Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Praxis

Während der Corona-Pandemie mussten Ärztinnen und Ärzte strenge Schutzmaßnahmen für ihre Praxen treffen. Mittlerweile sind alle verpflichtenden Maßnahmen aufgehoben und die Hygiene kann wieder auf Normalniveau heruntergefahren werden. Ein guter Zeitpunkt, um die Hygienemaßnahmen in der eigenen Praxis zu überdenken und anzupassen. Denn in den letzten Jahren gab es auch einige rechtliche Änderungen rund um die Hygiene und den Umgang mit Medizinprodukten, die auch für Arztpraxen relevant sind.

Diese Änderungen waren auch Anlass für das Kompetenzzen­trum Hygiene und Medizinprodukte der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), um die Broschüre „Hygiene in der Arztpraxis. Ein Leitfaden“ neu aufzulegen. Der Leitfaden hat sich seit Jahren als hilfreiches Nachschlagewerk für Ärztinnen und Ärzte erwiesen, um in puncto Praxishygiene immer auf dem neuesten Stand zu sein.

Neuerung 1: Masernimpfpflicht

Schutzimpfungen spielen eine wesentliche Rolle im Infektionsschutz. Seit im März 2020 das Masernschutzgesetz in Kraft getreten ist, sind Praxismitarbeiter verpflichtet, einen ausreichenden Impfschutz oder eine Immunität nachzuweisen. Der Nachweis kann durch den Impfausweis oder ein ärztliches Attest erfolgen. Ohne Masernschutz darf das Personal nicht in Gesundheitseinrichtungen arbeiten – auch wenn kein direkter Patientenkontakt besteht.

Die Nachweispflicht gilt für alle, die nach dem 31. Dezember 1970 geboren sind. Von der Impfpflicht sind sie nur ausgenommen, wenn sie aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden können und dies durch ein ärztliches Attest nachweisen. Bei Unklarheiten über den Impfstatus kann auch eine Titerbestimmung Aufschluss geben. Praxisinhaber sollten diese Vorgaben des Masernschutzgesetzes im Blick haben, denn sie sind für deren Einhaltung verantwortlich.

Neuerung 2: Europäisches Medizinprodukterecht

Im Vergleich zum bisherigen Medizinprodukterecht gibt es einige Änderungen für Arztpraxen. Diese finden sich in der EU-Verordnung 2017/745 („Medical Device-Regulation“ MDR).

Ursprünglich war eine Übergangsfrist bis zum 26. Mai 2025 festgelegt. Die Diskussionen um eine Verlängerung der Übergangsfrist sind allerdings noch nicht beendet. Wenn der Termin feststeht, dürfen ab da nur noch Medizinprodukte erworben werden, die alle Anforderungen der MDR erfüllen. Medizinprodukte, die vor dem 26. Mai 2021 erworben oder in Betrieb genommen wurden, sind von der MDR nicht betroffen und können unbegrenzt weiterverwendet werden.

In Deutschland führte die Neuregelung im Medizinprodukterecht zum Beispiel zu folgenden Änderungen: Das Medizinproduktegesetz (MPG) wurde durch das Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG) abgelöst. Für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte ist dies besonders interessant. Denn daraus ergeben sich folgende ergänzende Anforderungen, für deren Einhaltung sie die Gesamtverantwortung tragen:

  •  Verbote zum Betreiben oder Anwenden von Produkten (§ 12 MPDG), wenn der begründete Verdacht besteht, dass das Produkt, selbst wenn es sachgemäß angewendet, instand gehalten und seiner Zweckbestimmung entsprechend verwendet wird, die Sicherheit und die Gesundheit der Patienten, der Anwender oder Dritter in einem Maß gefährdet, das nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaften nicht mehr vertretbar ist.
  • Verbote zum Betreiben oder Anwenden von Produkten, wenn diese Mängel aufweisen, durch die Patienten, Beschäftigte oder Dritte gefährdet werden können (§ 11 MPDG).
  • Verbote, gefälschte Produkte in Betrieb zu nehmen (§ 13 MPDG).
  • Medizinprodukte dürfen auch nicht mehr verwendet werden, wenn das Verfallsdatum abgelaufen ist.

Das Betreiben, Anwenden und Aufbereiten von Medizinprodukten stehen übrigens unter staatlicher Aufsicht der Länder. Die überwachenden Behörden dürfen Arztpraxen begehen, Proben entnehmen, Unterlagen einsehen und generell Maßnahmen ergreifen, die notwendig sind, um Verstöße zu beseitigen und ihnen künftig vorzubeugen.

Neuerung 3: Elektronische Meldepflicht

Ein wichtiges Instrument zur Überwachung von Infektionskrankheiten ist das gesetzliche Meldewesen. Ärztinnen und Ärzte müssen bestimmte Krankheiten sowie infektionsrelevante Tatbestände dem zuständigen Gesundheitsamt melden – und zwar spätestens 24 Stunden nachdem sie davon Kenntnis erlangt haben.

Das RKI hat dafür das bestehende Meldesystem ausgebaut und weiterentwickelt. Mithilfe des Deutschen elektronischen Melde- und Informationssystems (DEMIS) können Ausbrüche nun früher erkannt werden. Zudem wird durch die Abschaffung des fax- und papierbasierten Meldesystems der Aufwand aller Beteiligten reduziert. Seit dem 1. Januar 2023 sind also alle Krankheiten und Nachweise von Krankheitserregern, die nach den §§ 6 und 7 IfSG meldepflichtig sind, über DEMIS an die zuständigen Behörden zu übermitteln. Bis zur endgültigen Umsetzung des DEMIS stellt das RKI aber auch weiterhin Mustermeldebögen auf seiner Website zur Verfügung.

Neuerung 4: Hygiene für immunsupprimierte Patienten

Im aktuellen Leitfaden wird erstmals auch das Thema „immunsupprimierte Patienten“ behandelt. Die Hygieneexperten weisen darauf hin, dass vor jedem Kontakt mit betroffenen Patienten eine hygienische Händedesinfektion erfolgen muss. Zudem raten sie zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes – vor allem in Zeiten erhöhter Inzidenz von Atemwegs­infektionen in der Bevölkerung. Außerdem sollten Immunsupprimierte nicht mit Patienten in Kontakt kommen, die eine ansteckende Erkrankung haben.