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Onkologie
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Unterschiedliche Studien haben verschiedene Lebensstilfaktoren identifiziert, die einen Einfluss auf das Darmkrebsrisiko haben. Neben Rauchen, zu wenig Bewegung, einer Ernährung mit viel rotem Fleisch und zu wenig Ballaststoffen, erhöht vor allem auch Übergewicht das Risiko.

Zahl der Übergewichtigen steigt weltweit

Die Prävalenz von Adipositas und Übergewicht nimmt weltweit in den Industrieländern zu. Laut der Deutschen Adipositas Gesellschaft haben in Deutschland gut die Hälfte der Frauen und rund zwei Drittel der Männer einen BMI von 25 kg/m2 und mehr und sind damit übergewichtig. Fast ein Viertel aller Frauen und Männer ist sogar stark übergewichtig mit einem BMI von 30 kg/m2 und mehr.

Frühere Studien hatten ergeben, dass fünf bis elf Prozent der Dickdarmkrebserkrankungen auf Übergewicht zurückzuführen seien. Forschende des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) hielten diese Zahlen jedoch für zu niedrig und analysierten daraufhin die Daten der DKFZ DACHS-Studie erneut, um Faktoren herauszufinden, welche die Ergebnisse möglicherweise verzerrten. Ihre Ergebnisse hat das Fachmagazin „Obesity“ publiziert.

Studie zu Darmkrebs wertet DACHS-Daten neu aus

Die DACHS-Studie (Darmkrebs: Chancen der Verhütung durch Screening) befragt seit 2003 Patienten mit Dickdarmkrebs und vergleichbare Kontrollpersonen ohne Darmkrebs. In die neue Studie schlossen die Wissenschaftler Daten von 7.098 Teilnehmern ein, bei denen zwischen 2003 und 2022 erstmalig ein Dickdarmkarzinom diagnostiziert worden war, sowie die Daten von 5.757 Kontrollpersonen ohne diese Diagnose.

Als erstes untersuchten die Forscher den Zusammenhang zwischen der Darmkrebsdiagnose und dem Gewichtsverlauf in den letzten zehn Jahren vor der Diagnose. Danach analysierten sie die Studiendaten erneut in Hinblick auf drei mögliche Verzerrungsfaktoren:

  1. Ob die Studienteilnehmer im Zeitraum vor der Diagnosestellung Gewicht verloren hatten, was bei Krebspatienten häufig vorkommt. Um diesen Faktor auszuschließen, werteten die Wissenschaftler den Gewichtsverlauf fünf bis vierzehn Jahre vor der Diagnose aus.

  2. Ob Studienteilnehmer im Vorfeld schon einmal an einer Darmspiegelung teilgenommen hatten. Da dabei möglicherweise Präkanzerosen entfernt wurden, schlossen die Forscher diese Teilnehmer aus.

  3. Ob der untere Standard-BMI-Wert für Übergewicht mit 25 kg/m2 möglicherweise zu hoch liegt und auch Personen mit einem niedrigeren BMI ein erhöhtes Risiko für Dickdarmkrebs haben.

Ausschluss der Verzerrungsfaktoren zeigt deutlichen Zusammenhang

Dabei zeigten sich folgende Ergebnisse:

  • Bei der Standardanalyse mit Einschluss aller Teilnehmer und einer Berücksichtigung des Gewichts von null bis zehn Jahren vor Diagnose war Übergewicht für geschätzt 11,5 Prozent der Darmkebserkrankungen verantwortlich.

  • Wurde der Gewichtsverlauf fünf bis vierzehn Jahre vor Diagnose berücksichtigt, zeigte sich ein Zusammenhang zwischen Übergewicht und Erkrankung bei geschätzt 17,7 Prozent.

  • Nach zusätzlichem Ausschluss der Teilnehmer mit Koloskopie lag der geschätzte Wert bei 22,0 Prozent.

  • Berücksichtigten die Forscher alle drei Verzerrungsfaktoren bei ihrer Analyse, gingen geschätzt 23,4 Prozent der Darmkrebserkrankungen auf Übergewicht zurück.

Prävention tut Not

„Unsere Ergebnisse legen nahe, dass Übergewicht einen zirka doppelt so großen Anteil an der Darmkrebsentstehung hat als bislang angenommen“, so Hermann Brenner, Epidemiologe am DKFZ. Und Übergewicht ist nicht nur an der Entstehung von Darmkrebs beteiligt, sondern auch an anderen Krebsarten. Umso wichtiger ist es, der zunehmenden Prävalenz von Übergewicht und Adipositas durch die Entwicklung von Präventionsstrategien entgegenzuwirken.