Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxisführung

MFAs und ZFAs im Homeoffice statt in der Praxis? Obwohl die technischen Möglichkeiten da sind, klingt der Gedanke für Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Gesundheitswesen zunächst befremdlich. Umfragen bestätigen, dass Ärzte und MFAs sich oftmals nicht vorstellen können, einen Teil ihrer Arbeit im Homeoffice auszuüben. Schließlich fehlt hier der direkte Patientenkontakt.

Auch für Ärzte und MFA gibt es gute Gründe für das Homeoffice

Durch Corona haben aber trotzdem viele Praxis- und Klinikmitarbeiter Erfahrungen mit dem Thema Homeoffice gesammelt. Wie eine Blitzumfrage des PKV Instituts unter 225 betroffenen MFAs und ZFAs zeigt, haben 93 Prozent von ihnen nun eine positive Einstellung  zur Heimarbeit. Tatsächlich gibt es einige Tätigkeiten, die sich im Homeoffice besser und entspannter erledigen lassen. Vor allem MFA, die mit dem Praxismanagement vertraut sind, profitieren vom Homeoffice.

“Störungsfreie Abläufe“ sind ein Vorteil, den zum Beispiel Daniela Burow, Praxismanagerin einer Kinder- und Jugendarztpraxis im Schwarzwald sieht. Die Praxis hat 15 Mitarbeiterinnen im Rahmen einer ortsübergreifenden BAG beschäftigt. Seit der Corona-Pandemie sind mehrere Kolleginnen im Homeoffice tätig. „Wenn wir von zu Hause aus das Patiententelefon übernehmen, entlastet das die Kolleginnen in der Praxis. Sie können sich am Empfang ohne Unterbrechungen durch Anrufer den Patienten widmen.” Auch andere Aufgaben, etwa die Abrechnung, das Erstellen von Teaminfos zu KV-Neuerungen und die Korrespondenz mit der Steuerkanzlei, können oft besser von Zuhause aus erledigt werden.

So klappt es mit dem Homeoffice

Ein stabiles und gut organisiertes Team, das nicht viel Führung vor Ort braucht, sei jedoch Bedingung für das Gelingen von Homeoffice-Lösungen. Auch das Vertrauen der Praxisleitung sei Grundvoraussetzung, Kontrolle könne aber eine wichtige Stütze sein. Ihr Rat für Neulinge im Homeoffice: „Klare Strukturen schaffen im Hinblick auf die täglichen Arbeitszeiten und Listen erstellen, was wann abgearbeitet werden muss. Rückmeldungen an die Chefetage in Form von Kurzprotokollen über das, was im Homeoffice erledigt werden konnte, sind unerlässlich”.

Verwaltungsaufgaben konzentriert von zu Hause aus erledigen

„Viele Praxisleitungen haben selbst noch das Klischee der reinen Assistenz und Helferin im Kopf. Sie befassen sich durch die Krise erstmals mit der Frage, wie viel Verwaltungstätigkeit der Beruf der ZFA heute beinhaltet“, sagt Melanie Häußler, die als freiberufliche Praxismanagerin für mehrere Zahnarztpraxen in Bayern und Baden-Württemberg die Abrechnung sowie Prozessoptimierungen und Qualitätsmanagement übernimmt. Vier dieser acht Praxen ermöglichen ihren Mitarbeiterinnen Homeoffice. Das entspricht auch dem Ergebnis der Blitzumfrage des PKV Instituts, in der 53 Prozent der befragten MFAs und ZFAs von einer aufgeschlossenen Praxisleitung berichten.

„Dokumentation ist wichtig“, bestätigt auch sie, und empfiehlt gerade Neulingen regelmäßige kurze Anrufe in der Praxis: „ZFAs sind Teamplayerinnen. Viele fühlen sich im Homeoffice erstmal abgehängt.“ An die Praxisleitungen appelliert sie, die Mitarbeiterinnen in Entscheidungsprozesse einzubinden und schließlich transparent zu kommunizieren, wer von extern arbeiten darf und warum. Nicht nur die Abrechnung, auch das Patiententelefon und die Terminkalenderpflege, das Recall-Management, das Erstellen von Arbeitsanweisungen und das Qualitätsmanagement seien Aufgaben, die im Homeoffice oft besser als in der Praxis erledigt werden können.

