Bei der Steuer getrickst? Hausdurchsuchung nicht abwendbar
dpa infocomKlopft die Steuerfahndung mit einem Durchsuchungsbeschluss an die Tür, haben Steuerzahler zwar keine Möglichkeit, der Maßnahme zu entgehen. Diese Rechte sollten Betroffene aber kennen.
Berlin (dpa/tmn) - Wer bei der Steuer trickst, muss jederzeit damit rechnen, von der Steuerfahndung erwischt zu werden. Das sagt Jörg Sievers, Vorsteher des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen in Hannover, der Zeitschrift «Finanztest» (Ausgabe 10/2023). Die Summe der hinterzogenen Steuern ist nicht entscheidend, Ermittler werden bei jedwedem Anfangsverdacht tätig.
Ein Mittel zur Aufklärung ist die Wohnungsdurchsuchung. Haben die Steuerfahnder einen Durchsuchungsbeschluss, können sich Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dagegen nicht wehren. «Die Einsatzkräfte kommen auch gegen den Willen der beschuldigten Person rein», sagt Sievers gegenüber «Finanztest». Wird die Tür nicht geöffnet, hilft der Schlüsseldienst weiter.
Durchsuchen wird die Steuerfahndung alles, was für die Ermittlung wichtig sein könnte - also etwa Verträge, Rechnungen, Schriftverkehr, aber auch Daten oder Mails, die auf Servern oder Datenträgern liegen. Beschuldigte dürften bei der Durchsuchung anwesend sein, sagt Sievers. Sie müssten sich aber nicht zum Sachverhalt äußern, weil sie sich dadurch selbst belasten könnten. Ihr gutes Recht ist es außerdem, einen Strafverteidiger zu kontaktieren und sich rechtlich beraten zu lassen.
Wann liegt eine Steuerhinterziehung vor?
Für eine Steuerhinterziehung müssen im Wesentlichen drei Dinge erfüllt sein, wie Martin Wulf, Fachanwalt für Steuerrecht, erklärt. Erstens müssen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler unrichtige oder unvollständige Angaben in der Steuererklärung gemacht oder es zumindest unterlassen haben, eine Erklärung abzugeben, obwohl sie das Finanzamt darin etwa hätten über Nebeneinkünfte informieren müssen. Daraufhin konnte die Behörde die zutreffende Steuer - zweitens - nicht festsetzen.
Und drittens müssen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler vorsätzlich gehandelt, also gewusst haben, was sie da tun. Vor Gericht zu beweisen, dass dem nicht so wahr, ist laut Wulf, der auch Vorsitzender Arbeitsgemeinschaft Steuerrecht des Deutschen Anwaltvereins ist, alles andere als trivial.
Wer muss damit rechnen, mit seinen Schummeleien aufzufliegen?
Laut Wulf werden die Erkenntnisquellen der Finanzverwaltung immer besser. Die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung sorge dafür, dass heute Steuerhinterziehungsfälle aufgedeckt würden, die vor 20 Jahren möglicherweise noch nicht hätten aufgedeckt werden können.
Die Behörden stützen sich der Zeitschrift «Finanztest» (Ausgabe 10/2023) zufolge zum Beispiel auf elektronisch übermittelte Daten des Arbeitgebers, des Rententrägers, der Krankenversicherung oder auch der Banken. Auch Behörden untereinander informieren sich gegebenenfalls über Unstimmigkeiten und liefern Ermittlungsansätze. Zudem müssen Online-Plattformen inzwischen ihre Verkäufer melden, wenn sie mehr als 30 Geschäfte über sie abwickeln oder dadurch mindestens 2000 Euro einnehmen.
«Als Anwalt habe ich schon viele Leute getroffen, die dachten, das käme nie raus», sagt Rechtsanwalt Wulf. Am Ende stand dann doch die Steuerfahndung vor der Tür. Und spätestens dann hätten die meisten Betroffenen festgestellt, dass es sich nicht gelohnt hat.
Welche Strafen erwarten mich bei einer Verurteilung?
Das hängt vom Einzelfall ab. Entscheidend ist Wulf zufolge, um welche Beträge es geht, inwiefern der handelnden Person Vorsatz vorgeworfen werden kann und ob sie zum ersten oder wiederholten Mal Steuern hinterzieht. Laut Gesetz kann die Steuerhinterziehung mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden. In besonders schweren Fällen der Steuerhinterziehung drohen sogar bis zu zehn Jahre Haft.
Weil die Steuerhinterziehung eine Straftat ist, müssen die Behörden bei einem Verdacht immer aktiv werden und gegebenenfalls ein Ermittlungsverfahren einleiten. In der Praxis sei es oft so, dass Fälle, in denen es etwa um eher geringe Summen geht, unter Auflagen eingestellt werden.
Wie kann ich dem Risiko einer möglichen Verurteilung entgehen?
Mit einer sogenannten Selbstanzeige. Darin müssen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ihrem zuständigen Finanzamt mindestens die Fehltritte der vergangenen zehn Jahre voll umfassend offenlegen. Tun sie das korrekt, gehen sie unter Umständen straffrei aus.
Aber Achtung: Ihre Beichte ist nur dann etwas wert, wenn das Finanzamt noch keine Kenntnis von Ihren Mogeleien hatte. Konnten Sie ahnen, dass Ihnen die Ermittler auf der Spur sind, nützt Ihnen die Selbstanzeige nichts mehr. Gleiches gilt, wenn die hinterzogene Steuer einen Wert von 25 000 Euro überschreitet.
Wie funktioniert die Selbstanzeige?
Besondere Formvorschriften gebe es für eine Selbstanzeige nicht, sagt Martin Wulf. Er empfiehlt, dem Finanzamt schriftlich alle Daten zu übermitteln, die es benötigt, um nachträglich einen oder mehrere zutreffende Steuerbescheide zu erstellen. Erneut fehlende oder fehlerhafte Angaben machen den guten Willen zunichte. Mangelt es also zum Beispiel noch an entscheidenden Nachweisen, sollten Betroffene lieber großzügig schätzen, rät «Finanztest».
Gut zu wissen: Vermeiden Sie das Wort «Selbstanzeige», weil es darauf hindeutet, dass Sie vorsätzlich Steuern verkürzt haben. «Finanztest» empfiehlt, die Korrektur als «Berichtigung» oder «Nacherklärung» zu umschreiben.
Sollte ich für die Erstellung der Selbstanzeige einen Experten hinzuziehen?
Grundsätzlich sind Selbstanzeigen auch dann wirksam, wenn Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sie ohne fremde Hilfe erstellen. In einfach gelagerten Fällen und bei geringen Beträgen kann das sinnvoll sein. Die Mitwirkung eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts kann mit Kosten verbunden sein, die schnell den eigentlich hinterzogenen Betrag übersteigen.
«Sobald es über Minimalbeträge hinausgeht, ist es schon sinnvoll, das mit jemandem zu machen, der es schon mal gemacht hat», sagt Martin Wulf. Für die Selbstanzeige haben Steuerzahlerinnen und Steuerzahler nur einen Versuch. Geht bei der Übermittlung in Detailfragen etwas schief, war's das unter Umständen mit der Straffreiheit.