Wirtschaftsnachrichten für Ärzte | ARZT & WIRTSCHAFT
E-Health
Auf Ihrer Homepage findet sich dieser Satz: “Patienten zum passenden Arzt zu führen – das ist das Ziel von jameda seit ihrer Gründung in 2007.” Klingt nach einer Win-Win-Situation für Patienten und Ärzte… Warum sind dann so viele Ärzte so schlecht auf Jameda zu sprechen?

Dr. Florian Weiß: Ein großer Teil der Ärzte schätzt jameda, da wir genau dieses Versprechen einlösen. Es gibt aber immer mal wieder Kritik, die sich vor allem an Patientenerfahrungsberichten entzündet – das verstehen wir auch, denn schließlich steht zumeist der Arzt als Mensch im Mittelpunkt der Erfahrungen, die Patienten auf unserer Seite mit anderen teilen. Wir wissen hier um unsere Verantwortung und werden dieser durch einen sehr sorgsamen Umgang mit Erfahrungsberichten gerecht. Mit unseren Richtlinien und Prüfprozessen schützen wir Ärzte vor ungerechtfertigten und unangebrachten Patientenbeiträgen bestmöglich – wie übrigens auch der jüngste Bericht des Bundeskartellamts zeigt. Darin wird die Wirksamkeit des Prüfprozesses von jameda bestätigt und die Bedeutsamkeit von Erfahrungsberichten, wie sie auch auf jameda veröffentlicht werden, unterstrichen.

Welchen Vorteil haben Ärzte, die eine Mitgliedschaft bei Ihrem Portal bezahlen gegenüber jenen, die dort kostenfrei erwähnt sind?

Dr. Florian Weiß: Wir verstehen uns als Plattform, die die Beziehung zwischen Arzt und Patient durch digitale Lösungen verbessern möchte. Weil wir davon überzeugt sind, dass diese Lösungen die Verbindung zwischen beiden Seiten vertiefen, den Heilungsprozess unterstützen und die Wirtschaftlichkeit der Praxis erhöhen können. Dafür bieten wir Ärzten eine Alles-Aus-Einer-Hand-Lösung für den digitalen Kontakt mit dem Patienten:
Das jameda Profil bietet die Möglichkeit, Bilder und Informationen rund um den Arzt, die Praxis und das medizinische Leistungsportfolio zu hinterlegen. So ist der Arzt im Internet gerade für die Patienten besser sichtbar, die zu seinem Praxisschwerpunkt passen.

Über den jameda Praxiskalender mit integrierter Online-Terminvergabe gewinnt der Arzt Patienten einfach und direkt für seine Praxis und verbessert gleichzeitig die Effizienz der Praxisabläufe. Und mithilfe unserer leistungsstarken Videosprechstundentechnologie kann der Arzt Neu- und Bestandspatienten einen komplett virtuellen Termin ermöglichen – ein Service der gerade angesichts steigender Corona-Zahlen von Patienten wie Ärzten gleichermaßen stark nachgefragt wird.
Ganz wichtig ist es mir, an dieser Stelle zu betonen: Ein kostenpflichtiges jameda Profil bietet keine Vorteile im Umgang mit Patientenerfahrungsberichten und hat keinerlei Einfluss auf die Rankingposition. Hierbei behandeln wir selbstverständlich alle Ärzte gleich.

Jameda ist bei Patienten sehr beliebt, bei Ärzten deutlich weniger. Diese kritisieren vor allem, dass sie bei Jameda ohne ihr Einverständnis gelistet werden. Sie empfinden das als Nötigung, da sie hier öffentlich kritisiert und beurteilt werden können. So sind sie, auch wenn sie gar keine Internetpräsenz wünschen, gezwungen, sich mit den Kommentaren auf jameda auseinanderzusetzen. Was antworten Sie Ihren Kritikern?

Dr. Florian Weiß: Zunächst einmal möchte ich einen Aspekt Ihrer Frage etwas relativieren: Unser starkes Wachstum und das sehr positive Feedback, das wir von unseren Kunden bekommen, zeigen uns, dass unser Angebot bei der großen Mehrheit der Ärztinnen und Ärzte durchaus beliebt ist und echte Probleme löst.

