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Medizin

Das Prostatakarzinom (PCa) ist in Deutschland die häufigste Krebserkrankung bei Männern und die zweithäufigste Krebstodesursache. 2019 sind, laut Daten des Robert-Koch-Institutes, 68.579 Männer neu an PCa erkrankt. Männer, in deren Familie bereits jemand an PCa erkrankt ist, haben ein erhöhtes Risiko, auch daran zu erkranken.

Nutzen von Gentests bei Prostatakrebs

Die genetische Keimbahn-Analyse gewinnt beim PCa zunehmend an Bedeutung. Denn zum einen können auf diese Weise Männer mit einer familiären Prädisposition frühzeitig erkannt und dann entsprechende Vorsorgemaßnahmen eingeleitet werden. Zum anderen können Onkologen mithilfe von Gentests die Behandlung des aggressiven PCa individuell anpassen.

Ein internationales Team unter der Leitung von Forschern des Center for Genetic Epidemiology an der Keck School of Medicine an der University of Southern California, Los Angeles, hat die größte genetische Prostatakrebsstudie durchgeführt. Die Ergebnisse hat das Fachmagazin JAMA Oncology veröffentlicht.

Teilnehmer aus 18 weltweiten Studien

An der Studie nahmen rund 17.500 Männer, mit einem Durchschnittsalter von 63 – 65 Jahren, aus 18 internationalen Studien teil. 9185 von ihnen hatten ein aggressives PCa und 8361 ein nicht-aggressives PCa.

Die Wissenschaftler untersuchten die Sequenzierungsdaten des Exoms auf Gene, die mit Krebs in Verbindung gebracht werden. 200 davon sind an der Reparatur von DNA beteiligt und können möglicherweise Krebs auslösen, wenn dieser Prozess gestört wird.

Mutationen auf elf Genen nachgewiesen

Bei elf Genen fanden die Forscher Mutationen, die mit einem erhöhten Risiko einhergehen, an einem aggressivem PCa zu erkranken. Als aggressiv galten Tumoren im Stadium T3 oder T4 oder mit einem Gleason-Score ≥8, PCa mit Fernmetastasen oder Tod durch PCa. Als nicht-aggressiv galten Tumoren im Stadium T1 oder T2 und Gleason-Score ≤6 ohne bekanntes Rezidiv.

Den stärksten Zusammenhang zu aggressivem PCa fanden sie bei den bekannten PCa-Risikogenen BRCA2 und ATM, gefolgt von NBN. Eine weniger aussagekräftige Evidenz fanden sie für Varianten von MSH2, XRCC2 und MRE11A. Fünf weitere Gene, TP53, RAD51D, BARD1, GEN1 und SLX4, wiesen ebenfalls eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für PCa auf. Allerdings waren bei ihnen die Unterschiede zwischen Patienten mit aggressivem und nicht-aggressivem PCA nicht signifikant.

Frühzeitig erkennen – frühzeitig behandeln

Diese elf mutierten Genvarianten haben die Forschenden bei 5,6 Prozent der Teilnehmer mit aggressivem PCa, 7,0 Prozent mit metastasiertem PCa und 2,3 Prozent der Patienten mit nicht-aggressivem PCa entdeckt. Die Wissenschaftler schlussfolgern daraus, dass Gentests deshalb auch für Männer mit nicht-aggressivem PCa sinnvoll sein können. Auf diese Weise könne man diejenigen herausfiltern, die die mutierten Gene in sich tragen, um sie dann früher gezielt zu behandeln. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Erkrankung zu einem aggressiven PCa weiterentwickle, sei hoch.