Psychedelika: Legaler Einsatz kaum möglich
Ina ReinschPsychedelika wie Psilocybin oder LSD erleben gerade eine Renaissance. Es wird wieder vermehrt geforscht, einige Substanzen könnten außerhalb Deutschlands bald einen Wiedereinzug in die Therapie erleben.Derzeit sind mit diesen Substanzen aber erhebliche strafrechtliche Risiken verbunden.
Schon 2025 könnte MDMA/Ecstasy in den USA eine Marktzulassung als Arzneimittel erhalten. Die Schweiz und Australien erlauben jetzt schon die Behandlung mit Psychedelika mit einer Sondererlaubnis. Die Substanzen kommen nach jahrzehntelanger Verdammnis aus der Schmuddelecke heraus. Man entdeckt ihr therapeutisches Potenzial neu, experimentiert und forscht. Doch was bedeutet das für Ärztinnen und Ärzte?
Das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) untersagt jeglichen Umgang mit den in Anlage 1 genannten Stoffen mit Ausnahme des Konsums. Ärzte machen sich also strafbar, wenn sie die Substanzen abgeben, verabreichen oder zum unmittelbaren Verbrauch überlassen. Es droht eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe.
Praktisch kaum Möglichkeiten für Therapieversuche
Nach § 13 Absatz 1 BtMG ist jeder therapeutische Umgang mit Mitteln der Anlage 1 verboten – von wenigen Ausnahmen abgesehen. So kann das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für wissenschaftliche oder im öffentlichen Interesse liegende Zwecke ausnahmsweise eine Erlaubnis erteilen. Darunter falle laut Bundesverfassungsgericht auch eine Krankheitsbehandlung. Das öffentliche Interesse liegt dann vor, wenn die Erkrankung durch die Behandlung mit dem Betäubungsmittel geheilt oder zumindest gelindert werden kann und dem Betroffenen keine gleich wirksame Therapiealternative zur Verfügung steht. Die Erteilung der Erlaubnis liegt jedoch im Ermessen der Behörde. Früher wurde die Verschreibung von Medizinalcannabis für Schmerzpatienten auf diese Norm gestützt. Heute entbrennt an ihr der Streit um Pentobarbital zur Selbsttötung. Theoretisch könnten Therapieversuche mit Psychedelika auf diese Vorschrift gestützt werden. Die Vergangenheit zeigt aber, dass sie vom BfArM äußerst restriktiv ausgelegt wird.
Eine weitere, zumindest theoretische Möglichkeit, Psychedelika zu Therapiezwecken einzusetzen, liegt derzeit im sogenannten Compassionate Use, also dem Einsatz noch nicht zugelassener Arzneimittel zur Behandlung von schweren Erkrankungen nach dem Arzneimittelgesetz. Voraussetzung ist, dass es sich um eine Erkrankung handelt, die zu einer schwerwiegenden Behinderung führen kann oder lebensbedrohlich ist. Zudem muss sie durch ein zugelassenes Arzneimittel nicht zufriedenstellend behandelt werden können. Zusätzlich müssen ausreichende Hinweise auf die Wirksamkeit und Sicherheit des Arzneimittels vorliegen und es muss kostenlos abgegeben werden. Auch hier liegen die Hürden sehr hoch.
Schließlich könnten Ärztinnen und Ärzte derzeit noch den Weg über den rechtfertigenden Notstand einschlagen. Sind Gefahren für die Gesundheit eines Patienten nicht anders abwendbar als durch die Gabe von Betäubungsmitteln, könnten sich Ärzte auf den rechtfertigenden Notstand nach § 34 Strafgesetzbuch berufen. Doch auch hier dürften die Erfolgsaussichten vor Gericht eher gering sein. Auch wenn es rechtsdogmatisch nicht überzeugend begründbar ist, neigen Gerichte derzeit eher dazu, die Norm im Betäubungsmittelrecht nicht anzuwenden.
Große Risiken bei Untergrundtherapien
Es gibt vereinzelt Ärztinnen und Ärzte, die Psychedelika unerlaubterweise verabreichen. Ihnen drohen aber, wie eingangs erwähnt, Strafen. Darüber hinaus haften sie für gesundheitliche Schäden des Patienten. Verstirbt ein Patient infolge der Verabreichung, stehen auch Körperverletzungs- und Tötungsdelikte im Raum. Daneben droht ein Berufsverbot. Daher muss nach der geltenden Rechtslage davon abgeraten werden, solche Therapieversuche zu unterstützen. Auch der Gebrauch von selbst mitgebrachten und selbst beschafften Substanzen unter ärztlicher Aufsicht birgt für Ärztinnen und Ärzte erhebliche Risiken. Dies könnte als Teilnahme an der Betäubungsmittelstraftat des Patienten gewertet werden.
Das sagen die Gerichte
Im Jahr 2009 leitete ein Berliner Arzt eine sogenannte psycholytische Gruppentherapie. Die Teilnehmenden erhielten vorportionierte Gaben von MDMA/Ecstasy, die sie unmittelbar einnahmen. Durch einen nicht genau aufgeklärten Wiegefehler des Arztes kam es zu einer Überdosierung. Zwei Patienten starben, ein weiterer lag im Koma. Der Arzt wurde 2011 wegen Überlassens von Betäubungsmitteln mit Todesfolge zu einer Haftstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt und erhielt ein lebenslanges Berufsverbot.