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Corona-News

Wo das Virus herkommt? Unklar. Wann es einen Impfstoff gibt? Offen. Selbst die Frage, wer nach einer überstandenen Covid-19 Erkrankung immun ist – und wie lange – gibt der Wissenschaft noch Rätsel auf. Fest steht derzeit nur eines: Die Verbreitung des Virus ist ein globales Phänomen, die Einflussmöglichkeiten des Einzelnen sind überschaubar. Das klingt zunächst nach einer Binse, hat aber große Bedeutung. Zum Beispiel im Arbeitsrecht.

Für höhere Gewalt muss der Arbeitgeber nicht haften

Hier gibt es eine fein abgestufte Risikostaffelung, wenn es um Störungen in betrieblichen Abläufen geht. Die grobe Regel lautet: Jeder haftet für Probleme aus der eigenen Sphäre. Wenn etwa die Praxis brennt und deshalb die Belegschaft nicht arbeiten kann, muss der Chef seine Arbeitnehmer trotzdem bezahlen, weil es in seiner Sphäre liegt, einen funktionierenden Arbeitsort zur Verfügung zu stellen. Kommt eine MFA hingegen nicht zum Dienst, weil ihr Auto kaputt ist, liegt die Ursache der Störung in ihrer Sphäre – und sie muss ggfls. auf Gehalt verzichten.

Doch wie ist die Lage in Zeiten einer Pandemie?

Die Antwort auf diese Frage hat erhebliche praktische Bedeutung, nicht nur in Hinblick darauf, ob und wann (gesunde) Arbeitnehmer in Zeiten der Krise zu Hause bleiben dürfen. Sie beeinflusst auch, ob den zu Hause Gebliebenen in diesem Fall weiterhin Gehalt zusteht.

Keine Arbeit – trotzdem Geld?

Schulbeispiel in Zeiten von Corona: Eine MFA kommt nicht in die Praxis, weil sie alleinerziehend ist. Der Grund: Ihre beiden Kinder können nicht zur Schule bzw. in die Kita; eine Notbetreuung steht nicht zur Verfügung und auch der Vater ist nicht einsatzbereit.

Wie ist die Rechtslage?

Grundsätzlich gilt: Ein allgemeines Recht, wegen der Covid-19-Pandemie der Arbeit fernzubleiben, gibt es nicht. Wenn jedoch, wie im konkreten Fall allerdings keine andere Möglichkeit besteht, betreuungspflichtige Kinder zu versorgen, kann es für den Arbeitnehmer (ausnahmsweise) unzumutbar sein, zur Arbeit zu erscheinen. Ihm steht dann ein Leistungsverweigerungsrecht zu (§ 275 Abs. 3 BGB).

Wann der Praxisinhaber weiterzahlen muss

Hiervon zu unterscheiden ist die Frage, ob die betreffende MFA auch bezahlt werden muss, während sie daheim den Nachwuchs hütet. Eine denkbare Grundlage hierfür ist § 616 BGB. Er normiert, dass ein Arbeitnehmer sein normales Gehalt auch dann erhält, wenn er „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.“.

Doch ist die deutschlandweite Schließung der Kitas und Schulen wirklich ein „in der Person der MFA“ liegender Grund? Darüber streiten sich die Gelehrten noch. Etliche argumentieren, dass die Covid-19 Pandemie „höhere Gewalt“ sei, so dass § 616 nicht zur Anwendung kommt. Doch wer hier anderer Meinung ist, muss konstatieren, dass der Arbeitgeber nach § 6161 BGB nur für eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ zur Lohnfortzahlung verpflichtet ist. Die meisten Juristen nennen fünf Tage als Obergrenze.

Entgeltfortzahlungen über Wochen hinweg lassen sich über § 616 BGB also nicht beanspruchen. Zudem können Ärzte die Anwendung der Regelung von vorneherein im Arbeitsvertrag ausschließen.

Gehalt fließt bis zu sechs Wochen weiter

Allerdings müssen Arbeitgeber aufgrund einer neuen Regelung zumindest vorläufig (einen Teil) des Gehalts weiterzahlen – und zwar für bis zu sechs Wochen. Die Neuerung im Infektionsschutzgesetz gilt seit dem 23. März 2020. Das vorgestreckte Geld können sich Praxischefs aber vom Staat zurückholen. Gezahlt werden 67 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens (maximal 2.016 Euro für einen vollen Monat) und 80 Prozent der Sozialabgaben des betreffenden Mitarbeiters.