Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Abrechnung

In der Vergangenheit war die Verbreitung von MRSA fast ausschließlich an die besonderen Bedingungen von Krankenhäusern und stationären Pflegeeinrichtungen in Industrieländern gebunden: Der häufig übermäßige (ungezielte) Einsatz von Antibiotika begünstigte die Entwicklung des multiresistenten Erregers. Laut Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) waren in früheren Jahren in Deutschland ungefähr 20 Prozent aller in Krankenhäusern untersuchten Staphylococcus-aureus-Bakterien multiresistent.

Vorkommen und Verbreitung sind nicht nur auf Krankenhäuser beschränkt

Auch wenn mittlerweile ein Rückgang des Anteils an MRSA in deutschen Krankenhäusern und Pflegeheimen zu verzeichnen ist, so mehren sich doch die Fälle, in denen sich Menschen außerhalb solcher Einrichtungen infizieren, und zwar mit sogenannten Community-assoziierten MRSA-Bakterien. Diese werden häufig bei Aufenthalten in Endemiegebieten erworben und hauptsächlich im familiären Umfeld verbreitet. Sie werden auch durch Flüchtlinge aus verschiedenen Krisenregionen nach Deutschland importiert.

Unser Konsumverhalten wirkt sich auch auf die Verbreitung von Erregern aus

Ferner werden zunehmend MRSA-Bakterien auch bei Nutztieren und in Lebensmitteln nachgewiesen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) schätzt das als mögliche Infektionsquellen für den Menschen ein. Dass der multiresistente Erreger bei Menschen, die in Regionen mit hoher Nutztierdichte leben, gehäuft nachgewiesen werden kann, ist bereits durch das Nationale Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen (NRZ) bestätigt.

Schwere Verläufe und eingeschränkte Behandlungsmöglichkeiten

Patienten, die sich mit dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus anstecken, erleiden vermehrt einen schweren Krankheitsverlauf (z. B. MRSA-Pneumonie, Entzündungen von u. a. Harnwegen oder Mittelohr, Abszesse). Die Behandlungsmöglichkeiten sind erheblich eingeschränkt, schließlich ist der Erreger gegen viele Antibiotika resistent, was letztendlich auch dessen Verbreitung begünstigt.

1. Diagnostik

In Anlehnung an die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) zur Diagnostik von MRSA-Risikopatienten sind im Leistungskatalog des EBM bestimmte Risikofaktoren als Indikation für eine MRSA-Diagnostik festgelegt.

Damit ein Patient als Risikopatient eingestuft beziehungsweise getestet werden kann, muss er in den letzten sechs Monaten stationär behandelt worden sein (mindestens vier zusammenhängende Tage Verweildauer) und zusätzlich

  • einen positivem MRSA-Nachweis in der Anamnese vorweisen und/oder
  • chronisch pflegebedürftig sein (mindestens Pflegestufe 1) plus eine Antibiotikatherapie in den zurückliegenden sechs Monaten beziehungsweise einen liegenden Katheter (z. B. Harnblasenkatheter, PEG-Sonde) haben und/oder
  • dialysepflichtig sein und/oder
  • ein Hautulcus, Gangrän, chronische Wunden oder tiefe Weichteilinfektionen aufweisen.

2. Behandlung

Ist der Patient MRSA-Träger, gilt grundsätzlich: Wenn keine sanierungshemmenden Faktoren (z. B. infizierte Wunde, Dialysepflicht, antibiotische Therapie) vorliegen, sollte umgehend mit der Sanierung begonnen werden. Diese beginnt mit den notwendigen medizinischen Maßnahmen zur Eradikation des MRSA und erfolgt individuell angepasst. Sie besteht abhängig von der Grunderkrankung aus der Anwendung einer antibiotischen Nasensalbe, Rachenspülung oder Tabletten sowie eines desinfizierenden Shampoos oder entsprechenden Haarspülung. Die Behandlungsdauer liegt bei fünf bis sieben Tagen.

Nach zwei bis vier Tagen Pause – das RKI empfiehlt drei Tage – muss erneut abgestrichen werden, um den Behandlungserfolg zu kontrollieren.
Ist der Abstrich positiv, muss erneut therapiert werden, ist er negativ, sollten weitere Kontrollabstriche zwischen dem dritten und sechsten Monat sowie zwischen elf bis 13 Monate nach Sanierung erfolgen. Wichtig: Bitte beachten Sie auch Abstrichergebnisse von Krankenhausaufenthalten!

