Die neue GOÄ: Was sie jetzt zur GOÄ-Novelle wissen sollten
Jeannette SchneiderDer 129. Deutsche Ärztetag hat für eine umfassende Reform der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) gestimmt. Der Ärztetag forderte das Bundesgesundheitsministerium auf, die Novellierung der GOÄ auf dieser Grundlage unverzüglich einzuleiten. Wie geht es nun mit der Novellierung weiter?
Der 129. Deutsche Ärztetag vom 27. bis 30. Mai 2025 in Leipzig war ein zentraler Meilenstein für die Zukunft der GOÄ. Im Rahmen der Tagesordnung hatte Dr. Klaus Reinhardt – Präsident der BÄK und des Deutschen Ärztetages – über die Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte referiert. Die Zustimmung des Ärztetags zum GOÄ-Entwurf war bis dahin offen – viele Fachgesellschaften hatten im Vorfeld Vorbehalte oder Ablehnung signalisiert. Letztlich wurde aber mit überwältigender Mehrheit für die neue GOÄ votiert. Damit beauftragten die Delegierten die Bundesärztekammer (BÄK), den gemeinsam mit dem PKV-Verband erarbeiteten Entwurf an das Bundesgesundheitsministerium zu übergeben. Ziel war eine zügige Einleitung der Novellierung durch die Politik.
Neue GOÄ: Wie geht es nun weiter?
Die GOÄ-Reform geht jetzt in die Umsetzung. Einige Monate nach dem Ärztetags-Beschluss, nach jahrzehntelangen Verzögerungen, soll das Verfahren nun tatsächlich starten, wie Ministerin Nina Warken in einem Interview mit dem Deutschen Ärzteblatt (24.10.2025) erklärt. Auch der Präsident der Bundesärztekammer ist erfreut über diesen Schritt: „Die Ministerin schafft mit ihrer Ankündigung Klarheit für alle, die seit Langem auf diese überfällige Reform warten."
Wichtige Aussagen aus dem Interview:
Es besteht Einigkeit zwischen den zentralen Beteiligten – Bundesärztekammer (BÄK), PKV-Verband und Beihilfe – über einen gemeinsamen Entwurf.
Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat den Arbeitsprozess aufgesetzt und sei „gut aufgestellt“ für die kommenden Fachgespräche.
Ein Regelungsentwurf des Ministeriums soll bis Mitte 2026 vorliegen.
Danach folgen der Kabinettbeschluss und die Beratungen im Bundesrat, sodass die tatsächliche Umsetzung frühestens Ende 2026 oder 2027 realistisch ist.
Warken betonte, dass die Dynamisierung der GOÄ – also ihre kontinuierliche Anpassung an Kosten- und Leistungsentwicklungen – notwendig und sinnvoll sei.
Rückblick Mai 2025
Der verabschiedete Entwurf wurde beim Ärztetag im Mai 2025 an Bundesgesundheitsministerin Nina Warken übergeben, mit dem Ziel, das weitere Vorgehen zur Umsetzung abzustimmen. Im nächsten Schritt ist ein Beschluss im Bundeskabinett erforderlich, gefolgt von der Zustimmung des Bundesrats. Ein konkreter Termin für das Inkrafttreten der neuen GOÄ steht derzeit noch nicht fest.
Zur Einordnung: Die GOÄ ist eine Rechtsverordnung der Bundesregierung, die mit Zustimmung des Bundesrates erlassen wird. Eine Rechtsverordnung wird nicht vom Bundestag als Gesetzgeber, sondern von der Exekutive, also der Bundesregierung, einem Bundesminister oder einer Landesregierung, erlassen. Während ein Gesetzgebungsverfahren meist relativ langwierig ist, können Verordnungen schneller erlassen und geändert werden. Im Falle der GOÄneu ist hierzu laut Artikel 80 Abs. 2 GG die Zustimmung des Bundesrates erforderlich. Das bedeutet, dass der Bundesrat den Inhalt der Verordnung gleichberechtigt mitbestimmen kann.
Im Podcast der Ärztezeitung vom 31.05.2025 äußert sich der Präsidenten der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhardt, zu einem möglichen Zeitplan: “[…] das kann ich nicht sagen, weil ich natürlich kein Parlamentarier bin und nicht weiß, was sonst auf der parlamentarischen Agenda steht. Aber ich könnte mir vorstellen, wenn man das wirklich will, kann das ziemlich zügig gehen und ich werfe mal eine Zahl in den Raum. Mitte nächsten Jahres, warum soll das bis dahin nicht durch die Gremien durchgegangen sein.”
