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Finanzen

Beim Geld hört nicht nur oft die Freundschaft auf, sondern auch Familien können sich bei dem Thema im Erbfall schnell zerstreiten. Gerade wenn der aufzuteilende Vermögenskuchen eher üppig ist und zu Lebzeiten keine Vorkehrung wie Testament oder Schenkungen getroffen wurden, gibt es Konfliktpotenzial. Denn was vielen Erblassern nicht bewusst ist: Wer sich vor der Regelung der Vermögensnachfolge drückt, entscheidet sich meist automatisch für das Modell Erbengemeinschaften. Denn nur einer von fünf hinterlässt seinen Besitz nur einem Begünstigten. In der großen Mehrheit der Fälle sind es zwei oder mehr. Also gehört dann zum Beispiel ein Haus dem hinterbliebenen Ehepartner und den Kindern gemeinsam. Wenn sich alle über die zukünftige Nutzung oder einen Verkauf einig sind, muss das auch nichts Schlimmes sein.

Anders sieht das schon aus, wenn es sich zum Beispiel um die zweite Ehefrau und die Kinder aus erster Ehe handelt, die sich untereinander nicht so gut verstehen. Aber Streit gibt es nicht nur in Patchwork-Konstellationen.

Unterschiedliche Interessen der Erben beachten

Laut einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) zetteln sogar in fast zwei Drittel der untersuchten Fälle die eigenen Geschwister Streit in einer Erbengemeinschaft an. Bis dann eine Einigung gefunden wird, kann es dauern. Etwa ein Viertel der analysierten Erbengemeinschaften bestehen länger als 5 Jahre, der Extremfall im Datensatz waren 104 Jahre (s. Grafik 1).

Grafik Dauer Erbengemeinschaft

Grafik: DIA-Dossier „Wenn der Nachlass zum Zankapfel wird“ 2023; Quelle: DIA-Dossier „Wenn der Nachlass zum Zankapfel wird“ 2023

Hauptzankapfel sind Immobilien. Hier wird gerne über Bewertung und weitere Nutzung gestritten. In über 80 Prozent der Erbengemeinschaften, die nicht problemlos abgewickelt und schnell wieder aufgelöst werden, war das Betongold Vermögensbestandteil (s. Grafik 2). „Typisches Beispiel ist die geerbte Immobilie, die der eine Erbe erhalten möchte und der andere schnell sein Geld sehen will“, bestätigt Andreas Glogger, Geschäftsführer und Inhaber bei der GLOGGER & PARTNER Vermögensverwaltung GmbH mit Standorten in Krumbach und Stuttgart.

Grafik Erbvermögen Immobilien

Grafik: DIA-Dossier „Wenn der Nachlass zum Zankapfel wird“ 2023; Quelle: DIA-Dossier „Wenn der Nachlass zum Zankapfel wird“ 2023

Kann keine Konsenslösung gefunden werden und wird von einem die Auflösung der Erbengemeinschaft erzwungen, muss veräußert werden. Auch wenn es im Sinne des Familienvermögens sinnvoller sein könnte, das Objekt zu erhalten oder auf eine Phase mit besseren Preisen zu warten. „Erblasser können so etwas verhindern, indem sie frühzeitige Regelungen für ihren Willen treffen und dabei am besten das offene Gespräch mit allen Beteiligten suchen“, weiß Finanzfachmann Andreas Glogger. Gerade bei großen Vermögen gibt es vielfältige Möglichkeiten, Vorkehrungen zu treffen, um das Familienvermögen zu schützen. Etwa um den Hinterbliebenen Spielraum für absehbare Erbschaftssteuerzahlungen zu geben oder diese durch frühzeitiges Handeln weitestgehend sogar zu vermeiden.

So können etwa durch Schenkungen alle 10 Jahre bis zu 500.000 Euro an den Ehepartner, 400.000 Euro je Kind und 200.000 Euro an die Enkel steuerfrei übertragen werden.

Erbengemeinschaft vermeiden

Ein weiterer großer Vorteil: Das verschenkte Vermögen ist bereits aufgeteilt und fließt damit in der Regel nicht mehr in eine spätere Erbengemeinschaft ein. Sind hier schon mal die größten Brocken des Vermögens vergeben, fallen damit viele Streitpunkte weg. Das ist aber noch keine Garantie für Harmonie unter den Erben: „Sobald ideelle Werte, emotionale Themen oder schlicht Neid ins Spiel kommen, können auch über Kleinigkeiten ausgiebige Auseinandersetzungen geführt werden“, weiß Jürgen Prestel, Seniorberater beim Vermögensverwalter Hansen & Heinrich AG am Standort Kempten.

Um Streit um den Vermögensnachlass zu verhindern, empfiehlt er, sich möglichst frühzeitig mit dem Thema auseinanderzusetzen und sich auch von externen Fachleuten Rat einzuholen. „Die meisten Erbgemeinschaften entstehen in der Regel aus Versehen, weil nichts oder etwas fehlerhaft geregelt wurde“, erklärt Finanzplaner Jürgen Prestel. Wer dagegen seinen letzten Willen etwa per Testament oder schon vorher mit gut durchdachten und steuerlich vorteilhaften Schenkungen klar festlegt, kann über den Tod hinaus Wertvolles zum Familienfrieden beitragen.

Autor: Florian Junker/VBank