Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
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Es war ein zähes Ringen, bis die Höhe der neuen Pauschalen für die Telematikinfrastruktur festgelegt war. Wie viel Praxisinhaber jetzt erhalten, hängt aber nicht nur von mehreren Faktoren ab. Es kann auch schnell so enden, dass Ärztinnen und Ärzte keinen einzigen Cent bekommen. 

Auf den letzten Drücker zurrte das Bundesgesundheitsministerium die neuen Pauschalen für die Telematikinfrastruktur (TI) fest. Seit dem 1. Juli 2023 erhalten niedergelassene Ärztinnen und Ärzte nun keine Erstattung für einzelne Komponenten oder Anwendungen der TI mehr. Es gibt jetzt eine Monatspauschale, die alle Kosten abdecken soll. Eine Übergangsregelung gab es nicht.

Krankenkassen befürworten die Pauschalen

Der GKV-Spitzenverband begrüßt die neuen Pauschalen. Dessen Vorstandsvorsitzende Dr. Doris Pfeiffer sagt: „Die TI-Pauschale setzt für Praxen und Apotheken klare finanzielle Anreize, die Vorteile der Digitalisierung zu nutzen. … Auch wenn die Pauschalen sehr auskömmlich bemessen sind, erwarten wir, dass es durch die neue Finanzierungslogik stärkere Anreize zu Wirtschaftlichkeit bei der IT-Praxisausstattung für Praxen und Industrie gibt.“

KBV kritisiert die neue Form der TI-Erstattung

„Sehr auskömmlich“ ist allerdings eine Frage der Perspektive. Denn von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) hört man keinen Applaus. KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner kündigte bereits an: „Wir werden genau prüfen, ob die Kosten tatsächlich in voller Höhe erstattet werden.“ In der Vergangenheit sei dies nicht der Fall gewesen und die Praxen hätten immer zugezahlt. „Das muss ein Ende haben“, betonte sie.

Was Praxisinhaber nachweisen müssen, um die Monatspauschale zu erhalten

Aber wie viel Geld gibt es jetzt? Die Höhe der Pauschale ist von mehreren Faktoren abhängig wie der Praxisgröße, dem Zeitpunkt der TI-Erstausstattung oder dem Konnektortausch. Welche Praxisinhaber den Konnektortausch umgehen können, erfahren Sie übrigens in diesem Video.

Erschwerend kommt hinzu, dass nur die eine Pauschale erhalten, die alle gesetzlich geforderten Anwendungen, Komponenten und Dienste in der aktuellsten Version nachweisen können. Diese sind: Notfalldatenmanagement, eMedikationsplan, ePatientenakte, Kommunikation im Medizinwesen, eAU und ab dem 1. Januar 2024 auch elektronische Verordnungen. Der eArztbrief gehört ebenso dazu, allerdings ruderte hier das BGM bis Redaktionsschluss (28.7.2023) wieder zurück. Es stellte in Aussicht, dass diese Nachweispflicht auf den 1. März 2024 verschoben werden soll. Hintergrund ist, dass noch nicht alle Softwaresysteme den eArztbrief unterstützen.

Aber damit ist die Pflichtenliste noch nicht zu Ende. Praxen müssen außerdem mit einem Konnektor inklusive gSMC-K und VPN-Zugangsdienst ausgestattet sein, gegebenenfalls in einem Rechenzentrum gehostet, wenn dort zugelassene Komponenten und Dienste zum Einsatz kommen, oder über ein TI-Gateway in Verbindung mit Nutzung eines Rechenzentrum-Konnektors. Zudem muss auch ein eHealth-Kartenterminal inklusive gSMC-KT vorhanden sein, eine HBA Smartcard oder eID für Ärzte mit gematik-Zulassung sowie SMC-B Smartcard oder SM-B oder eID für Vertragsarztarztpraxen mit gematik-Zulassung.

Wie viel Geld Ärztinnen und Ärzte jetzt erhalten

Fehlt eine dieser Anwendungen, Komponenten oder Dienste, wird die Pauschale um 50 (!) Prozent gekürzt, fehlen mehr als zwei gibt es gar nichts. Dr. Sibylle Steiner hat dazu eine klare Meinung: „Dies sind keine Kürzungen, sondern Strafzahlungen.“ Der Teufel steckt aber noch in einem weiteren Detail. Denn alle Praxisinhaber, die sich erst nach dem 31. Dezember 2020 an die TI angeschlossen haben, erhalten gerechnet ab dem Tag der Erstausstattung für zweieinhalb Jahre auch nur eine reduzierte Pauschale. Das gleiche gilt für alle, die nach dem 31. Dezember 2020 ihren Konnektor getauscht haben. Berücksichtigt man alle Faktoren, staffeln sich die neuen Pauschalen folgendermaßen auf:

TI-Pauschale 1

  • Noch keine Erstausstattung oder Erstausstattung erfolgte bereits vor dem 1. Januar 2021
  • Konnektor wurde noch nicht getauscht oder Tausch erfolgte bereits vor dem 1. Januar 2021
  • Alle Anwendungen installiert

Arbeiten in einer Praxis bis zu drei Vertragsärzte, beläuft sich die Pauschale auf 237,78 Euro oder um 50 Prozent gekürzt auf 118,89 Euro. Bei mehr als drei und bis zu sechs Vertragsärzten sind es 282,78 Euro beziehungsweise 141,39 Euro. Mehr als sechs Vertragsärzte erhalten 323,90 Euro beziehungsweise gekürzt dann 161,95 Euro.

TI-Pauschale 2

  • Erstausstattung nach dem 31. Dezember 2020
  • Alle Anwendungen installiert
  • Pauschale wird für 30 Monate nach der Erstausstattung reduziert – ab dem 31. Monat gibt es die TI-Pauschale 1

Bei bis zu drei Vertragsärzte: 131,67 Euro oder gekürzt 65,84 Euro. Mehr als drei und bis zu sechs Vertragsärzte: 143,29 Euro oder gekürzt 71,65 Euro. Bei mehr als sechs Vertragsärzten: 151,04 Euro beziehungsweise 75,52 Euro.

TI-Pauschale 3

  • Konnektortausch nach dem 31. Dezember 2020
  • Alle Anwendungen installiert
  • Pauschale wird für 30 Monate nach dem Konnektortausch reduziert – ab dem 31. Monat erhalten die Praxen die TI-Pauschale 1.

Praxen mit bis zu drei Vertragsärzten erhalten 199,45 Euro oder bei Reduktion 99,73 Euro. Bei mehr als drei bis zu sechs Vertragsärzten beläuft sich die Pauschale auf 242,78 Euro beziehungsweise 121,39 Euro. Bei mehr als sechs Vertragsärzten sind es 282,23 Euro oder gekürzt 141,12 Euro.

Die Auszahlung der Pauschalen erfolgt weiterhin über die KVen. Praxisinhaber müssen ihrer KV dafür die funktionsfähige TI-Ausstattung mit den erforderlichen Anwendungen, Komponenten und Diensten nachweisen. Wie der Nachweis gestaltet sein muss – eventuell auch in Form einer Eigenerklärung – soll dann von den KVen festgelegt werden.