Konjunktur ausgebremst: „Wir werden bald wieder fallende Kurse sehen“
A&W RedaktionNach der Verkaufspanik im Februar gab es eine ausgeprägte Rallye im Bärenmarkt. Diese wurde durch die Zinssenkungen und fiskalischen Maßnahmen der Notenbanken, die Liquiditäts- und Kredithilfen sowie die Konjunkturprogramme der Staaten rund um den Globus ausgelöst. Erst in den kommenden Wochen werden wir die Auswirkungen des weltweiten Abbremsens der Konjunktur erleben, meint Finanzexperte Lothar Koch.
Die Arbeitslosenzahlen sind in den USA schon deutlich angestiegen. Das wird auf den Konsum durchschlagen. Die US-Wirtschaft hängt zu 70 Prozent vom Konsum ab. Bricht dieser ein, werden die Umsätze und Gewinne der Firmen deutlich sinken. Da durch die Aktienrückkaufprogramme der letzten Jahre in den USA die Anzahl der ausstehenden Aktien einer Gesellschaft gesunken ist, wird in einer Rezession der Verlust pro Aktie entsprechend höher ausfallen. Das wiederum wird den Aktienmarkt unter Druck setzen.
Probleme auf dem Anleihemarkt
Das größere Problem wird der Anleihemarkt sein. Hoch verschuldete Unternehmen erhalten von den Ratingagenturen ein schlechteres Rating. Sie müssen sich dann teurer refinanzieren. Je nachdem, wie stark die Umsätze und Gewinne der Unternehmen fallen, wird es zu Ausfällen am Anleihemarkt kommen. Wie tief die Kurse fallen werden, ist nicht voraussehbar! Auch wenn ich die Lage mit einer gesunden Portion Skepsis betrachte, gehöre ich nicht zu den Crash-Propheten. Wir stecken in einer Wirtschaftskrise, die durch ein Virus ausgelöst wurde, dessen Gefahr wir immer noch nicht abschließend beurteilen können.
Es kann, wenn die aktuelle Infektionswelle abebbt, durch die Lockerung der Kontaktbeschränkungen eine zweite Infektionswelle geben. Erst wenn das Ausmaß der Auswirkungen der ersten Welle auf die Realwirtschaft bekannt ist, werden wir mehr sagen können. Positiv ist, dass die Insiderkäufe im März/April stark zugenommen haben. Die Manager scheinen der Ansicht zu sein, dass die Auswirkungen der Corona-Krise teilweise eingepreist sind. Ich bin da noch vorsichtig. Für die nächsten Wochen sind eher schwächere Kurse zu erwarten.
Gewinne mitnehmen
Wem es gelungen ist, auf den Tiefstkursen einzusteigen, kann sich Folgendes überlegen: Ein Drittel der Position verkauft man jetzt. Ein weiteres Drittel sichert man durch ein Stopp-Loss-Limit ab und ein Drittel hält man. Dieser Ansatz hat Mitte Februar sehr gut funktioniert und hohe Verluste vermieden. Geht es weiter nach oben, ist man mit zwei Drittel der Position dabei. Fällt es wie im Februar rapide, hat man den Verlust nur auf einem Drittel der eigentlichen Position.
Das Vorgehen ist hilfreich für Schaukelbörsen und insbesondere in einem Bärenmarkt wie diesem. Parken Sie die Liquidität. Erst wenn der Markt nach schlechten Nachrichten nicht mehr fällt, haben wir den Boden gefunden. Wie im vierten Quartal 2018 werden dann die technischen Indikatoren wieder nach oben drehen.
*Der Autor: Lothar Koch, Leiter Portfoliomanagement bei der GSAM + Spee Asset Management AG in Düsseldorf