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Finanzen

Darlehensvereinbarungen innerhalb der Familie beschäftigen die Finanzgerichte immer wieder. Denn wenn nahestehende Personen einander zu besonders günstigen Konditionen Geld leihen, ist dies nach Ansicht des Fiskus oft als Schenkung zu bewerten. Die gesparten Zinsen sind dann schnell wieder futsch, weil das Finanzamt Schenkungssteuer ansetzt. 

Doch wann darf der Staat in solchen Konstellationen die Hand aufhalten? Und wie wird die Schenkungsteuer berechnet? Auf diese Fragen lieferte bereits der Bundesfinanzhof (BFH) in München die passenden rechtlichen Antworten (Urteil vom 31.07.2024, Az. II R 20/22).

Bessere Konditionen als jede Bank 

Im konkreten Fall hatte ein Mann von seiner Schwester im Jahr 2016 einen Kredit über 1.875.768 Euro erhalten. Das Darlehen wurde auf unbestimmte Zeit gewährt, mit einem Prozent verzinst und konnte mit einer Frist von zwölf Monaten erstmals zum 31. Dezember 2019 gekündigt werden. Das Finanzamt wertete dieses Vorgehen als Schenkung der Schwester an ihren Bruder und setzte Schenkungsteuer in Höhe von 229.500 Euro fest. 

Sowohl der Einspruch gegen den Bescheid als auch die Klage des Steuerpflichtigen beim Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern blieben ohne Erfolg (Urteil vom 27.4.2022, Az. 3 K 273/20). Zur Begründung führte das Gericht Folgendes aus: Die Kreditzinsen für wirtschaftlich selbstständige Personen hätten bei einer Zinsbindung von ein bis fünf Jahren im Durchschnitt des Jahres 2016 effektiv bei 2,81 Prozent gelegen. Im Schnitt der Monate August bis Oktober 2016 mussten Kunden sogar 2,88 Prozent zahlen. Die Differenz zwischen dem vereinbarten Zinssatz und dem nach Angaben der Deutschen Bundesbank zu zahlenden Zins von 2,81 Prozent habe nominal 1,81 Prozent betragen. Da der Kläger nicht habe nachweisen können, dass er am Kapitalmarkt keine vergleichbare Finanzierung zu einem niedrigeren Zinssatz habe erhalten können, müsse der gesetzliche Zinssatz von 5,5 Prozent bei der Berechnung der Schenkung zugrunde gelegt werden. 

Ermittlung der Schenkungsteuer

Gegen diese Entscheidung legte der Mann Rechtsmittel ein und erzielte vor dem Bundesfinanzhof zumindest einen Teil­erfolg. Zwar befanden auch die Bundesrichter, dass der zwischen den Geschwistern vereinbarte Zinssatz von einem Prozent nicht marktüblich sei, da der Mann bei vergleichbaren Darlehen nach den Angaben der Deutschen Bundesbank 2,81 Prozent Zinsen hätte zahlen müssen. Somit habe das Finanzgericht zu Recht eine Schenkung angenommen.

Entgegen der Entscheidung der Vor­instanz war der BFH jedoch der Auffassung, dass bei der Bewertung der gemischten Schenkung nicht die Differenz zwischen dem vereinbarten Zinssatz und dem gesetzlichen Zinssatz von 5,5 Prozent zu ermitteln sei. Als Begründung führten die Münchener Richter an, es sei widersprüchlich, auf der einen Seite einen marktüblichen Zinssatz festzustellen und auf der anderen Seite von keinem feststehenden Zinssatz auszugehen. Entsprechend sei vorliegend der marktübliche Zinssatz von 2,81 Prozent anzuwenden, sodass sich die Schenkungsteuer auf 59.140 Euro reduzierte.

Vorsicht bei Geschäften mit Freunden und Familie

Die Überlassung eines Darlehens zu einem niedrigeren als dem marktüblichen Zinssatz gilt nach der Rechtsprechung des BFH als „freigebige Zuwendung“ nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, sodass der Begünstigte Schenkungsteuer zahlen muss. Maßgeblich für die Berechnung der zu zahlenden Summe ist die Zinsdifferenz zwischen dem gewährten und dem marktüblichen Zinssatz. Der gesetzliche Zinssatz von 5,5 Prozent ist hingegen nur anzuwenden, wenn sich kein anderer Wert für Verträge mit vergleichbaren Bedingungen ermitteln lässt. Um die pauschale Besteuerung mit 5,5 Prozent zu vermeiden, müssen Steuerpflichtige den marktüblichen Zinssatz durch geeignete Nachweise belegen.

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