Gleichzeitig verstehen wir aber gut, dass es auch Ärzte gibt, die ihre Präsenz auf jameda kritisch beurteilen. Und wir wissen, dass uns der BGH mit dem Recht, alle Ärztinnen und Ärzte in Deutschland auf unserer Plattform zu führen, zugleich eine hohe Verantwortung übertragen hat: Die gesellschaftlich erwünschte Funktion vollständiger Arztlisten und steigender Transparenz über die Versorgungsqualität darf niemals zu Lasten des Schutzes der Ärzte vor falschen Tatsachenbehauptungen und Beleidigungen gehen.

Dafür investieren wir jährlich rund zwei Mio. Euro und haben ein branchenweit führendes Qualitätsmanagement etabliert, das die Authentizität und Rechtskonformität der bei uns veröffentlichten Erfahrungsberichte sicherstellen soll. Auch unser neuer Code of Conduct trägt wesentlich dazu bei, dass die Kernwerte unserer Plattform gestärkt werden: Fairness, Authentizität und Nützlichkeit.

Ein weiterer Vorwurf: Im System angelegt sei ja der Missbrauch. So lasse sich über Strohmänner z. B. bewusst negative und geschäftsschädigende Kritik an einem Konkurrenten üben. Oder man verschafft sich selbst auf diesem Wege viel positive Kritik. Sind Sie sicher, dass es diesen Missbrauch auf jameda nicht gibt?

Dr. Florian Weiß: Einhundertprozentigen Schutz vor Missbrauch kann wohl leider kein System der Welt bieten. jameda ist mit seinen Maßnahmen gegen Fake-Bewertungen aber seit langem Vorreiter. Dies unterstreicht auch der Bericht des Bundeskartellamts und macht deutlich, dass jameda über aufwendige technische Methoden verfügt, um Patientenerfahrungsberichte zu prüfen und Fake-Bewertungen auf diese Weise zu unterbinden.

Ich möchte deutlich herausstellen: Kritik, die auf persönlichen Interessen und unwahren Behauptungen fußt, hat auf jameda keinen Platz. Wir sind uns bewusst, dass wir Ärzte durch die Veröffentlichung von Patientenerfahrungsberichten manchmal vor Herausforderungen stellen. Daher ist es uns wichtig, dass alle Ärzte bei jameda Ansprechpartner finden, an die sie sich bei Problemen wenden können. Unsere Mitarbeiter nehmen unabhängig vom Kundenstatus des jeweiligen Arztes alle Hinweise sehr ernst und prüfen sie mit größter Sorgfalt. Lassen sich Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Erfahrungsberichts nicht ausräumen, wird er gelöscht.

In Ihren Richtlinien für Patientenberichte heißt es dazu: “Wir prüfen regelmäßig die Authentizität von Beiträgen und veröffentlichen im Zweifel nur solche Inhalte, deren Authentizität für uns sicher ist. Gegen manipulierte Beiträge und die dafür Verantwortlichen gehen wir konsequent vor (..)” Was heißt das konkret? Wie gehen Sie gegen die Urheber vor? Und was ist mit dem Arzt, dem z.B. durch manipulierte Negativ-Beiträge bereits ein Schaden entstanden ist? Wie kann dessen Schaden behoben werden?

Dr. Florian Weiß: Echte Patientenerfahrungsberichte haben für uns höchste Priorität. Deshalb sorgen wir mit viel Engagement und Sorgfalt dafür, dass sich Patienten auf die Erfahrungsberichte bei jameda verlassen können. Um größtmögliche Qualität und Authentizität dieser Beiträge garantieren zu können, haben wir verschiedene Maßnahmen zur Qualitätssicherung implementiert. Dabei ist u. a. das Zusammenspiel aus technischer und menschlicher Prüfung wichtig. Wir prüfen sowohl vor Veröffentlichung eines Berichts als auch rückwirkend. Das kann dazu führen, dass manipulierte Patientenerfahrungsberichte auch im Nachhinein noch gelöscht werden. Die direkte Bewertungsprüfung und der Austausch mit dem Verfasser umfassen folgende Maßnahmen:
• Prüfalgorithmus: Unser Prüfalgorithmus erkennt anhand von gut 50 Merkmalen technische und sprachliche Muster, die als auffällig eingeschätzt werden.
• SMS-Prüfverfahren: Unser bewährtes SMS-Prüfverfahren stellt eine wirksame Hürde gegen Mehrfachbewertungen dar, die von ein und derselben Person stammen.
• Menschliche Expertise: Unsere 20 Mitarbeiter in der Qualitätssicherung prüfen im Zusammenspiel mit dem Algorithmus und häufig in Rücksprache mit den Verfassern auffällige Beiträge und entfernen diese bei fehlender Authentifizierung.
• Nutzerhinweise: Unser Qualitätsteam geht jedem Hinweis auf einen ungerechtfertigten Beitrag sofort nach und nimmt diesen während der Prüfung offline. Um einen Schaden gar nicht erst entstehen zu lassen, informieren wir Ärzte grundsätzlich bereits vor Veröffentlichung eines Erfahrungsberichts.