Doch auch nach erfolgter Abstimmung bleiben die Gegenstimmen laut. So gab es nach dem Votum des Deutschen Ärztetages unter anderem eine Petition zum “Stoppen der Novellierung der GOÄneu”.
Hintergrund zur GOÄ-Novelle
Die GOÄ ist seit 1996 nicht grundlegend erneuert worden. Stattdessen erfolgte eine sukzessive Erweiterung vor allem über Analogziffern.
Die Politik macht grundsätzlich eine Einigung zwischen Ärzteschaft, PKV und Beihilfe zur Voraussetzung für eine Novellierung.
Im Herbst 2024 legten BÄK und PKV nach mehr als 10-jährigen Verhandlungen erstmals einen gemeinsamen Kompromissvorschlag vor („GOÄneu“), - mit teilweise deutlichen Abweichungen vom ärztlichen Entwurf aus 2021.
Daraufhin wurde von Berufsverbänden und Fachgesellschaften zum Teil heftige Kritik geäußert. Der Grund: Insgesamt soll das Honorarvolumen um bis zu 13,2% steigen, einige Fachgruppen befürchten jedoch Einbußen von bis zu -30 %.
Einleitung eines „Clearingverfahrens“: Die Fachverbände haben Stellungnahmen eingereicht, zwischen Mitte Januar und Ende April 2025 fanden Erörterungsgespräche mit der BÄK statt.
Der Diskurs im Vorfeld des Ärztetages war intensiv. So hatte sich beispielsweise unter der Leitung der Deutschen Röntgengesellschaft (DRG) eine Gruppe von Fachverbänden formiert, die sich offen gegen die Abstimmung über eine GOÄneu auf dem Ärztetag aussprach: GOÄneu - wir sagen nein!
Trotz heftiger Diskussionen wurde der GOÄ-Entwurf letztlich recht eindeutig am 29.05.2025 verabschiedet: 212 Ja-Stimmen, 19 Gegenstimmen und 8 Enthaltungen.
Nun liegt der Ball beim Bundesgesundheitsministerium, das die Novellierung der GOÄ auf der verabschiedeten Grundlage einleiten soll.
Im aktuellen Koalitionsvertrag von CDU und SPD findet sich keine Erwähnung einer GOÄ-Novelle. Somit ist unklar, ob und wann sich die Politik in dieser Legislaturperiode mit dem Thema auseinandersetzen wird.
Selbst bei Entscheidung für die GOÄneu wird sich die Umsetzung vermutlich über mehrere Jahre hinziehen.
Was soll sich mit der GOÄneu ändern?
Die Änderungen sind nicht vergleichbar mit den Anpassungen in 1996 – es handelt sich um ein völlig neues Regelwerk:
Definitionen und Anwendungsregeln sind zum Teil komplett neu (Beispiel: Definition des Behandlungsfalls)
Erhöhung der Anzahl der Positionen auf fast 5.600 GOÄ-Nummern – mit dem Ziel, alle medizinischen Leistungen eindeutig abzubilden
Nur noch ein fester Einfachsatz in € für jede Leistung
Keine Faktorensteigerungen mehr - stattdessen zahlreiche Erschwerniszuschläge
Die GOÄneu soll ein „lebendes System“ sein, zeitnahe Aufnahme neuer Leistungen und Korrektur von Bewertungen geplant
Die Möglichkeit abweichender Honorarvereinbarungen bleibt bestehen
Was bedeutet das für Ihre Praxis?
Die Auswirkungen auf Ihre Einkünfte ist fachrichtungsabhängig – grundsätzlich soll die GOÄneu die sprechende Medizin aufwerten und die technischen Leistungen abwerten.
Da es sich bei der GOÄneu um ein komplett neues Regelwerk mit neuen Definitionen (z. B. Behandlungsfall, je Sitzung) handelt, müssen Sie sich mit komplett neuen GOÄ-Regeln auseinandersetzen - und ggf. Ihr Behandlungs- und Dokumentationsverhalten anpassen.
Fazit und Ausblick
Wann genau die neue GOÄ kommt, ist derzeit unklar. Nun liegt es am Bundesministerium für Gesundheit und an Nina Warken, den Reformprozess weiterzuführen, damit die neue GOÄ unter dieser Regierung in Kraft gesetzt werden kann.