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Corona-News

Infektionen mit dem Corona-Virus verursachen bei etwa drei bis zehn Prozent der Patienten einen schweren Verlauf von COVID-19. Ursache hierfür sind überschießende Entzündungsreaktionen, Blutgerinnungsstörungen und Schäden am Herz-Kreislauf-System.

Weniger dendritische Zellen im Blut

Ein Team um die Immunologin Anne Krug, Professorin am Biomedizinischen Centrum der LMU, hat in einer Studie noch einen bisher unbekannten Effekt auf das Immunsystem entdeckt: Als Folge einer SARS-CoV-2-Infektion sinkt nicht nur der Anteil der sogenannten dendritischen Zellen im Blut, sondern auch deren Funktionsfähigkeit. Dadurch könnten Patienten während und unmittelbar nach einer COVID-19 Erkrankung nach Ansicht der Forscher anfälliger für Sekundärinfektionen sein.

Dendritische Zellen lösen eine Immunantwort gegen Erreger aus, indem sie T-Zellen des Immunsystems aktivieren. Die wiederum unterstützen die Bildung von Antikörpern durch B-Zellen. Wie sich eine Corona-Infektion dabei auswirkt, untersuchten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anhand von Blutproben von 65 COVID-19-Patientinnen und -Patienten.

Schwache Reakton auf Infektionen

Sie fanden heraus, dass  bei den Patienten weniger dendritische Zellen vorhanden waren als bei gesunden Probanden. Zudem aktivierten aus dem Blut der Patienten isolierte dendritische Zellen die T-Zellen schlechter. Die Vermutung der Forscher: Möglicherweise reagiert der Körper bei reduzierter Anzahl und gestörter Funktion dendritischer Zellen auf bakterielle oder virale Infektionen nach COVID-19 schwächer als erwartet. Oder Erreger wie Herpesviren, die viele Menschen in sich tragen, könnten reaktiviert werden. Dieser mögliche Zusammenhang müsse in klinischen Studien aber noch weiter untersucht werden.

Schutz vor Entzündungen

Aber wieso sinkt die Anzahl der dendritischen Zellen im Blut ab und warum reduziert sich ihre Fähigkeit T-Zellen zu stimulieren? Krug hat mehrere Hypothesen. „Es könnte sich um einen normalen, sinnvollen Regulationsvorgang handeln“, so die Forscherin. Bei COVID-19 komme es zu teils heftigen Entzündungsreaktionen – vielleicht versuche der Körper, inflammatorische Vorgänge herunterzuregulieren. Möglicherweise wandern dendritische Zellen aus dem Blut in entzündete Gewebe wie die Lunge ein, was die Reduktion der zirkulierenden Zellen erklären könnte. „Aber wir sehen auch, dass die Regeneration dendritischer Zellen ins Stocken gerät“, berichtet die Immunologin. Die Wissenschaftler vermuten, dass Patienten während und unmittelbar nach COVID-19 schlechter Immunantworten auslösen können.

Im nächsten Schritt will die LMU-Immunologin diesen möglichen Zusammenhang weiter untersuchen und herausfinden, ob die beschriebenen Effekte auf das Immunsystem bei Langzeitbeschwerden nach SARS-CoV-2-Infektionen eine Rolle spielen.