Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
Arbeitsrecht

Variable Vergütungsbestandteile und Boni sind inzwischen Alltag. Doch nicht immer sind die Formulierungen im Arbeitsvertrag wasserdicht. Für Arbeitgeber kann das teuer werden wie ein aktuelles Gerichtsurteil zeigt. 

Sie können Leistungsansporn sein – oder ein Quell konstanten Frusts. Wenn Arbeitsverträge die Auszahlung variabler Gehaltsbestandteile an das Erreichen bestimmter Ziele knüpfen, geht das nicht immer gut aus. Ärger ist zum Beispiel dann programmiert, wenn der Arbeitgeber die Ziele so hoch ansetzt, dass sie kaum zu erreichen oder nicht nachvollziehbar sind. Gleiches gilt, wenn die Zielerreichung sich nicht validieren lässt. Für den Arbeitnehmer bedeutet das aber nicht unbedingt den Verlust seines Bonus, wie der aktuelle Fall eines Facharztes für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie belegt.

Der Mann bekleidet in einer Klinik die Position des Leiters für MKG-Chirurgie. Sein Chefarztvertrag sieht neben einer Grundvergütung auch eine Beteiligungsvergütung für Wahlleistungen und eine Zielvereinbarungsregelung vor. Danach haben die Parteien die Pflicht, bis zum jeweils 30. November des Vorjahres zu vereinbaren, welche Ziele der Chefarzt zu erfüllen hat, um einen Bonus von 60.000 Euro brutto pro Jahr zu erhalten.

Der Klinikträger legte dem Chefarzt für die Jahre 2017 bis 2019 einen Vorschlag für eine Zielvereinbarung vor. Der allerdings lehnte ihn als intransparent ab und bat um eine Klarstellung. Diese blieb aus, so dass für die Jahre 2017 bis 2019 gar keine Zielvereinbarung zustande kam.

Um dennoch seinen Bonus zu erhalten, zog der Chirurg vors Arbeitsgericht. Mit Erfolg. Der Rechtsstreit endete in einem Vergleich. Welche Summen flossen, wurde zwar nicht bekannt. In der Sache allerdings zeigt sich der Anwalt des Klägers zufrieden.

Fehlt ein Ziel, muss trotzdem gezahlt werden

„Dass der Träger dem Chefarzt keine nachvollziehbare Zielvereinbarung unterbreitet hat, darf ihm nicht zum Nachteil gereichen“, kommentiert Benedikt Büchling, Fachanwalt für Medizin- und Arbeitsrecht in Hagen. Seine Kanzlei vertrat den Arzt im besagten Rechtsstreit. Vielmehr hat die Klinik mit ihrem Unterlassen eine vertragliche Nebenpflicht verletzt und sich schadenersatzpflichtig gemacht. „Dadurch, dass keine transparenten Ziele vereinbart wurden, obwohl der Arzt auf diesen Missstand hingewiesen hat, nimmt der Klinikträger ihm die Möglichkeit, den vereinbarten Bonus zu bekommen – und muss ihm diesen Schaden ersetzen“, so der Jurist.

Bei der Höhe des Schadens legen die Gerichte meist eine Zielerreichung von 100 Prozent zugrunde, so dass der Beschäftigte den vollen Bonusbetrag als Schadensersatz ausgezahlt bekommt. Fehlt eine konkrete Bonushöhe im Rahmenvertrag, stellt die Rechtsprechung in der Regel eine Durchschnittsbetrachtung der vorangegangenen Jahre an, um die Schadenssumme zu ermitteln.

Wichtig: Die Pflicht, Verhandlungen über eine Zielvereinbarung zu beginnen, liegt beim Arbeitgeber. Kommt er ihr nicht nach, haben Arbeitnehmer gute die Chancen, die Bonussumme als Schadensersatz einzuklagen. Einfach die Hände in den Schoß legen dürfen sie aber nicht. Sie tragen zumindest eine Mitverantwortung für das Zustandekommen der Vereinbarung. Um ihre Rechte zu wahren, müssen sie daher den Arbeitgeber auf sein Versäumnis hinweisen beziehungsweise wie der Chefarzt im obigen Fall, eine rechtmäßige Vereinbarung einfordern.