Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisführung

Not macht erfinderisch. Wochenlang hatte eine Münchener Hautärztin über die einschlägigen Kanäle nach einer MFA gesucht. Erfolglos. Anzeigen in der Regional- und Fachpresse hatten ebenso wenig gebracht wie Inserate in den klassischen Internetportalen. Daraufhin setzte die Medizinerin ihren Hilfeaufruf auch über ihren privaten Facebook-Account ab. „MFA verzweifelt gesucht“ war da zu lesen. „Sympathische kleine Praxis in Bestlage sucht zum nächstmöglichen Zeitpunkt Verstärkung. Ich biete übertarifliche Bezahlung. Quereinsteiger sind willkommen, längere Einarbeitungszeiten kein Problem. Vermittler erhalten eine Prämie.“

Die Resonanz war riesig – wenn auch auf andere Weise als erwartet. „Kenne das Problem bestens“, schrieb ein Kollege aus dem Umland der Münchener Landeshauptstadt, andere posteten Durchhalteparolen, baten darum, potenzielle Kandidaten an sie weiterzuleiten oder boten an, die Vermittlungsprämie zu verdoppeln.

Wenn die „Bestlage“ zum Hemmschuh wird

Überraschend ist dieses Echo nicht. Aktuelle Zahlen legen nahe, dass derzeit jede fünfte Praxis in Deutschland auf Personalsuche ist – mit schwindenden Erfolgsaussichten. Zwar hält sich der Beruf der MFA nach wie vor unter den Top Ten aller Ausbildungsberufe in Deutschland, er erscheint aber immer weniger erstrebenswert, schreibt der Verband medizinischer Fachberufe e.V. (VMF) in einer Presseerklärung.

Die Gründe für diese Entwicklung sind vielfältig. Ein wichtiger Punkt ist sicher die vergleichsweise überschaubare Bezahlung. Doch selbst, wer übertarifliche Gehälter bietet, hat, vor allem in Ballungsräumen, oft ein Problem. Denn während die Arztdichte, und damit das Stellenangebot für MFA, in großen Städten fast schon uferlos ist, verknappen die extremen Mieten das Angebot. „Viele qualifizierte MFA ziehen inzwischen lieber ins Umland und arbeiten dort – spätestens, wenn sie eine Familie gründen und eine größere Wohnung brauchen“, klagt eine Orthopädin aus dem Münchener Speckgürtel. „Die, die übrig bleiben, wissen, dass sie sich den Job aussuchen können – was sich nicht immer positiv auf Leistung und Sozialverhalten auswirkt.“

MFA gesucht – Geld ist nicht alles

Um qualifizierte Mitarbeiter anzulocken, müssen Ärzte daher ein attraktives Gesamtpaket bieten. Ein ansprechendes Gehalt ist dabei nur eine Komponente von vielen.

Wer seine Mitarbeiter unterstützen will, die hohen Lebenshaltungs- oder Pendlerkosten abzufedern, kann ihnen zum Beispiel das Jahresticket für den ÖPNV finanzieren. Gut ankommen, dürften auch Zuschüsse zur betrieblichen Altersversorgung sowie attraktive Fortbildungsmöglichkeiten. Größere MVZ oder Kliniken können zudem überlegen, ob sie einen Betriebskindergarten anbieten wollen.

Mindestens ebenso wichtig wie Akquise neuer Mitarbeiter ist es jedoch, das Team bei der Stange zu halten und Abgänge zu vermeiden. Um das zu erreichen, kommt es vor allem auf eines an. Wertschätzung.

Personalberater betonen immer wieder, dass Führungsfehler und mangelnde Wertschätzung die K.-o.-Kriterien bei der Personalbindung sind. Regelmäßige, professionell vorbereitete Personalgespräche sollten daher ebenso selbstverständlich sein wie ein offenes Ohr für die individuellen Belange der Teammitglieder. Wer seinen Mitarbeitern zudem zeigt, dass ihre Leistung gesehen und honoriert wird – und zwar sowohl durch Anerkennung als auch durch eine entsprechende Vergütung – der wird auf Dauer keine Probleme mit übermäßiger Fluktuation haben.

Kreative Überbrückung

Bis die Traumbesetzung für offene Stellen gefunden ist, kann es sich manchmal aber auch lohnen, ungewohnte Wege einzuschlagen. Das sagte sich auch die Hautärztin aus dem Einstiegsfall. Sie beschäftigt bis auf Weiteres ihre Schwiegermutter als Empfangsdame. Sie ist Krankenschwester im Ruhestand und genießt es, wieder mehr Kontakt mit Menschen zu haben.