Fortbildungsverpflichtung für Ärzte: Heute schon an morgen denken
Ina ReinschImmer wieder geraten Ärztinnen und Ärzte in die Bredouille, weil der Fünfjahreszeitraum für den Nachweis ihrer 250 Fortbildungspunkte schneller vergeht, als sie denken. Kommen Krankheiten oder extreme Stressphasen hinzu, kann es schon mal eng werden. Die wichtigsten Antworten auf heikle Fragen zur Fortbildung.
Vertragsärzte und -ärztinnen müssen gegenüber ihrer Kassenärztlichen Vereinigung (KV) alle fünf Jahre nachweisen, dass sie in dem zurückliegenden Fünfjahreszeitraum ihrer Fortbildungspflicht nachgekommen sind. Das regelt § 95d SGB V. Doch im Detail ergeben sich immer wieder knifflige Probleme. ARZT & WIRTSCHAFT hat die wichtigsten Fragen und Antworten zur Fortbildungspflicht für Sie zusammengestellt.
Für wen genau gilt die Fortbildungspflicht nach § 95d SGB V?
Sie gilt für alle Vertragsärztinnen und -ärzte, für angestellte Ärztinnen und Ärzte eines Vertragsarztes oder eines Medizinischen Versorgungszentrums sowie für ermächtigte Ärztinnen und Ärzte nach § 116 SGB V. Sie gilt auch für Ärztinnen und Ärzte, die in Teilzeit arbeiten.
Wie viele Fortbildungspunkte müssen Ärzte innerhalb des Fünfjahreszeitraums nachweisen?
Innerhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Fünfjahreszeitraums müssen Ärzte insgesamt mindestens 250 Punkte nachweisen. Angerechnet werden können nur solche Fortbildungsveranstaltungen, die zuvor von einer Ärzte- oder anderen Heilberufskammer anerkannt und mit Fortbildungspunkten bewertet wurden.
Muss man die Fortbildungen über den Fünfjahreszeitraum verteilen oder ist es denkbar, alle Fortbildungspunkte innerhalb eines Jahres zu erwerben?
Die Punkte müssen nur innerhalb des gesetzlichen Fünfjahreszeitraums erworben werden – wann genau, ist egal. Daher gibt es keine Verpflichtung, jährlich eine bestimmte Anzahl nachzuweisen.
Können über die 250 Punkte hinausgehende Fortbildungspunkte aus einem Fünfjahreszeitraum in den nächsten Fünfjahreszeitraum übertragen werden?
Leider nicht. Eine Gutschrift von überzähligen Punkten ist gesetzlich nicht vorgesehen.
Startet automatisch ein neuer Zeitraum, wenn man das Fortbildungszertifikat vor Ablauf der Fünfjahresfrist bei der Ärztekammer beantragt?
Die Frist bemisst sich nicht nach dem Zeitpunkt der Ausstellung des Fortbildungszertifikats. Wer ein Fortbildungszertifikat vor Ablauf der fünf Jahre beantragt, ändert damit nichts am Nachweiszeitraum. Punkte, die nach Ausstellung des Zertifikats, jedoch vor Beginn des neuen Fünfjahreszeitraums erlangt werden, werden leider nicht in den neuen Zeitraum übertragen.
Wer prüft die Unterlagen und stellt das Fortbildungszertifikat aus?
Vertragsärzte erhalten von der zuständigen Landesärztekammer auf Antrag ein Fortbildungszertifikat gemäß der jeweiligen Fortbildungsordnung, wenn sie nachweisen können, dass sie innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren mindestens 250 Fortbildungspunkte erworben haben.
Muss die KV Einzelnachweise akzeptieren, obwohl grundsätzlich die Landesärztekammer die Fortbildungszertifikate ausstellt?
In begründeten Ausnahmefällen kann die Prüfung des Fortbildungsnachweises durch die KV auf der Grundlage von Einzelnachweisen erfolgen. Auch hier müssen aber die Anforderungen der Musterregelungen der Bundesärztekammer erfüllt sein. Dabei können die Kammern gutachterlich für die KV tätig werden.
Wie kommt das Fortbildungszertifikat von der Ärztekammer zur KV?
Hat sich der Arzt mit der Weitergabe seiner Daten unter Angabe der LANR einverstanden erklärt, übermittelt die Kammer das Zertifikat elektronisch an die KV. Fehlt die Einverständniserklärung, muss der Arzt sein Zertifikat in Kopie an die KV senden.
Wann muss das Zertifikat bei der KV sein? Reicht es aus, wenn die Punkte zwar im Zeitraum erworben wurden, das Zertifikat aber erst nach Fristende eingereicht wird?
Nein, das reicht nicht aus! Die gesetzliche Regelung ist eine strikte Fristenregelung. Das Zertifikat muss der KV spätestens am letzten Tag der Frist vorliegen, nur so können Sanktionen vermieden werden. Das bedeutet, dass die Bearbeitungszeit bei der Kammer und die Postlaufzeit berücksichtigt werden müssen.
