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Medizin

Experten warnen vor den möglichen gesundheitlichen Folgen dieser Entscheidungen. Sicher ist: Die ärztliche Therapiefreiheit und die Sicherheit der Patienten stehen hier auf dem Spiel.

Gadoliniumhaltige Kontrastmittel und ihre Risiken

Früher galten gadoliniumhaltige Kontrastmittel als unbedenklich. Das ist allerdings vorbei, wie Dr. Wolfram Schaeben, Mitglied der RadiologenGruppe 2020 und Vorstandsmitglied des Berufsverbands der Deutschen Radiologen erklärt: “Inzwischen hat die Wissenschaft allerdings herausgefunden, dass sich Gadolinium bei hoher Dosierung im Gehirn und anderen Körperregionen ablagern und zu gesundheitlichen Problemen führen kann.” Die Europäische Arzneimittel-Agentur habe daraufhin lineare gadoliniumhaltige Kontrastmittel vom Markt genommen.

Obwohl zyklische Kontrastmittel derzeit noch verwendet werden, empfiehlt die EMA, die niedrigstmögliche Dosis für die jeweilige Untersuchung einzusetzen, um die Gadolinium-Belastung zu minimieren.

Kostendruck und Einschränkung der ärztlichen Entscheidungsfreiheit

Die “RadiologenGruppe 2020”, ein deutschlandweiter strategischer Verbund radiologischer und nuklearmedizinischer Mittelstandspraxen, schlägt nun Alarm: In den KV-Regionen Nordrhein, Westfalen-Lippe, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein würden Krankenkassen durch Exklusivausschreibungen bestimmen, welche Kontrastmittel verwendet werden dürfen – darunter auch die genannten. Der günstigste Anbieter erhalte den Zuschlag, während Aspekte wie Verträglichkeit, Patientensicherheit und Gadoliniumdosis eine untergeordnete Rolle spielen würden. Ärzte, die eigenständig ein besseres geeignetes Mittel einsetzen, riskieren demnach Kostenübernahmeprobleme und mögliche Regressforderungen der Krankenkassen.

Dr. Christoph Buntru, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der RadiologenGruppe 2020: “(…) In vielen Fällen wäre es beispielsweise möglich, bis zu 25 Prozent weniger Gadolinium zu verwenden. Da die Wahl der Krankenkassen allerdings auf ein preiswerteres Mittel mit höherer Dosis fiel, müssen wir unsere Patienten aktuell unbekannten Gefahren aussetzen“.

Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit und Monopolbildung

Die Exklusivausschreibungen der Krankenkassen gefährden nicht nur die Gesundheit der Patienten, sondern auch die Versorgungssicherheit in radiologischen Praxen, so die Experten. Da Ärzte selbst bei Lieferengpässen nicht ohne Weiteres auf alternative Kontrastmittel zurückgreifen dürften, könne es bei lebensrettenden Diagnosen, insbesondere bei schweren Erkrankungen wie Krebs, zu fatalen Verzögerungen kommen. Darüber hinaus begünstigt die Praxis der Krankenkassen nach Ansicht der Radiologen-Vereinigung die Bildung von Monopolen: Die Ausschreibungen würden häufig dieselben großen Unternehmen gewinnen, während lokale Hersteller keine Chance hätten.

„Wir Radiologen fordern deshalb die Abschaffung der Exklusivausschreibungen bei Kontrastmitteln! Wir wollen unsere Patienten bestmöglich betreuen und uns nicht durch wirtschaftliche Faktoren von den Krankenkassen vorschreiben lassen, welche Medikamente wir zu nutzen haben“, so Dr. Buntru. Die Sicherheit der Patienten und die ärztliche Therapiefreiheit müssten weiterhin oberste Priorität haben.