Wer auch zwölf Monate nach der Sanierung einen negativen MRSA-Abstrich vorweisen kann, gilt als MRSA-frei. Er hat jedoch eine positive MRSA-Anamnese und muss wissen, dass er bei erneuter Aufnahme in ein Krankenhaus gescreent und bis zum Ausschluss prophylaktisch isoliert werden wird.

Den Zeitraum bis zum dritten negativen oder bis zum ersten positiven Kontrollabstrich bezeichnet man als Sanierungszeitraum.

3. Abrechnung nach EBM

Die Diagnostik und Behandlung von Patienten mit MRSA wird gemäß Abschnitt 30.12 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) vergütet. Voraussetzung: Leistungserbringende Ärzte müssen über eine Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) verfügen. Die Genehmigung wird erteilt, wenn die Anforderungen der Qualitätssicherungsvereinbarung MRSA gemäß
§ 135 Abs. 2 SGB V erfüllt sind.

GOP 30940

Für die Erhebung des MRSA-Status eines Risikopatienten bis sechs Monate nach Entlassung aus einer stationären Behandlung kann die GOP 30940 mit 38 Punkten (4,28 ¤) in Rechnung gestellt werden. Voraussetzt, dass die bereits unter „Diagnostik“ erwähnten Risikofaktoren als Indikation vorliegen.

Wichtig: Die Abrechnung erfordert neben einem persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt auch zwingend die saubere Erhebung und Dokumentation der Risikofaktoren. Ob Sie zusätzlich noch sanierungshemmende Faktoren erheben und dokumentieren, bleibt Ihnen überlassen. Das Gleiche gilt auch für die sektorenübergreifende (ambulant, stationär) interdisziplinäre Abstimmung und Information sowie die Indikationsstellung zur Eradikationstherapie. Bitte beachten Sie, dass die GOP 30940 nur einmal im Behandlungsfall berechnungsfähig ist.

GOP 30950

Die Bestätigung einer MRSA-Besiedelung erfolgt durch Abstrichentnahme(n) an beispielsweise Nasenvorhöfen, Rachen und/oder Wunden und wird mit der GOP 30950 (19 Punkte, 2,14 ¤) in Rechnung gestellt. Sie muss in Zusammenhang mit den GOP 30940 oder 30946 erfolgen. Alternativ kann die GOP 30950 auch zur Verlaufskontrolle nach den GOP 30942 und 30944 angesetzt werden, und zwar entweder

  • zur ersten Kontrolle frühestens drei Tage und spätestens vier Wochen nach abgeschlossener Eradikationstherapie oder
  • zur zweiten Kontrolle frühestens drei Monate und spätestens sechs Monate nach abgeschlossener Eradikationstherapie
    oder
  • zur dritten Kontrolle frühestens elf Monate und spätestens 13 Monate nach abgeschlossener Eradikationstherapie.

Wichtig: Die GOP 30950 darf nur einmal am Behandlungstag und höchstens zweimal im Behandlungsfall in Rechnung gestellt werden. Darüber hinaus setzt sie die gesicherten Diagnosen ICD-10-GM U80.0 (S. aureus mit Resistenz gegen Oxacillin, Glykopeptid-Antibiotika, Chinolone, Streptogramine oder Oxazolidinone) oder U80.00 (S. aureus mit Resistenz gegen Oxacillin oder Methicillin [MRSA]) voraus.

GOP 30952

Wird eine MRSA-Besiedelung durch Abstrich(e) ausgeschlossen, kommt die GOP 30952 (19 Punkte, 2,14 ¤) zum Tragen. Sie wird analog zur GOP 30950 eingesetzt, also zum Ausschluss eines Verdachts beziehungsweise zur Verlaufskontrolle.

Sie ist nur berechnungsfähig, wenn die Abstrichuntersuchung keinen Nachweis von MRSA aufweist und kann einmal am Behandlungstag sowie höchstens zweimal im Behandlungsfall in Rechnung gestellt werden.

GOP 30942

Die Eradikationstherapie wird mit der GOP 30942 (128 Punkte, 14,42 €) honoriert. Sie darf laut EBM nur bei Patienten angesetzt werden, die als Risikopatienten gelten und gleichzeitig nachgewiesene MRSA-Träger sind, also die gesicherten Diagnosen ICD-10-GM U80.0 oder U80.00 vorliegen. Die GOP kann alternativ auch bei positiv nachgewiesenen MRSA-Kontaktpersonen angesetzt werden, wenn für sie bestimmte Kriterien gelten (s. Kasten). Sie ist einmal im Behandlungsfall abrechenbar.