Welche Folgen hat die Nichteinhaltung der Fortbildungspflicht?
Erbringt ein Vertragsarzt den Fortbildungsnachweis nicht oder nicht vollständig, ist die KV verpflichtet, das an ihn zu zahlende Honorar aus der Vergütung vertragsärztlicher Tätigkeit für die ersten vier Quartale, die auf den Fünfjahreszeitraum folgen, um zehn Prozent zu kürzen, ab dem darauffolgenden Quartal um 25 Prozent. Das sieht § 95d Absatz 3 SGB V vor. Der Vertragsarzt kann die für den Fünfjahreszeitraum festgelegte Fortbildung innerhalb von zwei Jahren ganz oder teilweise nachholen. Allerdings wird die nachgeholte Fortbildung auf den folgenden Fünfjahreszeitraum nicht angerechnet. Die Honorarkürzung endet nach Ablauf des Quartals, in dem der vollständige Fortbildungsnachweis erbracht wird. Wer den Fortbildungsnachweis nicht spätestens zwei Jahre nach Ablauf des Fünfjahreszeitraums erbringt, dem kann letztlich sogar die Zulassung entzogen werden.
Wie erfolgt die Honorarkürzung, wenn ein Arzt einer Gemeinschaftspraxis seiner Fortbildungspflicht nicht nachgekommen ist?
In Gemeinschaftspraxen bezieht sich die Honorarkürzung immer nur auf das Honorar des Vertragsarztes, der den Fortbildungsnachweis nicht erbracht hat. Dies gilt auch bei Jobsharing. Liegen keine anderen Anhaltspunkte vor, wird das Honorar der Gemeinschaftspraxis durch die Anzahl der Vertragsärzte geteilt und der rechnerische Anteil des Vertragsarztes, der den Fortbildungsnachweis nicht erbracht hat, gekürzt.
Wie wirkt sich eine Elternzeit oder Erkrankung auf einen laufenden Fünfjahreszeitraum aus?
Können Ärzte aufgrund von Elternzeit oder Krankheit länger als drei Monate nicht arbeiten, kann diese Zeit auf den laufenden Nachweiszeitraum angerechnet werden. Der Fünfjahreszeitraum verlängert sich also um die entsprechenden Zeiten. Das Maximum einer Verlängerung innerhalb eines Fünfjahreszeitraums liegt bei zwei Jahren.
Können auch Fortbildungen aus dem Ausland angerechnet werden?
Fortbildungen aus dem Ausland können grundsätzlich nur dann gutgeschrieben werden, wenn sie von einer entsprechenden Institution im Ausland mit CME-Punkten anerkannt sind. Liegt die Anerkennung vor, kann die Ärztekammer die erworbenen Fortbildungspunkte gutschreiben. Ärzte sollten aber beachten, dass Fortbildungen im Ausland nicht elektronisch ins Punktekonto übermittelt werden und daher die Teilnahmebescheinigungen mit Angabe der erworbenen Punkte in Kopie bei der Ärztekammer eingereicht werden müssen.
Ist es möglich, sämtliche Fortbildungspunkte durch Teilnahme an Qualitätszirkeln zu erwerben?
Alle Fortbildungspunkte können auch über nur eine Kategorie, wie etwa über Qualitätszirkel oder Kongressbesuche, erworben werden. Lediglich die Punkte aus dem Selbststudium sind auf insgesamt 50 Punkte in einem Fünfjahreszeitraum beschränkt.
Was passiert mit den Punkten, wenn man in ein anderes Bundesland umzieht?
Bei Wechsel der Ärztekammer werden die erfassten Punkte automatisch an die neue Ärztekammer übermittelt. Sollte dies einmal nicht der Fall sein, sollten Ärzte ihre vorherige Ärztekammer kontaktieren und sich einen Punktekontoauszug ausstellen lassen. Diesen sollten sie der neuen Ärztekammer bei Beantragung des Zertifikats vorlegen.
Diese Fortbildungsmöglichkeiten gibt es:
Kategorie A: Frontalvorträge mit nachfolgender Diskussion
Kategorie B: Kongresse im In- und Ausland
Kategorie C: Fortbildung mit konzeptionell vorgesehener Beteiligung jedes einzelnen Teilnehmers
Kategorie D: Fortbildungsbeiträge in Printmedien oder als elektronisch verfügbare Version
Kategorie F: Wissenschaftliche Veröffentlichungen und Vorträge
Kategorie G: Hospitationen
Kategorie H: Curricular vermittelte Inhalte, zum Beispiel in Form von curricularen Fortbildungsmaßnahmen, Inhalte von Weiterbildungskursen, die nach der Weiterbildungsordnung für eine Weiterbildungsbezeichnung vorgeschrieben sind, Inhalte von Zusatzstudiengängen
Kategorie I: Tutoriell unterstützte Online-Fortbildungsmaßnahme
Kategorie K: Blended-Learning-Fortbildungsmaßnahme