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Vor kurzem wurde aufgrund der vermehrten Medikamenten-Lieferengpässe der vergangenen Jahre das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) verabschiedet. Ziel: Die Versorgungssicherheit mit Medikamenten langfristig stärken. Doch manche betroffenen Arzneimittel wurden bei dem Gesetz schlichtweg vergessen: Obwohl Kontrastmittel im letzten Jahr ebenfalls regelmäßig von Lieferengpässen betroffen waren, trägt das neue Gesetz nicht dazu bei, die Situation zu entschärfen. Brancheninsider Chakib Lemzouri, Leiter für Gesundheitspolitik beim Kontrastmittelhersteller Bracco Imaging Deutschland GmbH, erklärt im folgenden Beitrag, warum das ein Problem sein könnte.

Wozu dient das ALBVVG?

In den vergangenen Jahren kam es zu vermehrten Lieferengpässen vor allem bei patentfreien Arzneimitteln. Beispielsweise mangelte es im letzten Winter an Antibiotika sowie Fieber- und Hustensaft für Kinder. Auch Medikamente für Krebspatienten und Kontrastmittel waren zwischenzeitlich knapp. Um die Versorgungssicherheit mit Arzneimitteln zu stärken, wurde vom Bundestag das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) verabschiedet. Die Stärkung der Versorgungssicherheit soll unter anderem durch ein verbindliches Frühwarnsystem erreicht werden, das bereits drohende Lieferengpässe schnell erkennt. So sollen Hersteller besser planen können. Außerdem können die Preise für Arzneimittel, die von Lieferengpässen betroffen sind, vorübergehend angehoben werden, sodass der deutsche Markt für Hersteller attraktiver wird.

Welche Rolle spielen Kontrastmittel im ALBVVG?

Obwohl Kontrastmittel eines internationalen Herstellers 2020 von Lieferengpässen betroffen und teilweise nicht lieferbar waren, wurden sie im ALBVVG neben den allgemeinen Maßnahmen nicht besonders berücksichtigt. Dabei sind Kontrastmittel für die Erkennung einer Vielzahl von Erkrankungen versorgungsrelevant. Stehen diese Mittel nicht zur Verfügung, wirkt sich dies unmittelbar auf die Versorgung aus, denn ohne Diagnose keine Behandlung.

Warum ist das ein Problem?

Arzneimittel für die Behandlung von Krebserkrankungen im Gesetz zu berücksichtigen, aber einen Mangel an Medikamenten in Kauf zu nehmen, mit denen sich die Krankheit überhaupt erst erkennen lässt, greift viel zu kurz und hilft Patienten nicht. Auch wenn das ALBVVG einige positive Ansätze enthält, ist es zu stark auf bestimmte Arzneimittel begrenzt und behebt bei vielen Medikamenten nicht die eigentliche Problematik.

Was führt zu Lieferengpässen bei Kontrastmitteln?

Engpässe bei Kontrastmitteln ergeben sich vor allem im Zusammenhang mit aus meiner Sicht rechtswidrigen Exklusivausschreibungen. Diese finden in den KV-Regionen Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Saarland, Nordrhein und Westfalen-Lippe statt. Dort geben gesetzliche Krankenkassen genau vor, welche Kontrastmittel Ärzte verwenden müssen – der billigste Hersteller bekommt allein den Zuschlag, unabhängig davon, ob die Kontrastmittel am besten für die Behandlung geeignet sind. Patientensicherheit, Qualität, Umweltaspekte, Lieferkettensicherheit oder Produktionsstandort spielen bei der Auswahl keine besondere Rolle. (Lesen Sie hierzu auch den Beitrag: Wie Krankenkassen die ärztliche Therapiefreiheit gefährden)

Kommen die von den Krankenkassen exklusiv ausgewählten Kontrastmittel aus Kostengründen aus dem außereuropäischen Ausland, geht dies mit unnötig langen Lieferketten und Produktionsstopps einher, die die Gefahr von Versorgungsengpässen erhöhen. Deshalb sollte auch bei der Wahl der Kontrastmittel der Produktionsstandort berücksichtigt werden. Zudem müssen Lieferketten unabhängiger von einzelnen Lieferanten gestaltet werden.

Was müsste sich ändern, um die Versorgung mit Kontrastmitteln zu sichern?

Die Versorgung mit wichtigen Medikamenten sollte niemals von nur einzelnen Zuschlagsempfängern abhängig sein. Durch die Ausgestaltung des Vergabeverfahrens und der Sprechstundenbedarfsvereinbarung wird nicht nur die Therapiefreiheit der Ärzte untergraben, die Exklusivverträge schließen andere Unternehmen systematisch von der Regelversorgung aus und führen zu einem künstlichen Verdrängungswettbewerb mit am Ende monopolähnlichen Strukturen. Es bedarf daher dringend einer gesetzlichen Klarstellung. Es wird Zeit, dass die Politik das Ein-Partner-Modell bei Ausschreibungen im Gesundheitsbereich endgültig abschafft.

Welche Alternativlösungen gibt es?

Eine bessere Lösung wären Exklusivausschreibungen in Mehr-Partner-Modellen oder ausgewogene Open-House-Verträge, die Ausfallrisiken minimieren und die Anbietervielfalt gewährleisten. Kontrastmittel müssen zusätzlich als versorgungskritische Arzneimittel klassifiziert werden. Um Arbeitsplätze zu erhalten und die Wirtschaft zu stärken, ist es außerdem von zentraler Bedeutung, dass Produkte weiterhin auch in Deutschland und Europa wirtschaftlich hergestellt werden können. Des Weiteren sollten von der Politik Aspekte wie Rohstoffpreisentwicklungen, Inflation und internationale Ereignisse, die einen Einfluss auf die Produktions- und Herstellungskosten haben, berücksichtigt werden.