergebnisse hat das renommierte Fachmagazin „Nature“ veröffentlicht.

Diese neue KI-basierte Technik ermöglicht es den Ärzten, noch während der Operation zu entscheiden, wie weit im Gesunden sie den Tumor resezieren müssen. Gerade bei Operationen im Gehirn ist es wichtig, nicht zu viel gesundes Gewebe zu entfernen, um mögliche neurologische Folgeschäden so klein wie möglich zu halten. Auf der anderen Seite könnte, gerade bei sehr aggressiven Tumoren, eine ausreichend weite Resektion eine erneute Operation überflüssig machen.

Test an Biobankproben und während Gehirnoperationen

Mithilfe der Nanoporen-DNA-Sequenzierung ist es möglich DNA in Echtzeit auszuwerten. Die Forscher haben den Algorithmus „Sturgeon“ entwickelt und mit simulierten Nanoporen-Analysen trainiert. Mit vorhandenen Proben aus der Biodatenbank des Princess Maxima Centers für pädiatrische Onkologie in Utrecht, die einer Sequenzierung von 20 bis 40 Minuten entsprachen, haben sie Sturgeon danach getestet. Dabei klassifizierte der Algorithmus 45 von 50 Proben von ZNS-Tumoren korrekt.

Anschließend haben die Forscher Sturgeon in zwei Kliniken intraoperativ bei 25 ZNS-Tumorresektionen eingesetzt – 20 der Operationen fanden an Kindern statt. Dabei dauerte die Diagnosestellung des Algorithmus weniger als 90 Minuten und war bei 18 Tumoren richtig.

“Es ist wunderbar, dass wir den Schritt in die klinische Praxis tatsächlich schaffen konnten, indem wir alle Fachbereiche zusammengebracht haben, von Grundlagenforschern über Pathologen bis hin zu Chirurgen“, sagt Jeroen de Ridder, Forschungsgruppenleiter an der medizinischen Universität Utrecht und am Oncode Institute. „Auf diese Weise können wir Chirurgen helfen, das Ergebnis der Hirntumoroperation zu optimieren.“

Quelle: Pressemitteilung des Oncode Institutes