Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
E-Health

Jährlich werden in Deutschland circa 77 Millionen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und rund 500 Millionen Rezepte ausgestellt. Die dazugehörigen Abläufe werden derzeit im Rahmen der Telematikinfrastruktur (TI) digitalisiert. Allerdings ohne angemessene Testphasen, so die Kritik der Ärzteschaft.

“Mangels ausreichender Tests im Vorfeld der Einführung ist nicht bekannt, welche Mängel in der Technik vorhanden sind, geschweige denn wie fehleranfällig und belastbar das Gesamtsystem ist. Mit der verpflichtenden, stichtagsbezogenen Einführung der genannten Anwendungen werden alle Arztpraxen, Apotheken, gesetzlichen Krankenkassen und letztlich auch alle gesetzlich Versicherten als Betatester im Livebetrieb zu Versuchskaninchen im Gesundheitswesen!”

Dr. Petra Reis-Berkowicz, Vorsitzende der KVB-Vertreterversammlung und stellv. Vorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbandes, hat deshalb im Bundestag die Online-Petition „Kassenarztrecht – Einführung von Flächentests zur elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und zum eRezept“ eingereicht.

Einführung einjähriger Testphasen gefordert

Die Kernaussage der Petition für eine Testphase zur Einführung der Telematikinfrastruktur-Anwendungen: Die Einführung von TI-Anwendungen wie elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder elektronisches Rezept muss über die ersten zwölf Monate als Testphase ausgestaltet werden, an der sich die Anwender freiwillig beteiligen können.

Eine entscheidende Voraussetzung für Massenanwendungen im Produktivbetrieb sei eine ausreichende Marktreife, die nur durch sorgfältige Flächen- und Lasttests erreicht werden könne. “Digitale Verfahren, bei denen eine Vielzahl an komplexen Komponenten ineinander greifen und zusammenwirken müssen, bei denen auch organisatorische Prozesse überprüft und angepasst werden müssen, sind zum Scheitern verurteilt, wenn sie nicht hinlänglich erprobt und begutachtet werden konnten.”, so die Begründung.

Ärzte, die die Petition unterstützen wollen, können dies ab sofort und noch bis 16.12.2021 online oder händisch per Unterschriftenliste tun. Ziel der Initiatoren ist es, innerhalb von vier Wochen 50.000 Mitzeichner zu gewinnen.

“Bitte unterzeichnen Sie die Petition!”

Der Vorstand der KVB hat sich hinter die Petition gestellt, ebenso Dr. Reis-Berkowiczs Vorstandskollegen beim Bayerischen Hausärzteverband. „Gerade mit Beginn der vierten Corona-Welle haben wir keine Zeit, um Softwarefehler und Serverausfälle auszumerzen. Wir Ärztinnen und Ärzte in den Praxen müssen uns darauf verlassen können, dass die TI-Anwendungen, zu denen wir verpflichtet werden, zu Entlastungen und nicht zu Belastungen führen. Eine Testphase ist zwingend notwendig“, so Dr. Markus Beier, Vorsitzender des Bayerischen Hausärzteverbandes. Sein Appell: „Bitte unterzeichnen Sie die Petition und tragen Sie dazu bei, dieses Anliegen zum Erfolg zu führen!“