Arbeiten in (un-)gewohnter Umgebung

Den Tag im Homeoffice unbedingt wie jeden anderen Arbeitstag zu starten, empfiehlt Julia Otto, die in einer Praxis in Drensteinfurt unter anderem für Praxismanagement und Abrechnung zuständig ist: „Wer den Arbeitsplatz grundsätzlich ordentlich verlässt, muss nicht erst aufräumen. To-Do-Listen für den Tag und erreichbare Ziele motivieren und helfen, den Tag zu strukturieren. Bauen Sie regelmäßige Pausen ein, rufen Sie auch mal eine Kollegin in der Praxis an, um die Verbindung zu halten. Ansonsten gilt: Handy weglegen!“ Schon vor der Pandemie arbeitete sie teilweise im Homeoffice, um in Ruhe die Quartalsabrechnung vorbereiten zu können. Das konzentrierte Arbeiten ohne Störungen ermöglichte ihr eine schnellere Erledigung der Arbeiten, für die in der Praxis auch außerhalb der Sprechzeiten oft nicht die notwendige Ruhe herrscht. Die bewusste Gestaltung des Arbeitsplatzes, wenn möglich auch eine räumliche Trennung hilft ihrer Ansicht nach, Arbeit und Freizeit auch innerlich zu sortieren. Bei Themen wie der Abrechnung, die unabhängig von Praxisöffnungszeiten erledigt werden können, empfiehlt sie zudem transparente Kommunikation und feste Zeiten der Erreichbarkeit, um Irritationen und Ärger von vornherein zu vermeiden.

Technik und Datenschutz

Technisch war das Homeoffice für alle drei keine große Herausforderung: Je nach Digitalisierungsgrad in der Praxis ermöglicht ein Notebook mit VPN-Verbindung zum Praxissystem, viele Tätigkeiten komplett von extern zu erledigen. Datenschutz ist ein sehr wichtiger Aspekt beim Homeoffice: Idealerweise stellt die Praxis einen Laptop mit allen dazugehörigen Sicherheitsprogrammen, wie z. B. der Firewall, der nur von der MFA bzw. ZFA selbst und nur für praxisbezogene Zwecke mit einem passwortgeschützten Zugang genutzt wird. Die Bildschirmsperre sollte nach wenigen Minuten automatisch erfolgen, um sicherzustellen, dass keine andere Person Zugriff auf Daten erhalten könnte. Sowohl der Computer als auch etwaige Papierdokumente sollten möglichst in einem verschlossenen Schrank aufbewahrt werden. E-Mails, der Zugang zum Praxisserver und die Festplatte des Laptops sollten verschlüsselt sein. Wenn sich das Ausdrucken personenbezogener Daten nicht ganz vermeiden lässt, ist eine datenschutz-gerechte Entsorgung notwendig – am besten per Aktenvernichter in der Praxis. In Sachen Passwortsicherheit sollten im Homeoffice die gleichen Standards wie in der Praxis erfüllt werden.

Mitarbeiterbindung und Praxisoptimierung

Das Homeoffice für MFAs und ZFAs scheint nicht nur ein wichtiger Beitrag zur Pandemiebewältigung zu sein, sondern trägt auch zur Work-Life-Balance und dadurch der Mitarbeitermotivation bei. Das Vertrauen der Praxisleitung stärkt die Bindung und Verantwortung. Das hoch-konzentrierte und produktive Arbeiten an einem oder mehreren Tagen pro Woche macht Spaß und spart Zeit, die für andere Praxisbereiche wie etwa Qualitätsmanagement eingesetzt werden kann. Daniela Burow ist sich sicher, dass weitere Arzt- und Zahnarztpraxen Homeoffice ermöglichen werden, mit oder ohne Corona. Sie vergleicht das Thema mit der Videosprechstunde: „Viele merken jetzt, dass es doch ganz gut funktioniert.“ Und Digitalisierung bedeute nicht, dass man nicht mehr persönlich für die Patienten da ist. Im Gegenteil: „Wie es unseren Patienten geht, das spüren wir und können darauf eingehen – auch am Telefon.“