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Magersucht (Anorexia nervosa) ist eine langwierige, schwere Essstörung, die durch einen beabsichtigten, extremen Gewichtsverlust und ein verzerrtes Selbstbild gekennzeichnet ist. Unbehandelt kann die Erkrankung zu Organausfällen und sogar bis zum Tod führen.

Strukturelle Gehirnveränderungen durch Anorexie

Auch das Gehirn ist von der Essstörung betroffen. Bei vielen Patienten kommt es im akut untergewichtigen Zustand zu einer Hirnatrophie durch ausgedehntes Schrumpfen der grauen Substanz in der Hirnrinde. Die Erkrankung beginnt typischerweise im Jugendalter und betrifft überwiegend Frauen. Etwa 18 von 1000 jungen Frauen im Alter von 12 bis 17 Jahren leiden an einer Essstörung, so die offiziellen Zahlen. Die Dunkelziffer soll hoch sein.

Mediziner und Medizinerinnen des Zentrums für Essstörungen an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie am Universitätsklinikum Dresden haben jetzt in einer Studie den Einfluss der Anorexie auf die graue Substanz untersucht.

Befundauswertung mithilfe von KI

An der Studie nahmen insgesamt 573 Frauen teil, davon 271 Magersucht-Patienten in verschiedenen Krankheits- und Therapiestadien sowie 302 Kontrollpersonen. Bei allen Teilnehmerinnen wurden MRT-Scans angefertigt. Auf Basis der MRT-Daten trainierten die Forscher KI-basierte Modelle, um mögliche, dauerhafte Strukturveränderungen des Gehirns bei magersüchtigen Patienten zu identifizieren.

Anhand von Messungen, MRT-Scans und mithilfe der künstlichen Intelligenz konnte das Forschungsteam anschließend gesunde Menschen von untergewichtigen Anorektikern unterscheiden. Aber nicht nur das. Die KI (Künstliche Intelligenz) war auch in der Lage, Unterschiede bei magersüchtigen Patienten am Ende einer stationären Behandlung festzustellen, die ihr Gewicht teilweise oder vollständig wiedererlangt hatten. Bei Patientinnen, die nach einem Jahr einen Rückfall erlitten oder in einem schlechten Gesundheitszustand waren, waren die Gehirnstrukturveränderungen besonders ausgeprägt. Dafür wiesen diejenigen Patientinnen, die ihr Gewicht langfristig stabil halten konnten, diese Veränderungen nicht mehr auf.

Zusammenhang zu individueller Therapie

Die Veränderungen waren vor allem in Regionen mit hoher funktioneller Vernetzung feststellbar und ließen sich nicht allein durch den niedrigen BMI erklären. Die Forscher nehmen an, dass es einen Zusammenhang zu der individuellen Therapie, dem Therapieerfolg und der Nachsorgebehandlung geben muss. KI-ausgewertete MRT Scans am Ende einer Behandlung könnten dabei helfen, mögliche Risiken im weiteren Verlauf vorherzusagen und dann entsprechende Nachsorge einzuleiten.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Verständnis dieser anhaltenden multivariaten Gehirnstrukturveränderungen dazu beitragen könnte, personalisierte Interventionen für Patientinnen nach ihrer Entlassung zu entwickeln. Durch den Einsatz der KI haben wir die Chance, therapeutische Maßnahmen individuell anzupassen“, so Prof. Stefan Ehrlich, Leiter des Dresdener Zentrums für Essstörungen.