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Medizin

Aktuell leben etwa 1,6 Millionen Amerikaner mit den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa. Beide Krankheiten sind durch Entzündungen des Magen-Darm-Trakts gekennzeichnet und gehen einher mit anhaltendem Durchfall, Bauchschmerzen und blutigem Stuhl. Unbehandelte Entzündungen können zu dauerhaften Schäden im Gastrointestinaltrakt führen. Zurzeit erfolgt die Behandlung mit entzündungshemmenden Medikamenten, Immunsuppressiva und Steroiden sowie mittels Ernährungsumstellung.

Über viele Jahre hinweg haben Kliniker festgestellt, dass chronischer Stress die Symptome verschlimmern kann. Trotzdem wurde bisher noch keine biologische Verbindung gefunden, die erklärt, wie das Verdauungssystem erkennt, dass jemand unter Stress steht. Nun haben US-amerikanische Forschende herausgefunden, dass diese Beobachtung auch auf Mäuse zutrifft: Tiere mit CED entwickeln – genau wie Menschen – schwere Symptome, wenn sie gestresst sind. Diese Entdeckung veranlasste die Forschenden, die initialen Stressreaktionssignale zur Nebennierenrinde, die Glukokortikoide freisetzt, nachzuverfolgen.

Bauchgehirn reagiert auf erhöhte Glukokortikoidspiegel

Sie fanden heraus, dass Neuronen und Gliazellen im enterischen Nervensystem (ENS) auf chronisch erhöhte Glukokortikoidspiegel reagieren. Diese Beobachtung legt nahe, dass sie die Verbindung zwischen der Stresswahrnehmung durch das Gehirn und der Entzündungsreaktion im Darm bilden.
Obwohl Glukokortikoide normalerweise entzündungshemmende Eigenschaften im Körper haben, zeigten in der Studie die Gliazellen im ENS eine andere Reaktion, wenn sie über einen längeren Zeitraum den Steroidhormonen ausgesetzt waren: Sie lockten weiße Blutkörperchen in den Magen-Darm-Trakt, was wiederum die Entzündungsreaktion verstärkte. Darüber hinaus zeigte sich, dass die Neuronen im ENS des Magen-Darm-Trakts bei chronischem Stress nicht mehr wie gewohnt funktionieren, was zu einer Beeinträchtigung des Stuhlgangs und somit zu einer Verschlimmerung der Krankheitssymptome führen kann.

Viel Stress bedeutet schwere Symptome bei entzündlichen Darmerkrankungen

Daraufhin überprüften die Forschenden den Zusammenhang zwischen psychischem Stress und CED-Symptomen beim Menschen anhand der UK Biobank und einer Patientenkohorte aus den USA. Es bestätigte sich, dass bei Patienten mit CED das Ausmaß des berichteten Stresses mit einem erhöhten Schweregrad der CED-Symptome korrelierte.

Sind Steroide überhaupt die richtige Therapie bei akuten Schüben?

„Dieser Befund unterstreicht die Bedeutung psychologischer Untersuchungen bei Patienten, die wegen CED behandelt werden, sowie die Bedeutung von Behandlungsprotokollen“, erklärte Maayan Levy, Mitautorin der Studie. „Eine der häufigsten Behandlungen bei CED-Schüben sind Steroide, und unsere Forschung deutet darauf hin, dass bei Patienten mit CED, die chronischem Stress ausgesetzt sind, die Wirksamkeit dieser Behandlung beeinträchtigt sein könnte.“

Egal ob chronisch krank oder nicht: Ein gutes Stressmanagement ist wichtig für die Gesundheit. Manchmal helfen bereits kleine Lebensstil-Modifikationen, mit Stress besser umzugehen.