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Geldanlagen

Herr Thaler, seit einiger Zeit erfreuen sich Fonds und ETF, die auf Dividendenstrategien setzen, großer Beliebtheit bei Anlegern. In der vergangenen Nullzins-Phase lautete das Marketing-Argument, dass Dividenden der neue Zins seien. Nun aber gibt es auf kurz laufende und sichere Anleihen wieder attraktive Zinsen. Ist der starke Fokus auf Dividenden da noch zeitgemäß?

Michael Thaler: Wir müssen unterscheiden, welche Bedürfnisse ein Anleger hat. Wer primär Vermögen aufbauen oder vermehren will, sollte von Aktien oder Fonds/ETF, welche attraktive Dividenden ausschütten, Abstand nehmen. Dazu ist es besser, auf wachstumsstarke Segmente zu setzen und das Vermögen über Jahre hinweg arbeiten zu lassen. Nur so kann man optimal vom Zinseszins-Effekt optimal profitieren.

Und wie ist es mit Anlegern in der zweiten Lebenshälfte bzw. im Ruhestand, die mit Ausschüttungen ihr verfügbares Einkommen erhöhen wollen?

Michael Thaler: Hierzu kann man dividendenstarke Aktien nutzen, ist aber nicht mehr dazu gezwungen. Denn angesichts der wieder attraktiven Zinsen für Staats- und Unternehmensanleihen lässt sich das Einkommen in erster Linie wieder mit den Zinsen der Rentenpapiere steigern, während hohe Aktienrenditen vor allem den Kapitalstock wachsen lassen. Konkret hängt das aber von den Verhältnissen und Zielen eines Anlegers ab.

Könnten Sie mit einem hypothetischen Beispiel illustrieren, wie man sich das vorstellen kann?

Michael Thaler: Nehmen wir einen Ruheständler mit 300.000 Euro Vermögen, der sein Einkommen um 12.000 Euro im Jahr steigern will. Bislang nutzt er dazu einen Dividenden-ETF, der gut vier Prozent im Jahr ausschüttet. Allerdings hinkt der ETF dem breiten Markt seit zehn Jahren aufgrund seiner Aktienauswahl mit einer jährlichen Rendite von sechs Prozent um drei Prozentpunkte hinterher. Über 10 Jahre wäre das Vermögen mit einem ETF auf den MSCI World um 135 Prozent gewachsen statt nur um 80 wie mit dem Dividendenprodukt.

Was wäre für den Beispiel-Anleger nun sinnvoll, wenn diese Rendite-Differenz erhalten bliebe?

Michael Thaler: Unternehmensanleihen mit Investment Grade-Status bringen derzeit um die vier Prozent Rendite. Würde der Anleger ein Drittel seines Geldes in solche Anleihen und zwei Drittel in einen MSCI World-ETF stecken, würde das Vermögen unter den eben genannten Bedingungen jährlich um 22.000 Euro im Jahr wachsen – 4.000 Euro kämen aus den Anleihen und 18.000 aus dem Aktien-ETF. Der Anleger könnte sich nun entweder eine höhere Auszahlung gönnen, sein Kapital stärker wachsen lassen oder beides kombinieren.

Thesaurierende ETFs und Fonds sind für die meisten Anleger die bessere Wahl

Im Gegensatz zu ausschüttenden Fonds und ETFs (engl.: dist.) legen thesaurierende Fonds und ETFs (engl.: acc.) die Dividenden der enthaltenen Unternehmen sofort wieder an, indem sie damit kostenfrei neue Anteile an diesen Firmen erwerben. Dadurch bleibt das Geld der Anleger vollständig im entsprechenden Index, etwa DAX oder MSCI World, bzw. in den Unternehmen des Fonds investiert. Über lange Sicht können Anleger, die nicht auf Ausschüttungen aus Fonds/ETFs angewiesen sind, auf diese Weise den Zinseszins-Effekt für sich arbeiten lassen. Dadurch verfügen sie am Ende längerer Zeiträume meist über deutlich höhere Vermögen als Anleger, die ausschüttende ETFs kaufen und erhaltene Dividenden nicht mehr investieren. (juli)

     

ETF

ISIN

Kosten

Aktien

Größe

Xtrackers DAX

LU0274211480

0,09 %

40

4,2 Mrd.

Amundi Stoxx Europe 600

LU0908500753

0,07 %

601

7,3 Mrd.

iShares Core S&P 500

IE00B5BMR087

0,07 %

503

75 Mrd.

SPDR S&P 500 € Hedge*

IE00BYYW2V44

0,05 %

503

0,5 Mrd.

Xtrackers Nasdaq 100    

IE00BMFKG444

0,20 %

101

0,6 Mrd.

Invesvo Nasdaq 100 € Hed.*

IE00BYVTMS52

0,35 %

101

0,2 Mrd.

Xtrackers MSCI Japan

LU0274209740

0,12 %

225

2,1 Mrd.

Vanguard FTSE Dev. Wor.**

IE00BK5BQV03

0,12 %

2120

2,1 Mrd.

iShares Core MSCI World**

IE00B4L5Y983

0,20 %

1467

67 Mrd.

SPDR MSCI All Country

IE00B3YLTY66

0,17 %

3518

1,2 Mrd.

Auswahl: ETFs mit sehr geringer Total Expense Ratio (TER/Kosten) / alle ETFs physisch replizierend, thesaurierend und mit mindestens 200 Millionen Euro Volumen / Volumenangabe in Euro. * Diese ETFs neutralisieren Wechselkursschwankungen zwischen Euro und Dollar / ** Industrieländer weltweit / *** Industrie- und Schwellenländer weltweit. Stand: 12.04.2024 / Quelle: justetf.com / Recherche: Jürgen Lutz

Quelle:

VBank/Jürgen Lutz