Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisführung

Ärzte warnen vor substanziellen Problemen. Der Fachkräftemangel trifft auch die Arztpraxen. Die Suche nach qualifiziertem nichtärztlichen Personal wird für niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten immer schwieriger. Über zwei Drittel der Vertragsarztpraxen erwarten für die Jahre 2021 und 2022 substanzielle Probleme, geeignetes Personal auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Die Mehrheit rechnet zudem mit einer höheren finanziellen Belastung aufgrund steigender Lohnkosten.

Das zeigte jetzt eine Sonderbefragung des Zi-Praxis-Panels (ZiPP) zur „Personalsituation in Praxen der vertragsärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung“ des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi). Diese fand im ersten Halbjahr dieses Jahres per Online-Fragebogen im Rahmen der jährlichen ZiPP-Erhebung statt. Fast 5.300 Praxisinhaber haben dabei Angaben gemacht.

Wenig kompetentes Personal auf dem Arbeitsmarkt

Die Mehrheit der Befragten stufte zuletzt die Verfügbarkeit von kompetentem Personal auf dem Arbeitsmarkt als äußerst schlecht ein. Deutlich mehr als die Hälfte bilden daher nichtärztlichen Fachkräftenachwuchs aus. Etwa ein Viertel dieser Praxen sind allerdings von Abwanderung ihres ausgebildeten Personals betroffen. In der Stadt ist dieser Effekt stärker als auf dem Land. 37,3 Prozent der Auszubildenden, die trotz Übernahmeangebot die Praxen verließen, wechselten in eine andere Praxis. 19,6 Prozent orientieren sich beruflich um.

Fachkräftemangel in Arztpraxen auch durch Konkurrenz zu Krankenhäusern

Der Fachkräftemangel in den Arztpraxen wird zusätzlich durch einen weiteren Effekt verursacht. 18,7 Prozent der Fachkräfte wechselten laut der Umfrage in ein Krankenhaus (18,7 Prozent). „Immer häufiger machen Krankenhäuser das Rennen um die gut ausgebildeten nichtmedizinischen Fachkräfte“, erklärt Zi-Vorstandsvorsitzender Dominik von Stillfried die Umfrageergebnisse. „Das wundert nicht, denn seit Jahren steigt der Orientierungswert und damit der Preis pro Leistung für Krankenhäuser stärker als der für Vertragsarztpraxen.“

Vergütungsschere zwischen Klinik und Praxis schließen

Zwischen 2016 und 2020 sei der Orientierungswert für Krankenhäuser um 15,02 Prozent gestiegen. Für Vertragsarztpraxen stieg er dagegen lediglich um 6,96 Prozent. Für das Jahr 2021 habe sich dies fortgesetzt, fügt von Stillfried hinzu. „Für Kliniken beträgt der Anstieg 2,6 Prozent, für Kassenarztpraxen lediglich 1,25 Prozent. Die Preise für stationäre Leistungen werden dann seit 2016 um 18,63 Prozent, die für vertragsärztliche Leistungen nur um 8,30 Prozent gestiegen sein.“

Vor diesem Hintergrund ist es von Stillfried zufolge kein Wunder, dass es Krankenhäusern leichter fällt, höhere Tarifgehälter zu zahlen. Werde hier nicht nachgesteuert und die Vergütungsschere zwischen Klinik und Praxis geschlossen, „drohen auch für Patientinnen und Patienten spürbare Engpässe in den Praxen“. Aufgrund von Personalmangel hatten bereits rund 15 Prozent der Praxen ihr Leistungsangebot zeitweise eingeschränkt.

Sonderzahlungen für Praxispersonal

Um ihre Fachkräfte zu binden, haben demnach knapp drei Viertel der vertragsärztlichen Praxen ihrem Personal in 2019 und 2020 jeweils Sonderzahlungen und Zuschläge gewährt. Dafür wurden durchschnittlich jeweils 4.400 Euro pro Jahr aufgewendet. Während der Corona-Pandemie sind zudem von über zwei Dritteln der Vertragsarztpraxen steuerfreie „Corona-Sonderzahlungen“ ausgezahlt worden. Rund die Hälfte hat darüber hinaus freiwillig nach Tarif gezahlt und Sachleistungen als Boni angeboten.