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Onkologie

Ungefähr zwei Drittel der Patienten mit Krebserkrankungen im fortgeschrittenen Stadium leiden an tumorbedingten Schmerzen. Die Therapie der Wahl sind Analgetika. In den USA haben die American Society of Clinical Oncology und die Society for Integrative Oncology 2022 eine gemeinsame Leitlinie herausgegeben, in der sie empfehlen, auch Massage und Akupunktur zur Behandlung in Betracht zu ziehen.

Studienteilnehmer hatten mittelschwere bis starke Schmerzen

Frühere Studien deuten darauf hin, dass Massagen und Akupunktur Schmerzen lindern können, an denen Menschen im fortgeschrittenen Stadium von Krebs leiden. Bisher gab es keine Studien dazu, welches von beiden wirksamer ist. Das haben Wissenschaftler des Memorial Sloan Kettering Cancer Center (MSK) in New York in den letzten Jahren untersucht. Die Ergebnisse hat das Fachmagazin „Jama Network Open“ veröffentlicht.

Das Forscherteam, unter der Leitung des gastroenterologischen Onkologen Andrew S. Epstein und des Spezialisten für integrative Medizin Jun J. Mao, beide am MSK, hatte 298 Patienten in seine Studie inkludiert. 200 von ihnen waren Frauen; und das Durchschnittsalter betrug 58,7 Jahre. Zugelassen waren Patienten mit einer fortgeschrittenen Krebsdiagnose und einer geschätzten Lebenserwartung von mindestens sechs Monaten, einem Karnofsky Index nicht unter 60 und mäßigen bis schweren Schmerzen seit mindestens einem Monat. Das heißt, die Schmerzstärke betrug ≥ 4 Punkte auf einer Skala von 0 – 10. Wobei null keine Schmerzen bedeutet und zehn die stärksten vorstellbaren Schmerzen, gemessen mit Hilfe des Fragebogens Brief Pain Inventory (BPI). Der schlimmste Ausgangsschmerzwert lag in dieser Studie bei 6,9 Punkten. Mit weiteren Fragebögen beurteilten die Forscher komorbide Symptome und die gesundheitsbezogene Lebensqualität. Außerdem kontrollierten sie die Verwendung von Analgetika.

Probanden erhielten jeweils 30 Minuten Akupunktur oder Massage

Die Patienten erhielten randomisiert bis zu 10 Wochen entweder einmal wöchentlich Akupunktur oder Massage und im Anschluss einmal monatlich eine „Auffrischungssitzung“. Die Akupunktursitzung dauerte 30 Minuten. Der Therapeut platzierte dabei die 10 bis 20 Akupunkturnadeln für 20 Minuten am Körperbereich mit den meisten Schmerzen sowie an weiteren bedeutsamen Stellen. Die Massagesitzungen dauerten ebenfalls eine halbe Stunde. Sie begannen mit Zwerchfellatmungsübungen, Rippenmobilisierung und Entspannung des Hinterkopfs, gefolgt von einer 20-minütigen Massage am Körperbereich mit den stärksten Schmerzen.

Der primäre Endpunkt der Studie war die Veränderung der schlimmsten Schmerzstärke nach 26 Wochen. Sekundäre Endpunkte waren der Unterschied der Schmerzintensität nach zehn Wochen, Schlaflosigkeit, Müdigkeit und Lebensqualität. Beurteilungen fanden nach 4, 10, 14, 18, 22 und 26 Wochen statt.

Ergebnisse der Studie

Die Schmerzintensität reduzierte sich vom Ausgangswert bis Woche 26 bei den Teilnehmern mit Akupunktur um durchschnittlich – 2,53 Punkte im BPI und bei Teilnehmern, die Massage erhalten hatten, um durchschnittlich -3,01 Punkte. Das bedeutet, dass der Unterschied nicht signifikant war. In beiden Gruppen sprach mehr als die Hälfte der Teilnehmer auf die Behandlung an. Außerdem wirkten sich beide Behandlungsarten auch positiv auf schmerzbedingte Funktionsstörungen, Schlaflosigkeit, Fatique und die körperliche Lebensqualität aus. Zu Beginn der Studie nahmen 54,7 Prozent der Teilnehmer Analagetika. Am Ende der Studie waren es in beiden Gruppen weniger: 27,5 Prozent in der Akupunkturgruppe und 35,6 Prozent in der Massagegruppe.

Wenn im Verlauf einer Krebserkrankung Schmerzen auftreten, ist es wichtig, sie effektiv zu lindern, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. „Die Pharmakotherapie ist oft die wichtigste Säule der Schmerzbehandlung“, so die Studienautoren. Aufgrund von Neben- und Wechselwirkungen aber auch nicht unproblematisch. Deshalb schlussfolgern sie: „Unsere Daten sollten nicht so interpretiert werden, dass Medikamente durch Akupunktur oder Massage ersetzt werden sollten, sondern dass diese nichtpharmakologischen Interventionen die Schmerz- und Symptomkontrolle verbessern und gleichzeitig möglicherweise den Medikamentenverbrauch reduzieren können.“

Quellen:
https://jamanetwork.com/journals/jamanetworkopen/fullarticle/2811822