Wie sicher ist die Rente der Versorgungswerke?
A&W RedaktionDie meisten Ärzte fühlen sich über ihre Versorgungswerke gut für das Alter abgesichert. Doch inzwischen nagt das anhaltend niedrigen Zinsumfeld auch an ihren Renditen. Was Ärzte tun sollten, um die Lage ihres Versorgungswerkes realistisch einzuschätzen, erklärt Finanzberater Gunter Blumenau.
In Deutschland verwalten 17 Versorgungswerke das Kapital für die Altersversorgung zehntausender Ärzte. Sie fühlen sich bei den Versorgungswerken bestens aufgehoben, wohlwissend, dass diese in der Vergangenheit der Deutschen Rentenversicherung deutlich überlegen waren.
Was viele nicht wissen: ein Versorgungswerk funktioniert nicht nach dem Umlageverfahren (wie die Gesetzliche Rentenversicherung), sondern nach dem offenen Deckungsplanverfahren (wie Lebensversicherungen). Sie legen das Kapital dabei im Wesentlichen (ca. 70%) in sichere Staats- und Unternehmensanleihen mit hoher Bonität an und erzielten damit in ihrer Historie ansehnliche Renditen.
Versorgungswerke haben Probleme
Mittlerweile haben die Versorgungswerke die gleichen Probleme wie die Lebensversicherer. Aufgrund des anhaltend niedrigen Zinsniveaus, ist mit Zinsanlagen kaum noch Ertrag zu erwirtschaften. So hat zum Beispiel Mitte Juli der deutsche Staat erstmals eine Bundesanleihe mit negativer Rendite herausgegeben. Käufer dieser Anleihe erhalten nach Ablauf der Laufzeit somit weniger Geld zurück, als sie bezahlt haben. Und das garantiert. Je länger das Niedrigzinsumfeld anhält, desto schwieriger wird die Lage für die Versorgungswerke.
Erschwerend kommt hinzu, dass bei vielen Versorgungswerken noch ein Rechnungszins zwischen 3% und 4% zugrunde liegt, während Lebensversicherungen die Garantieverzinsung inzwischen auf 1,25% gesenkt haben (ab 01.01.2017 nur noch 0,9%). Ist der versprochene Rechnungszins höher als die tatsächliche Nettorendite, wird die Substanz eines Versorgungswerkes aufgezehrt.
Leistungsversprechen wird nicht einhalten
Schon vor geraumer Zeit hat Bayerische Oberste Rechnungshof angemahnt, dass einige Versorgungswerke Gefahr laufen, ihre Leistungsversprechen nicht einhalten zu können. Er forderte sie auf „strukturelle Eingriffe in die Leistungsseite“ vorzunehmen, also niedrigere Renten auszahlen. Klar ist auf jeden Fall: Steigen die Zinsen in absehbarer Zeit nicht deutlich, bleiben nur Rentenkürzungen. Diese Kürzungen können drastisch ausfallen. Schon eine Reduzierung des Rechnungszinses von 4,0% auf 3,0% könnte eine Rentenkürzung von 20% zur Folge haben.
Die schwierige Situation wirkt sich auch auf die Mitteilsamkeit einiger Versorgungseinrichtungen aus: Von den 17 ärztlichen Versorgungswerken veröffentlichen acht keine Renditen mehr. Nur versicherte Mitglieder haben hier die Möglichkeit, Einblick zu erhalten. Bei anderen Versorgungswerken liegen die Zahlen aus dem Jahr 2015 noch nicht vor. Die Zahlen der Vorjahre lassen jedoch nichts Gutes erwarten. So liegt bei dem großen Versorgungswerk Nordrheinische Ärzteversorgung (NÄV) die Rendite bereits seit 2013 unterhalb des Rechnungszinses von 4,0%.
Nettorendite | Rechnungszins | |
---|---|---|
Ärzteversorgung Niedersachsen | 1,78% | 4,0% |
Ärzteversorgung Sachsen-Anhalt | 1,17%* | nicht bekannt |
Ärzteversorgung Thüringen | 3,21% | nicht bekannt |
Ärzteversorgung Westfalen-Lippe | 4,20% | 4,0% |
Um bösen Überraschungen zu entgehen und gegensteuern zu können, sollten Freiberufler sich frühzeitig bei ihrem Versorgungswerk nach den Nettorenditen und Rechnungszins erkundigen, um die Lage ihres Versorgungswerkes einschätzen zu können. Sollte sich die oben genannte Problematik wiederfinden, ist es empfehlenswert, einen unabhängigen Berater zu Rate zu ziehen. Dabei können die Auswirkungen des Niedrigzinses auf die eigene Altersversorgung kalkuliert und gegebenenfalls Gegenmaßnahmen getroffen werden.
Autor: Gunter Blumenau, Diplom-Kaufmann und Gesellschafter-Geschäftsführer der Blumenau Finanzplanung GmbH