Wie Sie erkennen, betreiben wir eine sehr aufwendige Qualitätssicherung nach deutscher Rechtsprechung – und darüber hinaus. Dies wissen sehr viele Ärzte zu schätzen und versuchen daher, die Bewertungen auf jameda zu konzentrieren.

Des Weiteren verfolgen wir das Treiben von Agenturen, die Fake-Bewertungen verkaufen, sehr aufmerksam und leiten regelmäßig rechtliche Schritte gegen sie ein. Damit hatten wir in der Vergangenheit großen Erfolg.

Seit Mitte dieses Jahres werden registrierte Ärzte VOR (bisher nach) der Veröffentlichung über eine neue Bewertung informiert und können darauf reagieren. Welchen Grund hatten Sie für diese Änderung?

Dr. Florian Weiß: Diese Anpassung ist in partnerschaftlichem Dialog mit Ärzten und deren Vertretern entstanden. Mit diesem Angebot möchten wir nicht nur die Qualitätsprüfung um eine weitere Instanz verbessern, sondern Ärzten auch zeigen, dass wir ihre Anliegen sehr ernst nehmen und immer bereit sind, jameda mit ihrem Feedback weiterzuentwickeln.
Konkret handelt es sich dabei um folgende Anpassung: Seit Juli erhalten alle auf jameda registrierten Ärzte und Heilberufler unabhängig vom ihrem Kundenstatus eine E-Mail über den Eingang und den Inhalt einer neuen Patientenerfahrung – bevor diese auf ihrem Profil veröffentlicht wird. Ab Erhalt der Benachrichtigung kann der Arzt innerhalb einer 24-stündigen Frist auf die Patientenerfahrungsberichte reagieren und im Verdachtsfall direkt eine Prüfung einleiten.

Wie stark wird dieses Angebot von der Ärzteschaft bisher tatsächlich genutzt?

Dr. Florian Weiß: Das Feedback auf diese Anpassung ist sehr positiv und wird auch rege genutzt.

Wie geht es mit Jameda weiter? Welche Entwicklungsmöglichkeiten sehen Sie für die Plattform noch? Was für Überraschungen haben Sie noch in der Pipeline? Gibt es noch weitere Pläne. Ärzte stärker mit einzubeziehen?

Dr. Florian Weiß: Wie bereits erwähnt, sehen wir in jameda die führende Plattform für gelingende Arzt-Patienten-Beziehungen. Um diese Position weiter auszubauen und Ärzten wie Patienten hilfreiche digitale Angebote machen zu können, weiten wir unsere Services immer weiter aus. Praxiskalender, Online-Terminbuchung und Videosprechstunden sind da nur ein erster Schritt. In naher Zukunft werden wir weitere Services einführen, die die digitale Interaktion zwischen Arzt und Patient signifikant erleichtern und den Behandlungserfolg steigern werden.

Dazu gehören im Vorweg der Behandlung der Austausch digitaler Dokumente, die digitale Anamnese sowie die datenbasierte Diagnoseunterstützung. Nach der Behandlung zählen dazu natürlich das e-Rezept und die digitale AU.

Selbstverständlich werden das Feedback und der partnerschaftliche Austausch mit Ärzten weiterhin eine wichtige Rolle bei der Entwicklung neuer Angebote spielen, um unseren Anspruch als wichtigster Mittler zwischen Arzt und Patient gerecht zu werden.

*Dr. Florian Weiß ist Geschäftsführer/CEO der jameda GmbH. Zuvor arbeitete er als Berater bei der Boston Consulting Group (BCG) sowie als freier Berater unter anderem für verschiedene junge Internetunternehmen in Berlin und leitete zuletzt die Unternehmensentwicklung der Tomorrow Focus AG. Florian Weiß promovierte am Lehrstuhl Wirtschaftswissenschaften für Ingenieure und Naturwissenschaftler der RWTH Aachen und studierte Betriebswirtschaftslehre und Publizistik an der Handelshochschule Leipzig sowie der Freien Universität Berlin.