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Klinik

Pro Jahr erkranken in Deutschland 400.000 bis 600.000 Patienten an einer MRSA-Infektion. Die Bakterien können verschiedene Erkrankungen auslösen und sind nur schwer zu behandeln, da sie gegen die meisten Antibiotika resistent sind. Eine Infektion mit multiresistenten “Krankenhauskeimen” kann im schlimmsten Fall tödlich sein. Schlägt die Therapie an, bleiben bei vielen Patienten dennoch Folgeschäden zurück. Einge von ihnen verlangen anschließend Schadenersatz von der Klinik, in der sie sich vermeintlich mit dem Erreger angesteckt haben. Doch nicht in jedem Fall müssen Kliniken für die Übertragung des Erregers zahlen, wie ein aktuelles Urteil des Landgerichts Flensburg zeigt.

Schutz gegen MRSA: Was hilft gegen Ansteckung mit Krankenhauskeimen?

Mögen die Anforderungen an die Krankenhaushygiene noch so hoch sein: Absolute Keimfreiheit und 100-prozentiger Schutz vor Infektionen mit MRSA sind eine Illusion. Deshalb gehören mögliche Übertragungen und folgende Erkrankungen aus “nicht beherrschbaren Gründen” und trotz Einhaltung der gebotenen hygienischen Vorkehrungen zum Krankheitsrisiko des Patienten. Damit ist eigentlich schon gesagt, dass ein Krankenhaus bei einer oder MRSA-Infektion des Patienten eigentlich weder Schadenersatz noch Schmerzensgeld bezahlen muss.

Dennoch versuchen Betroffene immer wieder Schadenersatz wegen einer MRSA-Infektion einzuklagen. Aus Sicht des Patienten durchaus verständlich. Wer sich vertrauensvoll in die Hände seiner Ärzte begibt, möchte nach der Behandlung gesünder und nicht mit einem gefährlichen Erreger nach Hause gehen.

Übertragung mit MRSA muss bewiesen werden

Will der Patient klagen, weil er sich mit einem Krankenhauskeim angesteckt hat, muss er beweisen, dass im konkreten Fall ein voll beherrschbarer Risikobereich von der MRSA-Besiedlung betroffen war. Schiere Vermutungen oder die Tatsache, dass sich ein Patient (womöglich) in einer Klinik infiziert hat, reichen nicht, um eine Haftung auszulösen. Das geht aus einem aktuellen Urteil des Landgerichts Flensburg hervor (Az. 3 O 375/14).

Hygienemaßnahmen als Schutz vor Infektionen nicht ausreichend?

Im konkreten Fall hatte ein Mann geklagt, der wegen eines akuten Myokardinfarkts die Notaufnahme eines Krankenhauses aufsuchte und stationär aufgenommen wurde. Während seines Aufenthaltes in der Klinik erhielt der Mann fünf Stents. Fünf Tage später wurde er nach einem unauffälligen postoperativen Verlauf entlassen und begab sich in ein Herzzentrum zur Reha.

In der Folgezeit trat bei dem Patienten eine Infektion  mit einem Krankenhauskeim auf. Der Mann verklagte daher die Klinik, in der sein Infarkt versorgt worden war. Er warf der Leitung eine Verletzung der Hygienevorschriften vor und verlangte „mindestens 30.000 Euro Schadenersatz.“ Da er im Nachgang an die Behandlung erkrankt sei, müsse die Klinik nicht nur beweisen, dass sie die Hygienevorschriften eingehalten habe, sondern auch darlegen, dass die Infektion nicht aufgrund einer fehlerhaften Behandlung erfolgt sei.

Keine Beweiserleichterungen für den Patienten nach MRSA-Infektion

Das Landgericht Flensburg wies die Klage als unbegründet ab. Zum einen habe der Mann nicht hinreichend dargelegt, dass die Infektion tatsächlich im Zusammenhang mit der Behandlung seines Herzinfarktes durch die Stents stand. Vielmehr habe er lediglich vorgetragen, dass bei ihm „im zeitlichen Zusammenhang mit dem Eingriff“ eine Wirbelkörperentzündung aufgetreten sei. Daraus schlussfolgerte er, dass die Klinik zur fraglichen Zeit wohl keine angemessenen Hygienestandards eingehalten habe, so dass er sich dort „wahrscheinlich“ mit dem Erreger infiziert habe.

Neben diversen unbelegten Mutmaßungen hatte der Mann zudem auf Zeitungsartikel hingewiesen, die unspezifisch über angeblich mangelnde Hygiene in der Klinik berichten. Daraus hatte er eine erhöhte Gefahr für MRSA-Infektionen geschlossen. Die Texte stammten aber noch nicht einmal aus derselben Zeit, in der der Patient dort in Behandlung gewesen war. Für das Gericht war der Fall daher eindeutig. Die Klinik muss für die Infektion mit den gefährlichen Bakterien nicht haften. Weitere Nachforschungen seien nicht erforderlich. Im Gegenteil: Auf Grundlage des Vorbringens hätte die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu eventuellen Hygienemängeln und zur Ursächlichkeit eventueller Hygienemängel eine in dieser Form auch in Arzthaftungssachen unzulässige Ausforschung bedeutet.