Die Abrechnung der GOP 30942 setzt neben einem persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt auch die Durch- beziehungsweise Weiterführung der Eradikationstherapie, die Einleitung, Anleitung beziehungsweise Überwachung der Standardsanierung sowie die Aufklärung und Beratung zu Hygienemaßnahmen, der Eradikationstherapie und der weiteren Sanierungsbehandlung voraus – gegebenenfalls unter Einbeziehung der Kontakt- und Bezugsperson(en). Es ist außerdem zwingend erforderlich, ein MRSA-Merkblatt (z. B. unter www.kbv.de/html/themen_
1290.php) an den Patienten auszuhändigen sowie das gesamte Prozedere sauber zu dokumentieren.

Achtung: Die Wundversorgung ist mit der GOP 30942 nicht abgegolten, sie kann extra berechnet werden.

GOP 30944

Die GOP 30944 (128 Punkte; 14,42 €) umfasst sowohl Aufklärung und Beratung eines Risikopatienten, der Träger von MRSA ist, als auch einer positiv nachgewiesenen MRSA-Kontaktperson im Zusammenhang mit der Durchführung der Leistung der Gebührenordnungsposition 30942.

Wird der infizierte Risikopatient aufgeklärt und/oder beraten, ist ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt Voraussetzung für die Abrechnung. Die Einbeziehung einer Bezugsperson des Patienten ist darin bereits enthalten. Wird eine MRSA-Kontaktperson aufgeklärt und/oder beraten, muss das Gespräch laut EBM mindestens zehn Minuten dauern. Grundsätzlich gilt: Die GOP 30944 kann je vollendete zehn Minuten abgerechnet werden, jedoch höchstens zweimal je Sanierungsbehandlung.
Sollen die GOP 30942 und 30944 nebeneinander in Rechnung gestellt werden, muss die Arzt-Patienten-Kontaktzeit mindestens 25 Minuten betragen.

Grafik GOP Ablaufdiagramm

GOP 30946

Die Abklärungsdiagnostik bei einer Kontaktperson nach erfolgloser Sanierung eines MRSA-Trägers wird mit der GOP 30946 abgerechnet und mit 30 Punkten (3,38 €) vergütet. Sie beinhaltet zwingend die Abklärungsdiagnostik und Dokumentation während eines persönlichen Arzt-Patienten-Kontakts und – fakultativ – die Bereitstellung von Informationsmaterial. Die GOP kann einmal im Behandlungsfall in Rechnung gestellt werden.

Achtung! Bei Patienten, die in Pflegeheimen und/oder in der ambulanten Pflege arbeiten, ist die GOP 30946 nicht im Rahmen ihrer beruflichen Ausübung berechenbar.

GOP 30948

Wenn es zur Teilnahme an einer mRSA-Fall- und/oder regionalen Netzwerkkonferenz – auch als Videofallkonferenz – gemäß der Qualitätssicherungsvereinbarung MRSA nach § 135 Abs. 2 SGB V kommt, wird die GOP 30948 (86 Punkte; 9,69 €) angesetzt. Sie ist jedoch nur dann berechnungsfähig, wenn die Konferenz von der zuständigen KV anerkannt ist, und kann nur einmal je Sanierungsbehandlung in Rechnung gestellt werden. Außerdem darf die GOP nur von dem Arzt abgerechnet werden, der in diesem Zusammenhang auch die entsprechende Eradikationstherapie durchführt und somit die Leistungen nach GOP 3042 erbringt.

Darüber hinaus können unter bestimmten Bedingungen auch Labormediziner die GOP 30948 abrechnen. Hier gilt es Besonderheiten zu beachten, die in der entsprechenden Leistungbeschreibung näher erläutert sind.

Wann gilt man als MRSA-Kontaktperson?
Man gilt als MRSA-Kontaktperson, wenn Kontakt zu einer Risikoperson mit MRSA-Kolonisation/MRSA-Infektion stattgefundet hat (bis 11 – 13 Monate nach deren drittem negativen Kontrollabstrich) und dabei mindestens über vier Tage der Schlafraum und/oder die Einrichtung(en) zur Körperpflege mit dem MRSA-Träger, bei dem die Eradikationstherapie oder die weitere Sanierungsbehandlung erfolglos verliefen, gemeinsam genutzt werden und/oder genutzt wurden.